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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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war und sich zielstrebig betrunken hatte. Zwei Frauen hatten sich zu ihnen gesellt. Jack war mit der einen hinausgegangen, während er mit der anderen davongestolpert war.
    Mit dieser hier. Er erinnerte sich an die ungeschickte, verzweifelte Art, wie er sie genommen hatte, und - was das Schlimmste daran war - wie er geweint hatte, heftiger als auf der Beerdigung. Sie hatte ihn in den Armen gehalten und kein Wort gesagt. Irgendwann war er schließlich eingeschlafen.
    Er stand auf und zog sich leise an - mit stockenden Bewegungen, was jedoch eher an seiner Verlegenheit als an seinem
Kater lag. Es zählte nicht gerade zu seinen Gewohnheiten, in Bars Frauen aufzureißen und abzuschleppen, und dass er dies ausgerechnet nach der Beerdigung seiner Schwester getan hatte, entlarvte ihn seiner Meinung nach als einen Mann übelsten Charakters.
    Er fragte sich, ob die Frau wohl Prostituierte war und was er ihr in diesem Fall schuldete oder ob er sie schon bezahlt hatte. Er sah in seine Brieftasche - schwer zu sagen, was er in der Bar gelassen hatte, aber es schien nicht wesentlich weniger drin zu sein als am Tag zuvor.
    Die Frau kam in die Küche, als er gerade Kaffee kochte. Sie war angezogen und rauchte eine Zigarette. »Guten Morgen«, sagte sie, obwohl sie ebenso verkatert zu sein schien wie er.
    »Guten Morgen«, erwiderte er, ehe er nach kurzem Zögern fragte: »Möchtest du einen Kaffee?«
    »Danke, Conn. Sehr gerne.« Sie lächelte ein wenig schief und sagte dann: »Vera, falls du’s vergessen hast.«
    »Vera. Natürlich.«
    Das Lächeln wurde ein bisschen breiter. »Ich glaube, ich verzichte auf den Kaffee. Ich muss los.«
    »Es macht keine Umstände«, sagte er.
    »Ist schon gut. Siehst du irgendwo meinen Mantel? Ach, da ist er ja, neben der Tür.« Sie machte sich auf den Weg dorthin, doch er war schneller und hielt ihr den Mantel, damit sie hineinschlüpfen konnte. Sie wandte sich zu ihm um und umarmte ihn kurz. »Mach dir keine Gedanken, Conn. Es ist alles in Ordnung.«
    »Ich würde dich gern wiedersehen«, hörte er sich sagen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich gehe heute weg von hier, erinnerst du dich? Nein, wohl nicht. Na, wenn ich mal wieder hier durchkomme, schaue ich bei dir vorbei, okay?«
    »Moment …« Eilig ging er zu seiner Brieftasche und zog eine Visitenkarte heraus. »Wenn du irgendwas brauchst, ruf mich an.«

    Sie nahm die Karte, gab ihm einen schnellen Kuss und ging. Da fiel ihm ein, dass er sie nicht einmal nach ihrem Nachnamen gefragt hatte.
     
    Abgesehen davon, dass er sich vorwarf, das Andenken seiner Schwester entehrt zu haben, dachte er nicht mehr an Vera, sondern konzentrierte sich darauf, Hinweise über den Mord an Maureen zu finden. Die Besitzerin der Orangenplantage war eine fast blinde alte Frau, die wegen der Leichenfunde auf ihrem Grundstück derart außer sich war, dass ihre erwachsenen Kinder um ihre Gesundheit fürchteten. Niemand hatte in den Jahren, in denen Frauen verschwunden waren, auf der Plantage gearbeitet, und die Polizei kam zu der Überzeugung, dass keiner der Landarbeiter von der Existenz des Grabes gewusst hatte. Die anderen beiden Toten wären vielleicht gar nicht identifiziert worden, wenn O’Connor nicht bereits im Vorfeld auf die Ähnlichkeiten beim Verschwinden der Frauen hingewiesen hätte. Maureens Leiche war vollständig bekleidet. Einer der Detectives sagte zu O’Connor, das könne ihm eine Beruhigung sein, da die anderen beiden nackt vergraben worden waren.
    Corrigan, der noch vor O’Connor von dem Fund benachrichtigt worden war, war mit ihm zum Polizeirevier gefahren. Er hatte O’Connor beobachtet, während ihm der Detective diese und andere Einzelheiten geschildert hatte, ehe Jack dem Mann schließlich sagte, dass er verdammt noch mal die Klappe halten solle.
    Ein junger Detective namens Dan Norton, der noch am Beginn seiner Karriere stand, war am nettesten zu O’Connor und hielt den Kontakt zu ihm, als die anderen Beamten ihm schon längst aus dem Weg zu gehen begonnen hatten - je mehr die Wahrscheinlichkeit nachließ, die Fälle aufzuklären, desto weniger willkommen waren ihnen seine unbeantwortbaren Fragen.

    Norton sagte O’Connor, er glaube nicht, dass alle drei Frauen zwangsläufig vom selben Täter umgebracht worden waren.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Der Coroner hat ähnliche Frakturen am Skelett der anderen beiden Frauen gefunden - eine Art Ritual könnte man sagen, ein Hinweis darauf, dass sie gefoltert worden sind.«
    O’Connor wurde

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