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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Abwicklung Ihres gottgefälligen Projektes
nicht ohne Bank auskommen!«
    »Für mich verrichten Banken Gotteswerk.«
    »Amen«, sagte Lüthje und verließ das Haus.
    Lüthje fuhr den Dellenberg hinunter und hielt am Supermarkt. Er
suchte eine ruhige Ecke auf dem kleinen Parkplatz und rief wieder im Büro an.
Diesmal meldete sich Vehrs. Er erzählte von seinem Besuch bei Makler Striedel.
    »Zusammengefasst, es hörte sich alles sehr alttestamentarisch an.«
    »Hoyer lässt fragen, ob es heute Überstunden gibt.«
    »Gegenfrage: Hat Klockemann die Unterlagen für sein Alibi bei euch
abgegeben?«
    »Vor einer halben Stunde. Er sah blass aus. Wir sehen sie uns gerade
an.«
    »Wenn ihr damit fertig seid, könnt ihr von mir aus ruhig ins Kino
gehen. Aber nicht das Handy auf stumm schalten! Morgen überprüft ihr
Klockemanns Alibis«, sagte Lüthje und beendete das Gespräch.
    Er ging in den Supermarkt und kaufte sich, Hilly zuliebe, ein paar
Vollkornbrötchen und, sich zuliebe, zwei Flaschen seines Lieblingsbieres
Probsteier Herold.
    Als er zur Kasse ging, sah er Frau Sternberg und Lambert Sundermeier
vor dem Kühlregal dicht zusammenstehen. Er schien ihr wieder etwas Wichtiges zu
erklären, und sie blickte ihm dabei ernst in die Augen. Plötzlich erkannte sie
Lüthje und nickte ihm verlegen lächelnd zu. Auch Lambert Sundermeier sah zu
Lüthje her über, allerdings ohne erkennbare Regung. Sie näherte sich Lamberts
Ohr, und jetzt schien sie ihm etwas zu erklären, während er Lüthje betrachtete.
Ab und zu nickte er verstehend.

11.
    Lüthje fuhr zum Hafen und ließ sich von den Düften der
mobilen Fischräucherei verführen. Auf einem großen Schild stand: »Geöffnet bis
alle«. Und »alle« waren die Köstlichkeiten noch nicht, wie Lüthje mit einem
Blick in den geöffneten Räucherofen feststellte, der mitsamt dem Verkaufstresen
auf der Ladefläche eines Kleinlastwagens montiert war.
    »Hat die Polizei immer noch keine heiße Spur?«, fragte die Kundin
vor Lüthje, die sich gerade eine große Tüte ofenwarmen Räucherfisches einpacken
ließ.
    »Ich habe hier heute von der Kundschaft schon alles Mögliche
gehört«, sagte der Verkäufer. »Der Täter soll in dem Hotel in der Strandstraße,
gleich hinter dem Drübbisch-Haus, ein Zimmer gehabt haben. Nur für die Nacht
davor. Soll schon alles blutverschmiert gewesen sein, obwohl der Mord noch gar
nicht geschehen war. Wahrscheinlich liegt hier noch ein Toter im Dorf.«
    »Hören Sie bloß auf!«, sagte die Kundin. »Ich habe meinen Kindern
jedenfalls verboten, in die Strandstraße zu gehen. Tschüss!« Sie ließ sich die
Tüte über den Tresen herunterreichen und stolzierte mit entschlossenen
Schritten zum Parkplatz.
    Lüthje wählte zwei Heilbuttschnitten und fünf Schillerlocken, die
der Verkäufer sorgfältig in einer Plastiktüte verstaute.
    »Ich hab ein paar Pappteller mit eingepackt«, sagte er.
    »Was für ein Service! Danke!« Lüthje legte die Tüte in den Korb am
Lenker.
    »Ich hab mir heute Morgen in Kiel eine Pistole gekauft«, sagte der
Verkäufer.
    »Was?«
    »Schreckschusspistole. Haben Sie schon eine heiße Spur?«, fragte der
Verkäufer.
    »Wie?«
    »Sie sind doch der Kommissar Lüthje. Oder etwa nich?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil Sie ein Fahrrad und einen Rucksack haben.«
    »Damit hab ich heute schon drei Fahrradfahrer gesehen. Auch mit
Cordjacke«, sagte Lüthje, zog sein Cordjackett aus, drückte es in den Rucksack
und fuhr über den Hafenplatz zum Strand.
    Die Sonne stand tief und warf lange Schatten. Ein sanfter,
auflandiger Wind wehte.
    Lüthje drehte den Strandkorb mit seinem Trick am Seitengriff in
Richtung Strandstraße. Als er sich aufrichtete, sah er, dass jemand vor die
Sieben zwei zackige Nullen gesprüht hatte. Null null sieben.
    Er hob das Fahrrad aus dem Sand, lehnte es gegen die
Strandkorbrückseite. Im Korb richtete er den Seitentisch, mit Plastikbesteck
und Pappteller, schnitt sich eine dünne Scheibe vom Heilbutt ab und legte sie
in das aufgeschnittene Vollkornbrötchen. Es war der beste Räucherfisch seines
Lebens. Das Bier wollte er erst später trinken. Schließlich musste er noch
arbeiten.
    Er sah zur Strandstraße und dachte an seine Jugend, als noch
erkennbar und spürbar war, dass das Dorf aus mehreren Dorfvierteln bestand. Es
gab das Oberdorf der Bauern und das Unterdorf der Fischer. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts
gab es die Strandstraße. Sie bildete das Villenviertel, das Anfang der
zwanziger Jahre entstanden

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