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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Ein alter Freund, den er etwas aus den Augen verloren hatte.«
    »Noch mal: Gab es Dinge, die Horst Drübbisch für Sie regeln konnte?«
    »Wenn ja, weiß ich jedenfalls nichts davon«, antwortete Klocke mann
trotzig.
    »Sie und Horst Drübbisch haben sich etwas aus den Augen verloren,
sagten Sie. Was meinten Sie damit?«
    »Wir waren Nachbarskinder. Er war drei Jahre älter als ich, deshalb
waren wir nicht in derselben Klasse, aber wir haben mit anderen Jungen aus der
Nachbarschaft gespielt, meistens am Strand.«
    »Und als Sie älter wurden?«
    »Ging jeder seine eigenen Wege, wie das so im Leben ist. Aber wir
haben den Kontakt nie ganz verloren«, sagte Klockemann.
    »Aber das verbindet doch fürs Leben. Kindergarten, Nachbarskinder.
Sie haben die Umgebung erkundet, hatten Geheimnisse vor den Eltern oder den
Freunden –?«
    »Es reicht, Herr Lüthje! Nur weil wir Nachbarskinder waren … Man
entwickelt sich völlig verschieden. Was sollen ein höherer Beamter und ein
Bestattungsunternehmer für Gemeinsamkeiten haben? Doch nur die Mütter, die
immer sonderlicher werden. Und ein paar Jugenderinnerungen. Mehr ist da nicht,
Herr Kommissar.«
    »Und trotzdem haben Sie sich manchmal gesehen.«
    »Kennen Sie das nicht? Alte Bekannte sehen sich von Zeit zu Zeit.
Vielleicht wollte er nur sein Geld vorführen, ich meine das Boot, so wie er es
auch den anderen vorführen wollte. Sie kennen ja diesen Spruch, mein Haus, mein
Auto und so weiter, na ja, auch mein Boot«, sagte Klockemann.
    »Was waren das für Freunde oder alte Bekannte, die auf dem Boot
eingeladen waren?«
    »Es waren jedenfalls nicht meine Freunde. Ich kannte die nicht.
Meine Frau auch nicht.«
    »Haben Sie Horst Drübbisch nie zu sich eingeladen?«
    »Zu den Geburtstagen der Mütter haben wir uns gesehen. Immer im
Juli. Die sind nur zwei Tage auseinander. Das feierten die immer gemeinsam am
darauffolgenden Samstag. Die wollten uns dann immer zusammen sehen, wie sie es
von früher gewohnt waren.«
    Er sah auf die Uhr. »Können wir jetzt Schluss machen? Mehr kann ich
wirklich nicht sagen.« Die Schweißflecken unter seinen Achselhöhlen waren noch
größer geworden.
    »Na gut. Aber vergessen Sie die Schulaufgaben für Ihr Alibi nicht.
Ich fahr Sie zu Ihrem Büro.«
    »Nicht nötig. Ich rufe mir ein Taxi.«
    Er wandte sich ab, holte sein Handy aus einer Hosentasche und ging
in eine Richtung, die Lüthje nicht erwartet hatte. Klockemann kannte sich auf
dem Friedhof eben besser aus als Lüthje.

8.
    Lüthje fuhr den Olof-Palme-Damm nach Süden bis zur
Abzweigung in den Kronshagener Weg. Schon nach zehn Minuten fand er einen
Parkplatz vor dem Städtischen Krankenhaus in der Chemnitzstraße. Ein
Glücksfall.
    Neben der Tür zum Krankenzimmer saß ein Polizist, so wie Malbek es
vor seinem Urlaub angeordnet hatte. Malbek hatte offensichtlich allen Gerüchten
zum Trotz auch während seines Urlaubs genügend Gefolgsleute.
    Der Mann war in ein Buch vertieft und sah erschrocken auf, als
Lüthje vor ihm stehen blieb.
    »Ich bin Kriminalhauptkommissar Lüthje. Was lesen Sie da?«
    Der Beamte zeigte ihm das Cover. Die Bibel. Das Alte Testament.
    »Sind Sie religiös?«, fragte Lüthje.
    »Eigentlich nicht. Aber Kriminalhauptkommissar Malbek hat es uns vor
seinem Urlaub als Lektüre während der Schutzmaßnahme empfohlen.«
    »Und? Wie wirkt es?«
    »Ich dachte, es müsste einschläfernd wirken. Aber ich bin
tatsächlich hellwach.«
    »Seien Sie vorsichtig. Es gibt ja die sogenannte Wirkungsumkehr bei
Medikamenten. Warum soll es das nicht auch bei Büchern geben.«
    Lüthje ging zum Stationszimmer, das vom Flur durch eine offen
stehende Glastür zu betreten war. Er traf die Stationsschwester an, zeigte
seinen Dienstausweis und stellte sich als leitenden Ermittlungsbeamten vor, der
für den bewachten Patienten vor ein paar Tagen den Notarzt gerufen hatte.
    »Man sagte mir, dass der Patient noch nicht ansprechbar ist. Ich
wollte mich nur ein paar Minuten an sein Bett setzen und nachdenken. Ich hoffe,
Sie verstehen das.«
    Schwester Monika schien es nicht gleich zu verstehen, dachte einen
Moment nach und sagte dann zögernd: »Dr. Janz müsste in einer
Viertelstunde zurück sein …«
    »Ja, den möchte ich auch kurz sprechen«, sagte Lüthje. »Das passt ja
gut, ich gehe ein paar Minuten ins Krankenhauszimmer und warte dann im Flur auf
ihn.«
    »Na gut«, sagte sie und begleitete Lüthje zum Zimmer. Als der
Polizist aufstand und Lüthje freundlich ansah, schien die

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