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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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der hat Frau Jasch oft erzählt,
dass Sie schon immer Polizist werden wollten. Er war ja Fischer und konnte das
gar nicht verstehen …«
    Lüthje winkte ihr schwach zu, sie winkte zurück mit schiefem
Lächeln, als schicke sie ihm einen Fluch hinterher. In ihren Augen sah er
plötzlich etwas funkeln. Sicher war es das Licht der Mittagssonne, das von der
gekräuselten Wasseroberfläche der Förde in alle Richtungen reflektiert wurde.
    Oder Spökenkiekerei.
    Lüthje überquerte die Strandstraße, ging zum Strand hinunter.
    Wahrscheinlich hing die Klockemann schon am Telefon und verbreitete
die Neuigkeiten über den kleinen Kommissar Eric stolz aus erster Hand.
    Er sah über die Förde hinüber zum Leuchtturm Bülk, »Hein Bülk«, der
ihm in jungen Jahren auch als seelische Orientierung gedient hatte. Er war
hinter den seitdem etwas größer gewachsenen Bäumen fast nicht mehr zu sehen.
Nur das Lampenhaus lugte ein Stück über die Wipfel, die die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung kurz hielt. Immerhin diente es noch als
Orientierungsfeuer für die Schifffahrt.
    Nach kurzer Überlegung war ihm klar, dass ihm nur die Wahl zwischen
zwei Rollen blieb: »der Feigling«, weil er sich nach dem Gespräch mit Frau
Klockemann verängstigt auf Nimmerwiedersehen verdrückte. Oder: »der gnadenlose
Ermittler«, der keine Rücksicht auf Jugendfreunde, Klassenkameraden oder
Heimaterde nahm, um seine Vorstellung von Gerechtigkeit oder sogar Rache durchzusetzen.
    Lüthje entschied sich für den »gnadenlosen Ermittler«.

5.
    Schackhaven hatte Lüthje freie Hand für die Organisation
und personelle Ausstattung der Ermittlungsgruppe gegeben. So hatte er es
jedenfalls verstanden. Und er würde nicht nachfragen.
    Schließlich war es nicht das erste Mal, dass Lüthje eine
Ermittlungsgruppe führte. Er konnte ein Lied davon singen, wie viel Zeit in
Besprechungen durch Eitelkeiten, beleidigte Leberwürste, Hahnenkämpfe und
artige Stiefellecker verplempert wurde.
    Für die Ermittlungsgruppe reichten ihm die Kieler, Vehrs und Hoyer.
Kommissarin Hoyer war eine junge, hübsche Frau. Gebunden, wie man sagt, aber
nicht verheiratet. Von Vehrs wusste er persönlich nichts, außer dass er Single
war. Dann konnte es eigentlich innerhalb der Ermittlungsgruppe keine privaten
Verwicklungen geben. Lüthjes Rezept würde darin bestehen, seine Flensburger
Mitarbeiter in Flensburg zu lassen und Malbeks Kieler in Kiel. Wozu gab es
Telefon, SMS und Internet?
    Und er selbst würde seinen Schreibtisch in Laboe haben. So würden
sich die psychischen Reibungsverluste auf ein Minimum beschränken.
    Falls er den Fall übernehmen würde, wollte er sich gnadenlos seinen
eigenen Arbeitsstil leisten. Wenn Schackhaven das nicht gefiel, würde Lüthje
die Brocken hinschmeißen. Auch wenn er damit ein Disziplinarverfahren riskieren
würde.
    Im Drübbisch-Haus winkte er Hoyer und Vehrs aus einer getuschelten
Diskussion heran und ging mit ihnen wieder in den Garten.
    Lüthje sagte ihnen, dass er die »Sache durchziehen« würde. Sie machten
einen erleichterten Eindruck, drückten ihm die Hand und gratulierten ihm beide
zu dem Entschluss mit den Worten: »Willkommen an Bord.« Lüthje unterdrückte den
Wunsch, nachzufragen, welchen Kapitän Polizeirat Schackhaven denn für Malbeks
Vertretung außer Lüthje noch auf der Liste gehabt hatte.
    Sie sollten sich um die Beschaffung der Akten in der Mordsache
zum Nachteil des ersten Ehemannes der Witwe Drübbisch, den Selbstmord des
zweiten Ehemannes und die Unfallakte des verstorbenen Ehemannes der Witwe Klockemann
kümmern. Das Archiv sollten sie mit allen Mitteln zur Eile antreiben.
Schließlich hatten sie für diese Ermittlungen den Segen von höchster Stelle.
    Handzettel mit der steckbriefartigen Beschreibung des Mantelmannes
sollten erstellt werden und im Dorf durch die Kollegen im Ort an die Haushalte
und durch Kieler Kollegen an die Busfahrer der Kieler Verkehrs  AG verteilt werden, die auf den Linien nach Laboe
fuhren.
    Hoyer sollte Drübbisch zur Identifizierung ihres Sohnes begleiten.
Hoyer beklagte sich, dass dieser Job immer an ihr hängen bleibe. Lüthje
erwiderte, dass sie laut Malbek diesen Job schon immer sehr gut gemacht habe.
    Als Lüthje mit seiner Aufgabenliste fertig war, bliesen Hoyer und
Vehrs die Backen auf und sahen Lüthje mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Sie wissen doch: Mit mir ist es manchmal auch nicht einfach!«,
sagte Lüthje.
    Er rief in der Leitstelle an und fragte nach dem Einsatzplan

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