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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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sicher, warum. Kopien? War dies sein fehlgeleiteter Idealismus, dass er seine Rolle beim Erfolg der Magnolienblüten-Kaffeepads und dem Untergang von Caribe wiedergutmachen konnte? Für welch eine oberflächliche, armselige Welt hatte er seine Seele verkauft? Er konnte sich jetzt genauso gut hier eine Tasse Kaffee bestellen – sie mit dreißig Silberstücken bezahlen, das Wechselgeld können Sie behalten.
    »Es ist ja nicht so, dass du nicht damit gerechnet hättest«, meinte April. »Nichts, was wir uns nicht zu Hause schon überlegt hätten.«
    Er knurrte und musste ihr widerwillig zustimmen. Sie hatten wirklich an ihrem Esstisch gesessen und fast jeden Gegenbeweis vorausgeahnt, den Crawford ihm heute genannt hatte.
    »Hey«, sagte April und er sah auf. »Ich liebe dich.«
    Und er lächelte, es blieb ihm gar nichts anderes übrig. »Ich liebe dich auch.« Justin reckte den Hals, um einen Blick auf ihren Skizzenblock zu werfen. »Was machst du?«
    Sie zeigte diskret mit einem Finger auf die andere Straßenseite, auf der ein Schwarzer stand und die nachmittäglichen Kaffeetrinker mit Jazzmusik unterhielt; sein Trompetenkoffer lag offen vor seinen Füßen und wartete auf Spenden von Kunstliebhabern. Auf dem Papier hatte April ihn schon mit einigen schnellen Strichen eingefangen.
    »Aber zeichnen und Pfannkuchen sind keine gute Kombination«, grinste sie. »Dieser Puderzucker ist einfach überall.« Dann grinste sie noch breiter. »Wenn uns jemals das Geld ausgehen sollte, dann können wir an so einen Ort kommen und auf der Straße Porträts malen.«
    Er lächelte und dachte einen Moment lang an ihr Zuhause und die Karriere. Abgesehen von seinem Scheitern auf dem Polizeirevier war es ein befreiendes Gefühl, an einem Werktag nicht im Büro sein zu müssen und seine Pflichten einfach so auf seinem Schreibtisch zurückzulassen. Wie würde es sein, am Montag zurückzukommen – vielleicht wie eine Kapitulation? –, und wie lange würde er die Scharade aufrechterhalten können, bevor er innerlich kaputtging?
    Justin drückte ihre Schulter. »Nun … dann pass auf, dass deine Stifte gespitzt bleiben.«
    April sah ihm in die Augen, und ihr Blick war ohne jede Anschuldigung. Er hätte ihr alles sagen können, jede Angst oder Schwäche gestehen, und sie hätte es verstanden. Vielleicht hatten sie endlich die Furcht überwunden, dass einer von ihnen in den alten Trott der Selbstzerstörung zurückfallen würde. Vielleicht hatten sie endlich die Gemeinsamkeiten gefunden, auf denen sich etwas aufbauen ließ.
    »Es tut mir leid, wenn ich nicht das bin, was du vom Leben erwartet hast«, sagte er.
    Das machte ihm schon seit einiger Zeit Sorgen, seit dem Nachmittag, an dem sie den Schwur geleistet hatten. Dass April eines Tages aufwachen und das Leben anders, klarer sehen würde, dass sie ihn durchschauen würde und erkennen, was er war und was nicht. Und wenn er ein Blender war, mit dem sie nicht längere Zeit zusammenleben wollte, dann würden sich ihre Wege trotz allem trennen.
    Nun spürte er deutlicher denn je, dass er das Vertrauen zulassen, die empfindsamen offenen Wunden an Herz und Seele riskieren konnte. Eine weitere schützende Barriere konnte fallen.
    »Ich wollte jemanden, der verhindert, dass mein Leben zur Routine wird«, erwiderte April, »aber der dennoch stets für mich da ist. Das ist nicht so kompliziert … aber es ist dennoch recht schwer zu finden.« Ihre Hand griff über den Tisch hinweg nach seiner. »Ich habe dich gefunden. Ich habe gefunden, was ich wollte. Ich bin glücklich.«
    Er drehte ihren Handrücken nach oben und berührte ihn mit den Lippen. »Also wirst du nicht wütend, wenn ich in dieser Sache weitermache? Wegen Mullavey?«
    »Aber wo, weißt du noch einen Ort?«
    Er nickte.
    April verdrehte die Augen und grinste. Ich bin dabei, wenn du es bist. »Das hatte ich schon erwartet.«
     
    Christophe Granvier lebte im Garden District in einem schmalen Stadthaus in der Chestnut, das drei Stockwerke hoch war und seit 1830 dort stand. Die oberen beiden Stockwerke zierten schmale Balkone, die mit kunstvoll geschwungenen Eisengeländern verziert waren, und im Ziegeldach befand sich ein Giebelfenster, durch das man von der Dachstube auf die Straße sehen konnte. Hier, wo die Zeit leise und nachdenklich verstrich, war es ruhig, und innerhalb dieser Mauern herrschte stets ein gewisser Friede.
    Wenigstens konnte er das Haus noch behalten.
    Der finanzielle Ruin war schnell und verheerend über ihn gekommen,

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