Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
Vom Netzwerk:
unsterblich.
    Aber ein einarmiger Sklave konnte nicht mehr auf den Zuckerrohrfeldern eingesetzt werden, daher schickten die Franzosen Macandal los, um die Herden auf dem Weideland zu hüten, und niemand weiß, was er den ganzen Tag da draußen gemacht hat, da er immer völlig allein war. Einige sagten, er rede mit den Pflanzen, um ihre Magie zu erlernen. Andere behaupteten, er habe sein Wissen von den alten entlaufenen Sklaven, die in den Höhlen lebten und von denen die Weißen nichts wussten. Aber eines steht fest: Macandal war ein sehr wütender Mann, und seine Rachsucht war so groß wie jedes Verlangen, das er nach einer Frau verspürte.
    Er lief fort, und niemand verfolgte ihn. Man brauchte Hunde, um einen Sklaven aufzuspüren, und seine Besitzer waren nicht bereit, ihre Hunde für einen einarmigen Nigger zu riskieren, also ließen sie ihn ziehen. Das war der schlimmste Fehler, den sie je begangen hatten. Macandal lebte oben in den Bergen und verbrachte sechs Jahre damit, des Nachts herunterzukommen und sich unter den Sklaven, die auf den Plantagen arbeiteten, ein Netz aus Spionen aufzubauen. Und in dieser Zeit arbeitete er wie ein Drogist in den Höhlen und stellte die genau richtigen Kombinationen aus Pflanzen, Erde, Pilzen und den Giften von Pflanzen und Insekten her, bis er ein Gift erhielt, das für seinen Zweck geeignet war.
    Den Franzosen kam es vor, als sei der Teufel persönlich aus der Hölle emporgestiegen. Zuerst begann ihr Vieh auf den Weiden zu verenden. Als Nächstes starben ihre Hunde. Und dann kam das Gift in ihre Häuser … in ihr Essen, ihr Quellwasser, ihre Medizin; sogar frische Früchte und die Bierkrüge, die sie direkt vom Schiff bekamen, waren vergiftet.« Mama Charitys Schultern bebten, als sie über diese Ironie lachte. »Das muss für sie alle eine sehr, sehr schlimme Zeit gewesen sein, da sie nicht wissen konnten, wem sie noch trauen durften.
    Nun, sie schnappten ihn, es konnte auf die Dauer natürlich nicht gut gehen. Die Weißen hatten ihre Mittel und Wege, und ganz oben auf der Liste stand der Schmerz. Schließlich verriet ein kleines Mädchen seinen Namen. Und Macandal schien offenbar an die Gerüchte, die über ihn kursierten, zu glauben. Er war noch immer verrückt nach den Frauen, und als er herunterkam, um tanzen zu gehen, wurde er erkannt und gefasst.
    Die Franzosen hatten vor, ihn auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, und zwar in aller Öffentlichkeit. Aber selbst als sie ihn dort festbanden, sah Macandal nicht aus, als würde er sich fürchten. Das fiel natürlich auch den Sklaven auf, sie fragten sich, welches Ass er noch im Ärmel hatte, und es machte die Weißen schrecklich nervös. Sie setzten den Haufen in Brand, und als das Feuer Macandals Beine erreichte, erwachte dieser zum Leben. Der Mann schrie die Sonne an, und sein Körper schüttelte sich ob all des Schmerzes, den er sein Leben lang zurückgehalten hatte, dann riss er den Pfahl, an dem er festgebunden war, aus und rannte damit durch das Feuer nach unten.
    Es kam beinahe zu einem Aufstand, und alle Franzosen rannten einander um, um möglichst schnell wegzukommen. Die Wachen sagten, sie hätten Macandal erneut eingefangen, ihn an ein Brett gebunden und wieder ins Feuer geworfen. Aber es war kein einziger Sklave aufzutreiben, der das wirklich gesehen hatte …
    Überdies gab es ab diesem Zeitpunkt wieder zahlreiche neue Vergiftungen.«
    Mama Charity nickte nachdenklich und ging zu ihrem Stuhl zurück. Napolean schloss die Augen und ließ die Bilder des Märtyrertums und der Erlösung auf sich einwirken. Dieser ebenholzfarbene Retter voller Eloquenz und Stolz. Er war jetzt so nah an seinem eigenen Herzen und an seiner Seele, ob ihm das gefiel oder nicht … und Napolean entschied sich rasch, dies zu mögen.
    »Glauben Sie, dass er entkommen ist?«, wollte Napolean wissen.
    Langsam und mit großem Bedauern schüttelte Mama Charity den Kopf. »Ich bin mir sicher, dass sie ihn erneut gefasst haben, wie sie es auch behauptet hatten. Aber was ich glaube, ist unwichtig. Es ist nicht mal von Bedeutung, ob er an diesem Tag gestorben ist oder nicht. In ihren Augen war er bereits ein furchterregender Gott, und sein Körper musste irgendwann sterben. Wichtig ist nur, dass er eine Seele hatte – etwas, das sie nicht töten konnten, wie viele Feuer sie auch anstecken mochten.«
    Napolean nickte mit zusammengebissenen Zähnen. Und er sah es jetzt deutlich vor sich. Seinen Zweck, das Licht, das ihn führen würde. Er schwang

Weitere Kostenlose Bücher