Totenstadt
als Carrefour Imports bankrottging. Wer auch immer Dorcilus Fonterelle gegen ihn aufgehetzt hatte, hatte seine Sache gut gemacht. In Bezug auf seine privaten Finanzen war ihm das Glück ein wenig holder gewesen. Carrefour war eine Kapitalgesellschaft, was ihm das Leben gerettet hatte: Die Firma war zwar pleite, aber zumindest blieb sein Privatbesitz unangetastet.
Er hatte mehr als eine Million Dollar an Warenwert verloren, als Caribe aus dem Verkauf genommen wurde. Die Versicherung würde für den Verlust aufkommen, da man es als freiwillige Vorsichtsmaßnahme ansah. Etliche zehntausend Dollar mehr waren in Rauch aufgegangen, als die FDA seine Importwaren zurückhielt, die im Lager vergammelten. Dafür hatte er eine minimale Entschädigung erhalten, da dies auf Anordnung der Regierung geschehen war, aber trotz allem war diese Police auf maximal zehntausend Dollar begrenzt.
Legal war er in Bezug auf seine Schuldfähigkeit aus dem Schneider. Bei Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen haftete der Arbeitgeber eher für Schäden aufgrund von Nachlässigkeiten als für bewusst herbeigeführte Schäden, das hatten ihm zumindest seine Anwälte erklärt.
Die zivilrechtliche Haftung war jedoch eine ganz andere Sache, darüber hatten die Gerichte zu entscheiden. Es wurden von den Familien der Verstorbenen bereits Anklagen mit einem Streitwert von mehreren zehn Millionen angestrebt, die ihm vorwarfen, in der Fabrik nicht genug auf die Sicherheit geachtet und nicht genug Wachen eingestellt zu haben, um das Geschehene zu verhindern. Eine Anklage war eine Sache, aber sie würden das auch beweisen müssen, und seine Anwälte hatten ihm versichert, dass sie in dieser Hinsicht gute Chancen hätten. Und selbst wenn ihnen das nicht gelang, würde ihre Versicherung dafür aufkommen. Aber es würde auf jeden Fall zwei oder drei Jahre dauern, bis ein Urteil gefällt würde. Der lange, schwerfällige Verlauf der Prozesse mit den Anhörungen und Aussagen, der Untersuchung der Beweise und all dem würde dafür sorgen, dass sich die Monate wie Kaugummi hinziehen würden, und in der ganzen Zeit würden auch die Anwälte gut verdienen.
Daher hatte Carrefour Imports den Bankrott erklärt. Es gab keine andere Möglichkeit, da sie keine finanziellen Mittel mehr hatten. Die ganzen Investitionen waren in die Markteinführung von Caribe geflossen, und da dies ein neues Produkt war, gab es auch noch keine Markentreue. Es war ja nicht so, als ob er den Verlust einfach runterschlucken, weitere Produkte auf den Markt bringen und die Käufer durch eine Couponschwemme wieder zurückholen konnte. Solch eine Strategie hatte Tylenol einige Jahre zuvor noch geholfen, nachdem es dort ebenfalls einen Zyanidskandal gegeben hatte, aber Tylenol konnte sich das leisten, Carrefour hingegen nicht. Für den Kunden und die Geschäftswelt galt er gleichermaßen als Ausgestoßener.
Der Bankrott war das Einzige, was ihm noch übrig blieb. Und jetzt? Ketten und Schlösser versperrten die Türen seiner Fabrik am Stadtrand, und Carrefour Imports hatte die Arbeitslosenstatistik um beinahe zweihundert Arbeiter erhöht.
Er fühlte mit ihnen, aber auch mit all jenen, mit denen er in Haiti Geschäfte gemacht hatte. Die Arabica-Kaffeebauern, die Kollektive, die die Früchte, den Reis und den Zucker ernteten, damit er all das importieren konnte. Das war der wahre Verlust. Er hatte sein Unternehmen natürlich nicht uneigennützig geführt, und er war kein Heiliger; wenn man in einem Land mit achtzig Prozent Arbeitslosigkeit einigermaßen privilegiert aufwuchs, in dem der Durchschnittsbauer nur einige Hundert Dollar pro Jahr verdient und ein Träger einen Sechzigkilosack Kaffeebohnen fünfzehn Meilen weit zur Küste trägt und dafür einen Dollar bekommt, weiß man den Wert des Geldes sehr wohl zu schätzen.
Christophe Granviers Familie war in den vergangenen Jahrzehnten zu Reichtum gekommen; er führte in der vierten Generation eine Kaffeeplantage in den haitianischen Bergen südöstlich von Port-au-Prince. Aber sie gehören zu den Bauern mit dunkler Haut und nicht zu der Mulattenelite, die sich aufgrund ihrer französischen Herkunft als etwas Besseres erachtete. Die Granviers hatten von der amerikanischen Besatzung zu Beginn des Jahrhunderts profitiert, und sie wussten, dass sie nicht besser als der niedrigste Träger waren, obwohl sie zu den Landbesitzern gehörten. Sie hatten einfach nur mehr Glück gehabt.
Haiti war eine Nation, die keiner anderen glich. Das westliche
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