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Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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sagen.
    »… wenn ich ävver ’ne rheinische Jung bejrüße … un ihm ne joden Appetit wünsche bei dem Fisch, is dat auch enne Dialekt, und dann sach ich dä Robert un nit der Robert …«
    »Rosi Schmitz, die jüngste Tochter der Schmitzens aus Köln«, sagte Jette mit vorgehaltener Hand zu Malbek. »Die kommen immer mit dem Zug nach Sylt. Sie mieten sich zwei Waggons, einen für die Familie mit Restaurant, und einen für die beiden Hunde, zwei adelige Dackel. Deren Waggon hat auch ein Restaurant und als Sonderausstattung etwas Stroh, Sand und viel Spielzeug. Dazu gehört auch ein Tierarzt.«
    »Und wer ist Rosis Gesprächspartner?«
    »Robert Lüllmann. Kommt aus Düsseldorf, glaub ich. Anlageberater und Schürzenjäger. Hier versucht er wohl beides gleichzeitig.«
    »Und welche Frau versucht er gerade zu betrügen?«
    »Na ja, seine Exfreundin ist Regina Molsen, eigentlich ist er also solo.«
    Malbek pfiff leise durch die Zähne. »Schon jetzt ein gelungener Abend.«
    Jette kräuselte ihre Stupsnase. »Siehst du dort die ältere Dame mit den Armreifen am Ellenbogen?
    »Ist das der neue Trend?«
    »So kann man die Armfalten straffen. Einfach den Armreif bis zum Ellenbogen hochschieben. Moment, die Damen dahinten kann ich gleich so nehmen.« Sie machte Fotos und hob das Diktiergerät an den Mund. »… die Seitenschlitze der fast hüftlangen Jacke korrespondieren angenehm mit den Quetschfalten des Rocks. Ein visionärer Vorgriff auf den kommenden Retro-Stil des nächsten Sommers. Die Pattentaschen schienen mir allerdings ein misslungenes modisches Zugeständnis an den Landhausstil zu sein. Marlene Tinnen trug eine Herrenweste und eine Stola, die mit dem dunkelbraun karierten Muster der Hose gefüttert war. Shetland. Dazu eine hochgeschlossene Bluse in Schwarz. Von Hochgeschlossenheit konnte bei den meisten Damen nicht die Rede sein, natürlich zur Freude der Herren.«
    Sie schaltete das Gerät aus. »Mach nicht so ein Gesicht, Gerson! Das ist ins Unreine gesprochen. Ich werde es heute Abend überarbeiten!«
    »Ich fand es druckreif, ehrlich. Schreibst du auch über das Essen? Der Hummer ist zäh, trocken. Dem würden Armreifen auch guttun.«
    Molsen schlängelte sich in Richtung Büfett. Bevor Malbek ihn erreichen konnte, sah er, wie Lüllmann sich ihm von rechts ebenfalls näherte. Molsen bemerkte es, änderte seinen Kurs, kaum merklich, unentschlossen, so wie es seine Art war.
    Lüllmann ging auf Kollisionskurs und versuchte, sich Molsen in den Weg zu stellen. Molsen sah ihn von unten kurz an, wandte sich wieder ab und schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen. Eine hilflose, verlegene Geste, die auch heißen konnte: nicht hier, später vielleicht, woanders. Lüllmann blieb stehen, sah ihm nach, ließ den Blick durch den Raum schweifen, als suche er jemanden, als habe er sich eben in der Person geirrt. Er hielt inne, sah in sein Sektglas, als wäre von da eine Antwort zu erwarten, trank es hastig aus, stellte das Glas in einem Blumenkübel ab und verließ das Event.
    Molsen war inzwischen am Büfett, schob den Safari-Hut zurück und sah lustlos auf die Speisen.
    Malbek sprach ihn von der Seite an. »Guten Abend, Herr Molsen, sieht lecker aus, nicht wahr?«
    Molsen sah Malbek erschrocken an. »Herr Kommissar! Ist etwas passiert?«
    »Nun ja, der Abend ist noch lang. Ich bin privat hier. Sie auch?«
    »Ich habe auf Sylt einen Wohnsitz. Das sagte ich Ihnen doch. Ich habe Sie hier noch nie gesehen.«
    »Ich Sie auch nicht. Es ist so … Ich habe eine Einladung bekommen. Die Künstlerin ist die Schwester eines befreundeten Kollegen«, setzte Malbek hinzu. »Möchten Sie ein Gemälde der Künstlerin erwerben?« Er zog Molsen sanft zu einem Bild.
    Molsen sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Könnte sein. Haben Sie etwas Neues?«
    »Eine Spur im Mordfall Peters, meinen Sie? Nein. Aber wir ermitteln in verschiedene Richtungen.«
    »Gestern war eine Kommissarin Hoyer bei uns und hat sich lange mit meinem Personalchef, Herrn Geerdsen, unterhalten.«
    »Ja, ich weiß. Und möchten Sie mir dazu noch etwas sagen?«, fragte Malbek.
    »Ihre junge Frau Hoyer war etwas zu suggestiv, meinte Herr Geerdsen. Als hätte sie eine vorgefasste Meinung. Ich meine damit … nicht objektiv, unvoreingenommen.«
    »Tatsächlich?« Malbek gab sich abgelenkt und betrachtete nachdenklich das Gemälde, das neben ihnen an der Wand hing. Man sah auf eine von weidenartigem Gesträuch gesäumte Weggabelung, die den Blick in die

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