Totenschleuse
Wasser nicht sieht.«
»Donnerwetter, Herr Malbek, mein Kompliment. Genau so ist es.« Er mühte sich aus der Bank und strich eventuell noch vorhandene Kekskrümel von seiner Anzughose.
»Und auf einer Geräuschdatei könnte der Todesschuss sein. Auch wenn das Mikrofon unter Wasser war. Außerdem bin ich als Ermittlungsbeamter verpflichtet, jede Person zu überprüfen, die zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts war«, sagte Malbek. »Es sei denn, Sie wollen diese mögliche Nähe der Geräuschfischer zur Tatzeit verheimlichen. Dann würde ich alles daransetzen, es öffentlich zu machen. Hier würden sich unsere Wege trennen, Herr Schackhaven.«
»Ich habe es nicht anders von Ihnen erwartet, Herr Malbek. Aber nun fahren Sie mal runter. Die Geräuschfischer waren am Tattag nicht im Einsatz. Auch nicht in der darauffolgenden Nacht. Ein Offizier in der Admiralität hat es mir bestätigt. Wir müssen also ohne die Marine auskommen.«
Die Hoffnung auf einen ersten Ermittlungserfolg zerplatzte wie eine Seifenblase. Schackhaven schien es nicht zu interessieren. Er quälte sich aus seiner Anzugjacke und zog den halb offen stehenden Vorhang hinter sich zu.
»Und jetzt komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen, Herr Malbek. Ich will mir auch ein Wohnmobil anschaffen. Sie kennen sich doch damit aus. Ich brauche Ihren Rat. Meine Frau will unbedingt ein amerikanisches Fabrikat. Und ich … übrigens …« Er sah suchend um sich. »… haben Sie noch mehr von diesen dänischen Keksen?«
Nachdem Schackhaven endlich gegangen war, fuhr Malbek nach Moerksgaard und rief in der Klinik in Kiel an.
»Nein, Frau Schneider ist verlegt worden«, sagte die Pförtnerin der Klinik am Telefon. »Sie ist in der Fachklinik in Schleswig.«
Er ließ sich die Telefonnummer vom Pförtner geben und rief in Schleswig an. Ein Pförtner sagte ihm, dass man telefonische Auskünfte nicht beantworten könne. Er bestätigte nicht einmal, dass sie da sei. Malbek müsse schon persönlich nachfragen.
Auf der Fahrt sah er an der Schlei zum Dom hinüber. Links davon den Hang hinauf lag die Fachklinik am Hügel, auf dem vor Jahrhunderten eine Wassermühle gestanden hatte.
Er fuhr weiter, um mit Jette über die Einladung nach Sylt zu reden, die sie ihm verschwiegen hatte.
11.
Jettes Wagen stand nicht im Carport. Irgendetwas hatte Malbek heute davon abgehalten, mit seinem Schlüssel in ihrer Abwesenheit das Haus zu betreten, wie er es sonst tat.
Er fuhr zunächst auf sein Grundstück und gönnte seinem Wohnmobil eine Wäsche aus dem Gartenschlauch. Danach nahm er sich seinen Skizzenblock, versuchte seine Gedanken zu ordnen und telefonierte fast eine Stunde mit Vehrs und Hoyer. Die Ermittlungen erstickten in routinierter Fliegenbeinzählerei.
Von Zeit zu Zeit sah er durch das Seitenfenster hinüber zu Jettes Haus, das sich hinter der hohen Hecke abzeichnete. Eigentlich war das überflüssig, weil man den lauten Boxermotor ihres VW-Cabrios schon vom Ortseingang her hören konnte.
Nach dreieinhalb Stunden war es so weit. Als sie den Wagen eingeparkt hatte und er davon ausgehen konnte, dass sie im Haus war, ging er hinüber.
»Hatten wir beide nicht für heute Abend eine Einladung nach Sylt?«, fragte er beiläufig und sah auf die Farbtöpfe und Pinsel, die an den Wänden herumstanden.
»Du hast Zeit? Super!«, sagte Jette, ohne ihn anzusehen. Jettes Renovierungswut war verpufft. Sie versuchte, einen Berg Schmutzwäsche in der Waschmaschine verschwinden zu lassen, und hüpfte dabei nervös hin und her.
»Ich habe dich gefragt, warum du mir nichts von der Einladung gesagt hast!« Verschwiegen, hatte Malbek sagen wollen, aber das würde es ihr zu einfach machen.
»Aber Schatz, ich hab dir doch gesagt, dass wir eingeladen sind, oder? Erics Schwester würde sich so freuen, wenn wir kommen könnten.«
»Nein, du hast mir nichts gesagt. Ich leide doch nicht an Demenz!«
»Sei bitte nicht so geschmacklos. Dann muss ich es wegen der Arbeitsüberlastung vergessen haben. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du Zeit hast. Nein, eigentlich umgekehrt. Jedenfalls tut es mir leid.« Sie küsste ihn auf die Nasenspitze. »Vindgast hat mich heute bei der Redaktionssitzung noch einmal daran erinnert, dass Sylt mal wieder dran ist, in unserem Feuilleton ›Glamour‹. Ich weiß übrigens nicht, ob Molsen kommt.«
Damit war für sie das Thema durch. Sie hatte die Waschmaschine in Gang gesetzt, ging in die Küche und räumte die Spülmaschine aus. Immer wenn sie
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