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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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oder?«
    »Nein. Aber es könnte sein, dass er das noch 1958 an jemand anders verkauft hat.« Er wies mich darauf hin, dass es schon halb zwölf war. »Den Rest arbeiten wir lieber ein andermal durch. Sonst kommen Sie noch zu spät zu Ihrem Rendezvous.«
    »Ist kein Rendezvous.«
    Er packte alles wieder in seine Schachtel und ließ sogar zu, dass ich ihm dabei half.
    »Ich finde, Sie sollten Wrigley bitten, Lydia in die Nachrichtenredaktion zu versetzen«, sagte ich. »Wir könnten ihre Unterstützung gebrauchen.«
    »Lefebvre hat Recht gehabt«, erwiderte er missmutig. »Sie sind eine Landplage.«
    »Nervensäge.«
    »Beides«, sagte er, doch ohne jeden Groll.

33
    Ich machte einen Abstecher zu meinem Schreibtisch und holte meine Umhängetasche, die ungefähr eine Tonne wog, weil das große, dicke Hardcover-Buch darin war. Meine Sprechanlage summte. Geoff, der Wachmann, sagte mir, dass ein Herr namens Max Ducane unten auf mich wartete.
    Während ich mir einschärfte, ihn mit Max anzusprechen und nicht mit Kyle, stieg ich die Treppe hinunter.
     
    Max Ducane sah nicht so glücklich aus, wie ich es bei einem frisch gebackenen Multimillionär erwartet hätte. Eigentlich
wirkte er eher bedrückt. Sein Wagen stand um die Ecke - ein neuer BMW. »Ihr erster Kauf?«, fragte ich.
    Er nickte. »Ich hatte meine Gründe - oder habe es mir zumindest eingebildet, aber … Ist es Ihnen peinlich, damit zu fahren? Ist er zu protzig?«
    »Für jemanden mit Ihrer Kohle?«
    »Vielleicht verkaufe ich ihn wieder«, sinnierte er, erneut mit Leichenbittermiene.
    Als wir im Wagen saßen, sagte er: »Ich habe einen Tisch im Cliffside reserviert. Ist Ihnen das recht? Wenn es Ihnen lieber ist, können wir auch in ein Lokal hier in der Nähe gehen.«
    Der Vorschlag ließ mich kurz innehalten, doch dann dachte ich daran, dass ich zurzeit mietfrei wohnte, meine Rechnungen für den Umzug von Bakersfield bezahlt und gerade einen Gehaltsscheck auf mein Konto eingezahlt hatte.
    »Ich habe noch nie im Cliffside gegessen«, erwiderte ich, ohne hinzuzufügen, dass ich mich nicht als jemanden sah, der es sich leisten konnte, dort zu essen, »aber ich habe immer nur Gutes darüber gehört. Und für uns ist es eine klügere Wahl als ein Lokal in der Nähe, es sei denn, Sie wollen, dass die halbe Express -Belegschaft versucht, uns zu belauschen.«
    »Also dann auf ins Cliffside.«
    Wir bekamen einen Tisch in einem privaten Nebenraum des Restaurants, das zu einem Luxushotel mit atemberaubender Aussicht aufs Meer gehört. Unser Ober zeichnete sich durch eine Vornehmheit aus, die vermuten ließ, dass man ihn aus einem Palast abgeworben hatte. Er rückte mir den Stuhl zurecht, legte mir mit großer Geste eine Serviette aus feinem Leinen auf den Schoß und reichte mir lächelnd eine aufgeschlagene Speisekarte. Ehe ich auch nur einen Blick auf das warf, was zwangsläufig den Auftakt zu einem weiteren schmerzlichen Kapitel in meiner finanziellen Biografie bilden würde, zwang ich mich zu fragen: »Wäre es möglich, uns getrennte Rechnungen auszustellen?«

    »Selbstverständlich, Miss, aber …«, begann der Ober, während Max einwandte, dass er mich einladen wolle.
    »Das geht nicht, Max. Ich treffe mich aus beruflichen Gründen mit Ihnen, schon vergessen?«
    Verlegen musterte er den Ober, der genau das richtige Maß an Desinteresse vorschützte, und sagte: »Na gut. Aber dann ein andermal.«
    »Ein andermal.«
    Ich hatte beschlossen, mich tunlichst nicht schockiert über die Preise auf der Karte zu zeigen, doch als wahrer Schock erwies sich nun, dass auf meiner Karte überhaupt keine Preise vermerkt waren.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich zu dem Kellner und hielt ihm die Karte hin, damit er es selbst sehen konnte. »Ich fürchte, ich habe einen Fehldruck bekommen.«
    »Das Cliffside ist leider ein bisschen altmodisch«, sagte Max. »Sollen wir die Speisekarten tauschen?«
    Da dämmerte mir, was los war. »Nicht zu fassen«, sagte ich. »Nur Männer bekommen Speisekarten mit Preisangaben?«
    Er grinste. »Wie in der Steinzeit. Ich verspreche, Sie nach dem Nachtisch nicht an den Haaren in eine Höhle zu zerren.«
    Meine Empörung über die »Damen-Speisekarte« behütete mich davor, in Ohnmacht zu fallen, als ich schließlich einen Blick auf die Preise warf. Der Kellner stellte Brot auf den Tisch und schenkte uns Wasser ein, während er mit einem Enthusiasmus die Spezialitäten des Tages vortrug, der nahe legte, dass der Koch diese Gerichte uns zu Ehren

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