Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Totensonntag: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
Vom Netzwerk:
sechs, und Nicole traf Vorbereitungen für das Abendgeschäft. »Grüß Gott«, sagte Kreuthner, der die Sonnenbrille wieder auf der Nase hatte und sie beim Betreten des Gastraumes effektvoll abnahm. »Kreuthner, Kripo Miesbach.« Er hielt seinen Polizeiausweis kurz in die Luft. »Das ist mein Kollege, Kriminalkommissar Wallner.«
    Wallner war sichtlich irritiert über Kreuthners Auftreten.
    »Sind Sie sein Chef?«, fragte Nicole Kreuthner und sah dabei zu Wallner.
    »Sei’n Sie so gut und lassen S’ uns die Fragen stellen.« Kreuthner setzte sich lässig auf einen Tisch und stellte einen seiner Cowboystiefel auf einen Stuhl. »Es geht hier um Mord, okay? Das is koa Spaß.«
    »Nein, nein.« Nicole wirkte etwas eingeschüchtert. »Wollte ich auch gar nicht behaupten.«
    »Schön. Kommen wir zur Sache«, griff Wallner ein. »Können wir mit deiner Großmutter reden?«
    »Ihr könnt es versuchen. Sie ist heute nicht gut drauf. Im Kopf, meine ich.«
    »Wir versuchen es«, entschied Wallner.

    Elisabeth Muhrtaler sah Wallner unsicher an. Es war offensichtlich, dass sie sich unwohl fühlte in seiner Gegenwart.
    »Das ist der Clemens Wallner«, sagte Nicole.
    »Aha.« Die alte Frau zerknickte einen Bierdeckel. »Ist er … ist er auch ein Enkel von mir?«
    »Nein. Der Clemens ist von der Kripo. Der war vor einiger Zeit schon mal da. Da erinnerst du dich wahrscheinlich nicht dran.«
    Elisabeth Muhrtaler schüttelte ihren Kopf, wandte sich von Wallner ab und wollte aufstehen. Nicole hielt sie zurück. »Jetzt warte doch mal, Oma. Die Herren wollen dich was fragen.«
    »Ich weiß doch nichts mehr. Du weißt, ich kann mich an nichts erinnern.«
    »Es sind Dinge von früher. Die wissen Sie vielleicht noch«, versuchte es Wallner. »Ich habe Ihnen ein Foto mitgebracht.«
    Er zog das Foto aus seiner Aktentasche und schob es der alten Dame über den Tisch. Die beachtete es überhaupt nicht und machte wieder Anstalten aufzustehen. »Ich will nach oben. Der Mann soll mich in Ruhe lassen. Hast du gesagt, er ist ein Enkel von mir?«
    »Nein, er ist von der Polizei.«
    Elisabeth Muhrtaler wurde zusehends nervöser und zitterte auch ein wenig. Nicole sah Wallner um Verständnis bittend an. »Tut mir leid. Wie gesagt, sie is heut net so gut drauf.« Wallner nickte.
    Da kam Kreuthner mit einem kleinen ovalen Getränketablett und setzte sich dazu. Auf dem Tablett waren zwei volle Schnapsgläser und eine Flasche Obstler. »So, Frau Muhrtaler. Jetzt mach ma’s uns erst mal gemütlich. So ganz trocken redt sich’s ja schlecht.« Er setzte ihr eins der Schnapsgläser vor. Nicole nahm es weg und stellte es auf das Tablett zurück.
    »Sie soll nicht so viel trinken.«
    »Wenn’s ihr besser damit geht?«
    Frau Muhrtaler starrte begehrlich auf den Schnaps und wollte nicht mehr nach oben.
    Kreuthner nahm das Glas und stellte es wieder vor die alte Frau. »Prost!«
    Elisabeth Muhrtaler stieß mit Kreuthner an. Auf dem Weg zum Mund verschüttete sie ein wenig Obstler. Aber nachdem sie das Glas geleert hatte, zeigte sich ein Lächeln in ihrem Gesicht, und Kreuthner musste ihr nachschenken.
    »Das ist ein Netter«, sagte sie zu Nicole. »Ist der auch kein Enkel?«
    »Nein. Er ist auch von der Polizei. Das ist jetzt aber der letzte Obstler.«
    Wallner sah ein, dass Kreuthner bei Elisabeth Muhrtaler einen Sympathiebonus hatte, und gab ihm das Foto. Der schob es vor die alte Dame. »Das Foto ist von vor dem Krieg. Kennen Sie da jemanden, der wo drauf is?«
    Lange betrachtete sie das Foto. Der desorientierte Ausdruck verschwand aus ihrem Gesicht. Das Bild hatte sie in eine Welt versetzt, in der sie zu Hause war, in der sie die Menschen kannte. Das wirkte einerseits beruhigend auf sie. Gleichzeitig aber schien das Foto sie stark aufzuwühlen. Die unterschiedlichsten Emotionen spiegelten sich in ihrer Miene. Zunächst zeigte sich ein wehmütiges Lächeln. Dann Traurigkeit. Ihr Mund verzog sich nach unten, die Lippen bebten. Mit einem Schlag aber war die Trauer fort, und senkrechte Falten zeigten sich zwischen ihren Augenbrauen. Etwas trieb ihr den Hass ins Gesicht.
    »Was ist?«, fragte Kreuthner vorsichtig.
    »Wie er sie ansieht«, sagte Elisabeth Muhrtaler, und die Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Wer sieht wen an?«
    Sie deutete auf den blonden, großgewachsenen jungen Mann, der Frieda Jonas mit leuchtenden Augen anstarrte. »Hörig war er ihr. Hörig. Dieses Mistvieh.«
    Nicole nahm die Hand ihrer Großmutter und streichelte sie. »Von wem

Weitere Kostenlose Bücher