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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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Jahren Frauen zu. Daher waren nicht viele in meinem Jahrgang. Und im Studiengang Informatik insgesamt nicht viele.«

    »Oh.«
    Ich stand Todesängste aus, dass er nun sagen würde: »Warum fragen Sie?«, doch er fragte etwas viel Schlimmeres.
    »Hatten Sie einen Freund in Bakersfield?«
    »Nein«, antwortete ich und brach den Blickkontakt ab. »Nein … nur gute Bekannte. Weiter nichts.«
    »Dann muss ich wohl in den Nachrichten was verpasst haben.«
    Ich sah ihn wieder an. »Was denn?«
    »Die Meldung, dass sämtliche Männer in Bakersfield blind geworden sind.«
    »Ich fürchte, es war mein Charme, der sie abgeschreckt hat.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich bin nicht gerade in aufgeschlossener Stimmung nach Bakersfield gegangen«, erklärte ich.
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass da mehr dahinter steckt.«
    »Das stimmt, aber ich muss jetzt in die Redaktion zurück.«
    Er lachte. »Sie sind auch nicht gerade in aufgeschlossener Stimmung nach Las Piernas zurückgekommen. Okay, dann bedränge ich Sie jetzt nicht weiter.«
    Das Restaurant war mittlerweile besser besucht, und der Parkplatz stand nun voller Autos. Die meisten waren Jaguars, Mercedes und BMWs. Eine Horde schwarzer BMWs parkte in der Ecke, wo wir Max’ Wagen abgestellt hatten. »Erkennen Sie, welcher Ihrer ist?«
    »Ich muss mir die Nummernschilder anschauen«, gestand er. »Meiner ist der, der noch keine hat. Aber gehen wir doch noch kurz rüber zum Zaun. Haben Sie schon mal die Aussicht vom Parkplatz aus gesehen? Es ist eine der besten von ganz Las Piernas.«
    Er hatte Recht. Der Zaun war etwa taillenhoch. In der Ferne konnte man Catalina Island sehen und, näher noch, Segelboote,
die an den Ölinseln vorüberglitten - künstliche Inseln, auf denen Ölbohrtürme standen, die verhängt und als Hochhäuser getarnt waren. Dahinter erstreckte sich, besprenkelt von Tupfern gleißenden Sonnenlichts, die endlose blaugraue Wasserfläche. Der Wind trug Gischt und den Geruch des Meeres die Steilküste hinauf, während sich unter uns tosend und zischend die Wellen brachen.
    Max trat ein bisschen näher an meine Seite, ohne mich zu berühren. Die paar Zentimeter Abstand zwischen uns hätten ebenso gut eine Felswand sein können - verführerisch und verwirrend, doch eine kluge Frau würde sich vorsehen. Ich überlegte mir gerade, ob ich klug sein wollte, als hinter uns eine tiefe Stimme sagte: »Wen haben wir denn da?«
    Wir erschraken beide fast zu Tode. Als wir uns umdrehten, standen wir vor einem massigen Mann, der dem Mann, der mir vor dem Büro des Coroners über den Weg gelaufen war, ähnlich genug sah, um mich erraten zu lassen, wer er war. Eric Yeager hatte keine weiße Strähne im Haar, dafür aber breitere Schultern als sein jüngerer Bruder.
    »Kyle - nein, Max«, sagte er und trat näher an Max heran, während ich mich von beiden etwas entfernte. »Ach nein, warte - so können wir dich auch nicht nennen, weil Max Ducane ja tot ist.« Er packte Max am Hemd und sagte: »Jetzt weiß ich es, wir nennen dich einfach Schwanzlutscher, weil du genau das bist.« Er beugte sich vor, sodass Max nach hinten über das Geländer hing, bis sich seine Füße vom Boden lösten.
    »Lass mich los, Eric.«
    »Lass mich los, Eric«, äffte er ihn nach. »Wenn ich das tue, du Schwanzlutscher, fällst du runter und bist tot. Keine schlechte Idee.«
    »Es wäre wirklich saublöd, so was vor den Augen einer Zeitungsreporterin zu machen«, sagte ich.
    Er wandte sich zu mir um und zog die Augenbrauen zusammen, als hätte er meine Anwesenheit gerade erst bemerkt.

    »Du hast ein dreckiges Mundwerk, du Schnalle.«
    »Als ob Sie der Richtige wären, um mir Manieren beizubringen.«
    »Irene …«, sagte Max. »Nicht.«
    Eric glotzte mich weiterhin an. Fast geistesabwesend stellte er Max wieder auf die Beine. Dann ließ er ihn los und machte einen Schritt auf mich zu. »Vielleicht bringe ich dir tatsächlich Manieren bei.«
    Ohne nachzudenken trat ich einen Schritt zurück und suchte mir einen festen Stand. Ich ließ die Umhängetasche von der Schulter gleiten, behielt die Riemen aber in der Hand und wog die Tasche ein bisschen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ich ihr Gewicht am besten einsetzen konnte.
    Eric bemerkte mein Zurückweichen und lachte. »Erst das Maul aufreißen, aber dann hast du doch Angst, was?«
    »Ja, vor Ihrem Atem«, entgegnete ich. »Sie haben in anderem Sinn ein dreckiges Mundwerk.«
    Er stürzte los. Ich holte mit der Tasche aus und zielte so fest

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