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Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Titel: Totenruhe - Bleikammer - Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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natürlich wäre es ihm gegenüber taktlos gewesen, so etwas auszusprechen. Nicht einmal im Spaß konnte ich das sagen. Schließlich war der letzte Geschäftsführer nicht freiwillig aus dem Amt geschieden, sondern plötzlich verstorben, und ich wollte auf keinen Fall zum Ausdruck bringen, dass ich für Mori ein ähnliches Schicksal voraussah.
    Oder es mir gar wünschte.
    Ich dachte an meine beiden Mädchen und meine Frau und versuchte die Besorgnis abzustreifen, die mich angesichts meines vollkommen unnatürlichen Aufstiegs gefangen hielt. Beförderungen abzulehnen war eine kitzlige Angelegenheit.
    „Es wäre mir eine große Ehre“, stammelte ich nach einer langen Denkpause.
    Mori stand auf, etwas mühsam, wie mir schien, und verbeugte sich leicht vor mir.
    Ich erhob mich ebenfalls und verbeugte mich länger und tiefer.

4
    Als ich an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, stand auf meinem Teil des Tisches etwas, was sich vorher nicht dort befunden hatte. Trotz des chronischen Zustands der Überfüllung fiel es mir sofort auf, denn es war nichts, was dorthin gehörte.
    Hinter der Computertastatur stand eine kleine grüne Gummifigur, wie man sie als Beilage in Cornflakes-Packungen finden konnte. Es war Gojira, das bekannteste aller japanischen Monster. Natürlich hatte ich als Kind und Jugendlicher die Filme verfolgt, in denen der Saurier gegen allerhand Ungeheuer und noch mehr Panzer und Kampfflieger anzustehen hatte. Im Gegensatz zu seinem westlichen Gegenstück King Kong war er stets als Sieger hervorgegangen, hatte sich höchstens mal verwunden und verjagen lassen, war jedoch immer wieder zurückgekehrt.
    „Wie kommt das hierher?“, erkundigte ich mich bei meinem Schreibtischnachbarn.
    Dieser grinste und meinte nur: „Emi.“
    „Ein … Geschenk?“
    Jetzt erst sah ich, dass jemand in mein geöffnetes Textverarbeitungsprogramm eine Zeile getippt hatte:
    EIN MONSTER FÜR DAS MONSTER.
    Zuerst fühlte ich mich beleidigt von der Botschaft und sah den winzigen Saurier böse an. Dann dachte ich darüber nach, wie sie es wohl gemeint hatte. Denn dass es nicht in ihrer Absicht gelegen haben konnte, mich zu brüskieren, ahnte ich. Schließlich war es ohne Zweifel sie gewesen, die Mori auf den Gedanken gebracht hatte, mich weiter zu befördern.
    Ich selbst hatte die Firma im Stillen schon mehr als einmal ein Ungeheuer genannt. Natürlich war ich gewissermaßen auch selbst ein Ungeheuer – in drei Monaten hatte ich drei Stufen auf der Karriereleiter erklommen. Auch andere Mitarbeiter kamen in diesem Unternehmen mit Riesenschritten vorwärts, aber meine Schritte fielen besonders groß aus. Wie die eines Riesensauriers …
    Würde es so weitergehen? Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Nein, allmählich war wohl das Ende der Leiter erreicht. Ich kannte meine Fähigkeiten. Ich war kein Dummkopf, ich konnte hart arbeiten und ganz gut mit Leuten umgehen, aber der Abteilungsleiter war das höchste der Gefühle. Für alle höheren Positionen wäre ich nicht qualifiziert gewesen, eine drastische Fehlbesetzung.
    Hara, der jetzt nur noch eine Stufe über mir stand, gratulierte mir als Erster (wenn man von Emis eigentümlicher Art und Weise des Gratulierens absah).
    „Finden Sie, dass ich ein Monster bin, Hara-san?“, wollte ich von ihm wissen, nachdem ich mich bedankt hatte. Ich hatte einen guten Draht zu ihm. Da er der erste gewesen war, mit dem ich innerhalb dieser Firma ein Wort gewechselt hatte, kam es mir vor, als würde ich ihn besonders lange kennen.
    Er ließ sich von der ungewöhnlichen Frage nicht aus dem Konzept bringen, besah sich die Saurier-Figur und las auch die Worte auf meinem Monitor. „Sie sind tüchtig, Okamoto-san“, meinte er. „Aber Ihre kleine Freundin übertreibt etwas. Ein Ungeheuer sind Sie erst, wenn Sie mich dieses Jahr noch überflügeln.“
    Ich widersprach ihm nachdrücklich wegen der „kleinen Freundin“, denn ich sah die Gerüchteküche schon brodeln. Als ich Emi etwas später traf, wusste ich nicht recht, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte. Ich konnte mir nicht einig werden, ob ich sie als die Frau sehen musste, der ich einen Karrieresprung und die damit verbundene Gehaltserhöhung zu verdanken hatte, oder ob ich ihr dafür grollen sollte, dass sie sich in mein Leben einmischte, ohne dass ich sie darum gebeten hatte.
    Unser Gespräch verlief von meiner Seite aus recht kühl und abweisend. Natürlich fiel ihr das auf, sie zeigte sich traurig und bat mich, ihr eine Chance zu

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