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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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geriffelte Schneide des Messers.
Er schnitt damit vorsichtig über den Handballen. Nichts.
    Vielleicht war seine Haut schon verhornt oder lederartig. Er beugte
sich etwas vor. Wie viele stumpfe Küchenmesser lagen in diesen Häusern herum?
Hatte nicht jeder zu Hause mindestens ein Küchenmesser, das geschärft werden
müsste? Stattdessen kaufte man sich ein neues, nein, gleich ein ganzes Set
extra scharfer japanischer Messer im Holzblock, aus dem man genussvoll bei
einem Glas altem Wein oder edlem Bier die geeignete Mordwaffe aussuchen könnte.
Das stumpfe Messer warf man nach getaner Arbeit in den Mülleimer. Wenn der
Täter sich nun auf der Suche nach einer geeigneten Mordwaffe aus einem
Mülleimer oder einer Mülltonne bedient hatte? Und sich dabei etwas Originelles
gedacht hatte?
    Als Lüthje den letzten Bissen Schollenfilet aß, klingelte sein Handy
wieder. Auf dem Display las er »Hoyer«. Er kaute sorgfältig, schluckte und
spülte mit Tee nach. Er hatte das Gefühl, dass alle Frauen und Gerichtsmediziner
hörten, dass der Gesprächspartner am Telefon etwas Fettiges gegessen hatte.
    » DNA -Analyse ist positiv«, meldete
Kommissarin Hoyer. »Also stammt das Blut am Mantel vom Opfer.«
    »Hab ich nicht anders erwartet. Wie geht es unserem Mantelmann?«,
fragte Lüthje.
    »Ich hab vorhin angerufen, er stabilisiert sich. Der Stationsarzt
hat mir noch mal versprochen, dass sie sich melden, sobald er ansprechbar ist.
Oder eine Verschlechterung des Zustandes eintritt.«
    »Hat sich das Labor gemeldet?«
    »Die sind noch nicht so weit«, fuhr Hoyer fort. »Aber wollen Sie
meine Meinung über das Kleid hören?«
    »Ich bitte darum.«
    »Größe achtunddreißig. Rocklänge und Taille sprechen für die
siebziger Jahre, aber die Farben, das ist kultiges Design der Sechziger. Die
Siebziger waren sowieso nur ein Abstieg aus den Sechzigern!«
    »Nett, dass Sie das sagen.«
    »So meine ich das nicht, Herr Lüthje! Ich hätte gern die Sechziger
erlebt.«
    »Welche Musikrichtung?«
    »Pink Floyd … Deep Purple … Moody Blues …«
    »Weiß Herr Malbek das?«, fragte Lüthje.
    Zwischen Malbek und Kommissarin Hoyer lagen mindestens zwanzig
Jahre. Also die Spanne zwischen Mitte zwanzig und Ende vierzig. Soweit Lüthje
wusste, hatte Malbek noch nie eine Frau kennengelernt, die seinen musikalischen
Geschmack teilte. Und im Moment war er Single. Und weit weg in England.
    »Äh, nein, wieso?«
    »Dann ist ja gut. Aber wir kommen vom Thema ab. Können Sie etwas
über die Trägerin des Kleides sagen?«
    »Es wurde wahrscheinlich oft getragen und oft gewaschen«, sagte
Hoyer. »Die Farben sind wahrscheinlich nur noch so leuchtend, weil das Kleid
sehr lange im Dunkeln gelegen hat. Dafür spricht, dass es Stockflecken hat, die
es bei langer, feuchter Lagerung bekommt. Eine Aussage darüber, wie lange es an
der Hauswand gehangen hat, kann das Labor vielleicht mit einer Pollenanalyse
näher eingrenzen. Ich erwarte, dass die Analyse der Stoffstruktur meine
Einschätzung des Alters bestätigt. Die Frage ist also, warum hängt jemand ein
altes Kleid aus den siebziger Jahren an eine Hauswand? Moment, Herr Vehrs tritt
vor Ungeduld schon von einem Bein aufs andere. Ich geb Sie mal rüber.«
    »Hallo, Herr Lüthje«, sagte Vehrs. »Die Befragung der Busfahrer, die
die letzten Tage die Linie 100 nach und von Laboe gefahren sind, war
negativ. Keiner konnte sich an einen älteren Mann mit langem Mantel zwischen
den Haltestellen Laboe Hafen und Kiel Hummelwiese erinnern.«
    »Hab ich mir gedacht«, sagte Lüthje.
    »Aber ein Fahrer konnte sich an dem relevanten Abend an einen
Kripomann, so steht es hier, einen Kripomann erinnern, der, ich lese mal vor,
›in einer gefährlichen Kurve nach der Haltestelle Hummelwiese den Halt und das
Öffnen der Tür zum Zwecke des Aussteigens mit Drohungen erzwungen hat‹.«
    »Unglaublich. Was es alles gibt! Noch was?«, sagte Lüthje.
    »Das will ich meinen. Stellen Sie sich vor, Herr Schackhaven hat uns
vorhin besucht.«
    »Und? Was hat er gesagt?«
    »Frau Hoyer meinte auch, das war das erste Mal, dass er unser
Dienstzimmer betreten hat.«
    »Es geschehen Zeichen und Wunder. Und was passierte dann?«
    »Er sagte, dass das Polizeiauto vor dem Tathaus in Laboe durch ein
Zivilfahrzeug ausgetauscht werden muss. Das Fahrzeug der Schutzpolizei zieht
nur die Gaffer und die Presse an. Und er fragte, ob wir weiterkommen, heiße
Spur und so. Wir wollten es ihm erzählen, aber er ist mittendrin rausgegangen.
Hat einfach

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