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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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und, was für ein Zufall, fast alle Gefangenen bekannten sich der Ketzerei schuldig. Und dies, obwohl sie wussten, dass es ihr Todesurteil bedeutete. Sie wurden hingerichtet, manchmal auf dem Scheiterhaufen.«
    Mathieu schwieg einen Moment, ehe er weitersprach.
    »Ich kann mir schon vorstellen, wie sie die Gefangenen dazu gebracht haben, sich schuldig zu bekennen … Sie haben sie gefoltert, bis sie alles und jedes zugaben, was ihre Peiniger von ihnen hören wollten. Sie saßen wochenlang in Kerkern und wurden mit grässlichen Instrumenten gefoltert, zum Beispiel mit der Streckbank, die den Körper so weit auseinanderzog, bis die Knochen brachen, oder mit glühenden Eisen und Peitschen … Fast niemand hat diese sogenannten Befragungen überlebt.«
    »War es den Inquisitoren denn gleichgültig, wenn Menschen so grausam gequält, so misshandelt wurden?«
    »Nun … Sie waren überzeugt davon, dass es sich um einen heiligen Auftrag handelte, den sie ausführten. Deshalb hatte es ein Angeklagter verdammt schwer, die Richter von seiner Unschuld zu überzeugen.«

45
    PASCAL ERWACHTE DIESMAL viel langsamer aus seiner Trance als zuvor. Die Verständigung mit der Welt der Lebenden wurde immer schwieriger. Er rieb sich die Handgelenke, die von den Fesseln rot und entzündet waren. Seinen Fußknöcheln ging es nicht besser.
    »Wir müssen hier unbedingt raus«, sagte er zu Beatrice. »Und zwar auf dem schnellsten Weg. Es hat keinen Sinn, diesen Pater Martinus von irgendetwas überzeugen zu wollen. Mathieus Antwort hat nur meinen Verdacht bestätigt: Wir befinden uns in Händen der Inquisition.«
    Hin und wieder hörten sie das Stöhnen anderer Gefangener, die in den Nachbarzellen eingesperrt waren. Gefangene, die schon lange hier waren, ohne je die Sonne zu sehen, und die die »Kunst« der Folter bereits am eigenen Leib erfahren hatten.
    »Das haben dir deine Freunde gesagt?«, fragte Beatrice. »Dass Reden zwecklos ist?«
    »Ja. Es schadet mir eher noch. Anscheinend ist Pater Martinus ein Inquisitor. Er wird mich niemals aus diesem Verlies entlassen. Höchstens, wenn es zur Hinrichtung geht, ans Töten. Vermutlich hat er Angst, dass andere aufgehetzt werden könnten.«
    »Aufgehetzt? Womit?«
    Pascal zuckte mit den Schultern.
    »Mit neuen Gedanken. Dass nichts bleiben muss, wie es ist.«
    Beatrice nickte.
    »Die Mächtigen werden gefährlich, wenn sie sich bedroht fühlen«, bemerkte sie. »Eine alte Geschichte, vielleicht die älteste der Welt.«
    Pascal trat an das Fallgitter vor seiner Zellenöffnung und strich über die Eisenstäbe.
    »Ich kann für andere Augen nicht unsichtbar werden wie du, Beatrice …«
    Sie überlegte noch, was sie ihm antworten konnte, da waren plötzlich Schritte zu hören. Vier bewaffnete Wärter erschienen, von denen einer, ein Bärtiger, einen riesigen Schlüssbund trug.
    »Du bist an der Reihe«, teilte ihm der Bärtige mit und zeigte seine halb verfaulten Zähne. »Mal sehen, ob du Lust bekommst, uns etwas zu erzählen, Ketzer.«
    Pascal blickte Beatrice erschrocken an. Sie hob verzweifelt die Hände.
    »Sag mir, was ich tun soll«, rief sie und Tränen stürzten ihr aus den Augen. »Bitte.«
    »Ich weiß es nicht«, war das Letzte, was Pascal zu flüstern wagte. »Ich weiß es nicht …«
    ***
    Eine beklemmende Stille herrschte. Es fehlte nur noch das gleichmäßige Ticken einer Uhr, um das Warten zur Folter zu machen. Stand etwa der Tod vor der Tür des Dachbodens? Der Untod, korrigierte sich Dominique.
    »Habt ihr das gehört?«, fragte Daphne jetzt mit leiser Stimme. »Es kommt von der Treppe.«
    »Ja«, bestätigte Dominique. »Klingt wie ein Streit. Varney muss ganz in der Nähe sein.«
    »Haltet die Waffen bereit, die ich euch gegeben habe!«, mahnte sie.
    Dominique und Jules zeigten ihre Silberdolche und Weihwasserfläschchen.
    »Ich hoffe nur, der Nachbarin passiert nichts«, flüsterte Jules. »Der Lärm hat sie vielleicht geweckt. Und wenn sie hinausgegangen ist, um nachzusehen …«
    Die Vorstellung ließ ihn verstummen.
    »Du hast recht«, seufzte Daphne schließlich. »Vielleicht ist etwas passiert. Aber jetzt ist es zu spät, um etwas auszurichten.«
    Zu spät, um etwas auszurichten … Plötzlich befiel Jules die nackte Angst. Ihre bedrohliche Lage brachte ihn zum ersten Mal auf den Gedanken, dass der Vampir ihn töten könnte. Bislang hatte er trotz seiner Angst diese Möglichkeit gar nicht ins Auge gefasst. Und ein Blick zu Dominique, in sein blasses Gesicht, verriet ihm,

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