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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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für mich sorgen.«
    »Na gut. Aber bitte niemand anderem zeigen«, jammerte sie.
    »Versprochen!«, sagte Lüthje und steckte das Handy wieder ein.
    »Und hier ist noch eine Terrine Salzwiesenlamm mit grünen Bohnen und
Kartoffeln.« Frau Jasch hob vorsichtig einen kleinen Kochtopf aus einem Korb.
»Das war meine Idee.«
    »Sie meinen, dass ich das meiner Frau lieber nicht sagen sollte?«,
fragte Lüthje.
    »Herr Lüthje, Sie wissen doch, dass man seiner Frau nichts
verheimlichen soll.«
    »Ich bin manchmal vergesslich. Das kommt davon, wenn man so viel im
Kopf haben muss.«
    »Hatten Sie einen guten Tag?«, fragte Frau Jasch. Sie wischte
Kühlschrank und Kochplatten ab.
    »Es hätte schlimmer kommen können.«
    »Schön, dass Sie bei Ihrer Arbeit noch Humor haben. Kommen Sie mit
meinem Fahrrad klar?«
    »Bestens. Ich fahr auch gleich noch ein bisschen durchs Dorf. Haben
Sie schon in dem Dostojewski gelesen?«
    »Was? Das dicke Buch, das heute Morgen auf dem Teppich lag? Wieso?«
    »Nein, ich meine das Buch, das Sie heute in dem Buchladen im
Dampferweg gekauft haben?«
    Frau Jasch sah ihn prüfend an. »Herr Lüthje, ist Ihnen nicht gut?«
    »Sie waren heute also nicht in dem Buchladen?«
    »Herr Lüthje, nun setzen Sie sich erst mal ruhig hin!« Sie ging ins
Zimmer und winkte ihn heran. »Sie kriegen da irgendwas durcheinander! Mich
meinen Sie bestimmt nicht. Überlegen Sie mal!«
    »Ist schon gut, Frau Jasch. Kennen Sie den Strandkorbvermieter? Den
im Kiosk neben dem Strandspielplatz?«
    »Den Herrn Lage?«
    »Der erzählte mir, dass eine Frau heute unter dem Namen ›Jasch‹
versucht hat, dieses Buch zu bestellen, weil ich es in meinem Zimmer auf dem
Tisch habe. Die Frau Jasch hätte nämlich erzählt, dass sie Haushälterin bei dem
Kommissar Lüthje ist, der in der Strandstraße den Mord aufklären soll.«
    »Ich hab seit Monaten weder mit diesem Strandkorbvermieter noch mit
seiner Frau gesprochen! Wie kommt der darauf! Das ist doch unerhört! Dem werd
ich was erzählen!« Sie fuchtelte mit dem Finger vor Lüthjes Nase herum, als sei
er der Schuldige. »Hat er sich denn bei Ihnen überhaupt mit Namen vorgestellt?
Vielleicht war es ein Hochstapler!«
    »Seinen Namen hat er nicht gesagt. Ich hab auch nicht danach
gefragt«, sagte Lüthje matt.
    »Sehen Sie, der hatte Angst, dass ich ihn haftbar mache, wenn Sie
mir die Geschichte erzählen! Ich werde ihn zur Rede stellen. Jawohl!«
    »Beruhigen Sie sich, Frau Jasch, ich glaub Ihnen doch. Aber der
Strandkorbvermieter hat es über zwei Ecken von seiner Schwägerin gehört. Er ist
völlig unschuldig. Ich glaube nicht, dass er sich das ausgedacht hat. Die Frage
ist, woher jemand weiß, dass das Buch hier bei mir im Zimmer liegt.« Er sah
nachdenklich auf den Tisch.
    »Es lag heute Morgen auf dem Boden. Ich hab es aufgehoben und auf
den Tisch gelegt«, sagte Frau Jasch mit fester Stimme.
    »Entschuldigung, ich war damit eingeschlafen.«
    Hätte sie es bloß auf dem Boden neben dem Bett liegen lassen, dachte
Lüthje. Niemand hätte es dann vom Fenster aus sehen können, da der Tisch
davorstand. Das kam von diesem täglichen Her umgeputze. Wie konnte Lüthje ihr
das nur abgewöhnen?
    »Gucken Sie mal, hier kann doch jeder ins Zimmer gucken, wenn Sie
die Vorhänge nicht zuziehen«, sagte Frau Jasch vorwurfsvoll.
    Lüthje hatte also selbst Schuld. Frauen hatten die natürliche Begabung,
Männern die Schuld an allem zu geben, was ihnen, den Frauen, widerfuhr.
    »Vorhin hat der kleine Olaf vom Ehepaar aus Krefeld mir hier durchs
Fenster beim Saubermachen zugesehen und Fratzen geschnitten. Süß, der Kleine.
Sie glauben nicht, wie viele Leute hier einfach aufs Grundstück gehen, weil
vorne das Schild steht ›Ferienwohnungen zu vermieten‹.«
    »Darunter hängt aber das Schild ›belegt‹.«
    »Aber das hindert die Leute nicht, sich das Haus von draußen
anzusehen! Und in Ihr Souterrainfenster sieht sowieso jeder rein!«
    Er hatte das Buch morgens auf dem Teppich neben dem Bett vorgefunden
und gedacht, dass es dort gut liege, damit er es abends beim Ins-Bett-Gehen in
Reichweite hätte. Gardinen hasste er. Von der Straße in den Garten waren es
knapp fünf Meter. Dann noch zwei Meter bis zu seinem Fenster. Sollte er die
Vorhänge beim Verlassen des Zimmers zuziehen? Er würde es vergessen. Und wenn
er sich im Zimmer aufhielt, wäre es ihm bei zugezogenen Vorhängen zu dunkel. Es
war schließlich ein Souterrainfenster. Nein, er hatte alles richtig gemacht,
und es gab keine

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