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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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ist nicht freiwillig. Jemand hat sie verschleppt. Sie pflegt meinen Vater. Sie würde ihn nie allein lassen. Hier ist ein Verbrechen geschehen … Herrgott noch mal, sie schwebt in Gefahr!«
    Der Polizist zuckte die Achseln. »Menschen werden ihrer Pflichten überdrüssig. Aber wir halten die Augen nach ihr offen.«
    »Ich arbeite für den Express «, legte O’Connor nach, ohne ihm zu sagen, dass er nur Redaktionsgehilfe war.
    Der Polizist hielt inne und erwiderte dann: »Hören Sie, darüber habe ich nicht zu entscheiden. Rufen Sie morgen gleich in aller Frühe Detective Riley an.«
    »Morgen! Bis dahin kann sie weiß Gott wo sein! Er könnte sie …« Doch allein der Gedanke daran, was ihr zustoßen könnte, quälte ihn so, dass er es nicht auszusprechen vermochte.
    Der Polizist tätschelte ihm die Schulter. »Keine Sorge, junger Mann. Ich hänge mich gleich ans Funkgerät und sage allen unseren Streifenwagen, dass sie nach ihr Ausschau halten sollen. Und Sie warten einfach - ich wette, sie kommt später noch nach Hause. Wenn Erwachsene verschwinden, liegt es in neunundneunzig Prozent aller Fälle daran, dass sie vergessen haben, jemandem von ihren Plänen zu erzählen, oder dass sie nicht gefunden werden wollen.«

    »Dann gehört sie zu dem übrigen einen Prozent«, entgegnete O’Connor wütend.
    »Wenn ja, dann wissen wir das morgen schon genauer.«
    »Dieses eine Prozent«, sagte O’Connor, »das sind keine Zahlen, ist Ihnen das klar? Das sind Menschen. In diesem Fall eine junge Frau. Eine junge Frau, die geliebt wird, die einen Job hat und ein Zuhause und die in ihrem ganzen Leben zu niemandem auch nur ein böses Wort gesagt hat … ein richtig nettes Mädchen.«
    »Rufen Sie morgen früh Riley an«, wiederholte der Polizist und ging.
    Stattdessen rief O’Connor Jack Corrigan an. Corrigan hörte sich O’Connors panischen Bericht schweigend an, bis O’Connor beschrieb, was der Polizist gesagt und getan hatte. Da unterbrach ihn Jack.
    »Vergiss Riley«, sagte er grimmig. »Dummerweise ist die Vermisstenstelle in den meisten Polizeipräsidien eine Spielwiese für Beamte, die bald in Rente gehen. Riley - der Arsch hat schon nichts getaugt, als er noch richtig im Berufsleben stand, und jetzt hockt er nur noch rum und wartet darauf, dass sie ihm seine goldene Uhr gravieren. Apropos … wart mal’nen Moment.« Nach kurzer Pause meldete er sich wieder. »Es ist schon spät, und vielleicht geht Wrigley nicht darauf ein, aber versuchen wir’s mal. Pass auf, Conn, schnapp dir das beste und jüngste Schwarzweißfoto von ihr, das du finden kannst, und komm zum Express . Bring zwei oder drei Bilder mit, falls möglich.«
    O’Connor wartete nur, bis seine Mutter da war und sich um seinen Vater kümmern konnte. Sie kam wenige Minuten, nachdem er drei Fotos von Maureen gefunden hatte, die er für reprofähig hielt.
    Den alten Wrigley hatte Jack zu Hause erreicht. Als O’Connor bei der Zeitung eintraf, saß Jack bereits an der Schreibmaschine und verfasste einen Aufmacher. Wrigleys Sohn, der
Nachrichtenchef war, wählte ein Foto aus und wies O’Connor an, sich neben Jack zu setzen und dessen Fragen zu beantworten.
    O’Connor lauschte, als Jack den Polizeichef anrief und ihn um einen Kommentar bat.
    Nach kurzer Pause wiederholte Jack die Geschichte von Maureens Verschwinden und dem mangelnden Engagement des Streifenpolizisten. Nach einer weiteren Pause sagte Jack: »Ja, Sir, die Schwester eines unserer Mitarbeiter. Ich kenne die Familie persönlich … genau, Sir … nein, sie hätte ihren Vater niemals allein gelassen.« O’Connor sah ein triumphierendes Leuchten in Jacks Augen treten. »Ganz meine Meinung, Sir«, erklärte er und begann, sich Notizen zu machen.
    Als er aufgelegt hatte, sagte er: »Der Polizeichef behauptet, das sei ein Missverständnis gewesen. Geh du jetzt nach Hause, ich reiche den Artikel ein und komme später zu euch; dann erzählst du mir, was es Neues gibt.«
    Mehrere Detectives kamen vorbei. Jack kam vorbei - häufig im Lauf der nächsten Tage, und dann andere Reporter aus anderen Gründen. Freunde kamen, Verwandte, Nachbarn und Neugierige. Keiner von ihnen hatte irgendetwas beizutragen.
    O’Connor konnte Roosevelts Tod in der nächsten Woche kaum betrauern, und ebenso wenig stand ihm kurz darauf, nach Kriegsende, der Sinn nach Siegesfeiern. Maureen war verschwunden. Und es war seine Schuld.
    Weder sein Vater noch seine Mutter sagte es je zu ihm - ja, als er es einmal selbst äußerte,

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