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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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also heute schon in seinem Zimmer geputzt und dabei
das Buch auf dem Tisch gesehen. Und verbreitete jetzt Details aus dem
Privatleben ihres Arbeitgebers, nachdem sie ihm doch hoch und heilig
versprochen hatte, es nicht zu tun. Sah ihr so gar nicht ähnlich.
    Lüthje radelte zum Hafen und kaufte sich im Fischrestaurant zwei
panierte Schollenfilets mit Salzkartoffeln in der Styroporbox zum Mitnehmen und
Tea to go im Pappbecher. Er sicherte alles im Lenkerkorb und radelte zum
Strand.
    Lüthje musste einige Strandkörbe umkreisen, bis er endlich die
Nummer sieben fand. Er drehte den Strandkorb in Richtung Förde.
    Da Strandkörbe sehr schwer sind, musste man einen Trick anwenden, um
sie allein drehen zu können. Man zog den Strandkorb an einem seitlichen Griff
auf einer Ecke einen Zentimeter hoch, hielt den Griff gut fest und drehte den
Strandkorb mit der gegenüberliegenden Korbecke im Sand so weit, wie man wollte.
Es war ganz leicht. Danach klappte Lüthje den schmalen Seitentisch raus, den
sie früher »Bierklappe« genannt hatten, und genoss den Fisch und den Blick auf
die glitzernde Förde voller Segel und Containerfrachter. So hatte er sich das
immer gewünscht: das Büro im Strandkorb, den Tatort im Rücken.
    Als er sich dem zweiten Schollenfilet widmen wollte, klingelte sein
Handy. Er sah vorsichtig aufs Display und erkannte erleichtert, dass es nicht
Hilly war. Sie hätte wahrscheinlich an seiner Aussprache bemerkt, dass sein
Fischfilet paniert war, seine Lippen von Fett glänzten und dass er gleichzeitig
Kohlenhydrate in Form von Kartoffeln zu sich nahm.
    Es war Dr. Brotmann, der Gerichtsmediziner.
    »Was isst du, Eric?«
    »Ich esse Fisch.«
    »Paniert!«, behauptete Brotmann.
    »Woher weißt du das?«, fragte Lüthje mit vollem Mund.
    »Weil schon geringste Mengen Fett an den Lippen beim Sprechen ein
hörbares Schmatzen verursachen. Und dein voller Mund spricht dafür, dass es
keine Pommes sind, sondern Kartoffeln.«
    »Moment.« Lüthje kaute und schluckte. »Glaub ja nicht, dass du mir
den Appetit verdorben hast.«
    »War auch nicht meine Absicht. Ich habe übrigens mein Leberwurstbrot
vor dem Telefonat abgelegt.«
    »Von wo telefonierst du?«
    »Sei beruhigt, ich sitze an meinem Schreibtisch.«
    »Schön. Was hast du für mich?«
    »Ich habe keine Spuren von Abwehrverletzungen gefunden, weder
Abwehrgreifverletzungen noch Deckungsverletzungen. Also …«
    »… war das Opfer arglos bis zum Angriff«, schlussfolgerte
Lüthje. »… hat den Täter nicht kommen sehen und ihn wahrscheinlich an der
Stimme erkannt, sich deshalb nicht umgedreht oder gleich wieder abgewandt, als
es seinen Besucher erkannt hat.«
    »Ganz meine Meinung. Das Tatwerkzeug habt ihr noch nicht gefunden?«,
fragte Dr. Brotmann.
    »Ich hätte dich doch sofort informiert.«
    »Ich tippe auf ein Küchenmesser.«
    »Ach was!«
    »Höre ich da etwa eine messerscharfe Ironie in der Bemerkung, Eric?
Gut, ich versuche zu präzisieren. Ich glaube, die Schneide war teilweise
stumpf. Zwar gibt es den typischen Auszieher, die seicht auslaufende
Oberhautanritzung, die durch die Schneidseite eines Messers hervorgerufen wird.
Aber der Wundrand ist nicht gradlinig glattrandig. Es gibt Variationen des
Wundrandes bis hin zu einem Schürf- oder Quetschsaum. Gleichzeitig ist aber ein
messertypisches, kräftiges Zuschneiden durch gleich tiefe
Weichteildurchschneidungen erkennbar. Es ist wie immer: Zeige mir das
Mordwerkzeug, und ich sage dir, ob es das wirklich ist.«
    »War der Schnitt die Todesursache?«
    »Todesursache war ein sogenannter Volumenmangelschock, hier durch
Öffnung der Halsschlagader. Die Blutmenge am Auffindungsort, die
Blutdurchfeuchtung der Kleidung. Ich habe das alles vor Ort gesehen, dazu die
Blutmenge in den oberen Körperhöhlen, die ich auf dem Tisch hatte … Der Mann
ist ausgeblutet im buchstäblichen Sinne. Ich hoffe, ich habe dir nicht den
Appetit verdorben. Sicher ist der Fisch jetzt kalt.«
    »Der schmeckt mir kalt genauso gut. Bis dann.«
    Lüthje wollte eigentlich noch etwas wegen seiner Verspannung nach
dem Aufwachen fragen. Aber wozu? Er war entspannt, und seinem Ischiasnerv ging
es gut. Er stand auf und drehte den Strandkorb so, dass er Richtung Laboer
Hafen und Kiel blickte und, wenn er sich ein bisschen nach links vorbeugte, zum
Drübbisch-Haus und seinen Nachbarn sehen konnte. Er war zufrieden und aß
weiter.
    Er zerschnitt mit dem Plastikmesser das vorletzte Stück des
Schollenfilets, hielt inne und betrachtete die

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