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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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finden könnte.
    Doch so gab er sich damit zufrieden, Moreno und Granvier auf den Vordersitzen zuzuhören. Was für eine lockere Diskussion zwischen ihnen, auch nicht gerade über angenehme Themen; er beneidete sie um ihren Mut.
    »Sie sagten, Mullavey ließ sie … wann einschiffen?«, wollte Moreno wissen.
    »Es muss schätzungsweise neun Jahre her sein.«
    »Haben Sie je überlegt, wie er das geschafft hat, so viele Fremde so lange auf seinem Grundstück unterzubringen?«
    Granvier zuckte mit den Achseln. »Ich vermute, mithilfe von Bestechungen.«
    Moreno nickte. »Das glaube ich auch. Er oder sein Bruder, wenigstens einer von ihnen muss einen oder zwei INS-Beamte in der Tasche haben. Ich möchte wetten, dass es eine Greencard für jeden Einzelnen dieser Leute gibt, und sie haben sie nie zu sehen bekommen. Ich glaube auch, dass er sie jedes Jahr unter der Hand erneuern lässt, reibungslos wie ein Uhrwerk.« Moreno schüttelte den Kopf und seine Stimme klang rachsüchtig. »Es wäre interessant, mal im INS-Büro in New Orleans nachzuforschen und herauszufinden, welcher Beamte ein klein wenig über seine Verhältnisse lebt.«
    Und dann war da dieser Glanz in Granviers Augen, der nur sehr selten zutage trat. »Wir haben doch schon darüber gesprochen, Ruben. Lassen Sie diese Leute in Ruhe. Sie haben bei ihm ein besseres Leben als in Haiti, und Sie tun ihnen keinen Gefallen, wenn Sie ihnen das wegnehmen.«
    »Halten Sie mal einen Moment lang den Mund und hören Sie mir zu, ja?« Moreno lächelte verschmitzt, und Justin wandte ihnen nun seine volle Aufmerksamkeit zu. Dieser Kerl hatte definitiv noch ein Ass im Ärmel. »Und beantworten Sie mir eine einfache Frage: Wenn sich nichts ändert, meinen Sie, diese Menschen würden Mullavey verlassen, wenn sie es könnten? Wenn sie einen Ort hätten, wo sie hinkönnten?«
    Granvier seufzte. »Ich weiß es nicht, Ruben. Ich bin nicht ihr Sprecher, ich habe sie nie getroffen.« Er drehte sich auf seinem Sitz, um auf Justin zu zeigen. »Er hat mehr Zeit mit ihnen verbracht als ich.«
    Morenos Blick im Rückspiegel wandte sich ihm zu. »Was glauben Sie? Ich weiß, dass Sie uns zugehört haben. Wie war Ihr Eindruck von der Stimmung dort bei Mullavey?«
    »Ich war nur ein Wochenende da. Was soll ich in so kurzer Zeit herausgefunden haben?«
    Moreno verdrehte die Augen. »Sie können sehen, Sie können hören. Ihnen ist absolut nichts aufgefallen?«
    »Meiner Meinung nach – und vergessen Sie nicht, dass die meisten von ihnen nicht mal im Haus, sondern auf den Zuckerrohrfeldern arbeiten mussten – schien es dort eine Art unglücklichen Pragmatismus zu geben.« Er erinnerte sich an die Unterhaltung, die er mit dem Chauffeur Napolean geführt hatte, bevor dieser sie zurück zum Flughafen gebracht hatte. Es gab so viel in der Welt, für das er sich interessierte, und ein verschleiertes Unbehagen in Bezug auf den Ort, den er sein Zuhause nannte. Zumindest hatte es diesen Anschein gemacht. »Aber Christophe hat recht. Sie haben es dort besser, als sie es in Haiti hätten.«
    »Bei Ihnen beiden klingt es, als stünde nur zur Wahl, sie dort zu lassen, wo sie sind, oder sie zu deportieren«, meinte Moreno. »Aber es gibt zumindest noch eine weitere Option.«
    Justin lauschte, er ließ ihn ausreden.
    Ich will verdammt sein, dachte er. Er hat recht.
     
    Aal erreichte das Lagerhaus zwanzig Minuten nachdem er den Anruf erhalten hatte. Es lag am Fluss und gehörte zum Besitz von Nathan Forrest, auch wenn es auf dem Papier nie zu ihm zurückverfolgt werden konnte. Das war angesichts der Dinge, die hier zuweilen vor sich gingen, außerordentlich wichtig.
    Sobald Lewis den Wagen durch den breiten Eingang gelenkt hatte, schloss einer seiner beiden Soldaten darin die Tür, und die Schlösser rasteten wieder ein.
    »Bleiben Sie im Wagen«, sagte Aal zu Lewis und ließ sich von dem anderen Mann von der Parkbucht fort und ins Lagerhaus führen. Dort war es finster, feucht und muffig, immer relativ kühl, und der Geruch des Flusses hatte viele Jahre lang Zeit gehabt, sich in diesem Gebäude festzusetzen.
    Ihre Schritte hallten in der hohen Hauptlagerhalle wider, die größtenteils leer war mit Ausnahme einiger staubiger Kisten, die in den Ecken standen. Es gab keine Fenster, und das einzige kalte Licht kam von einer schwenkbaren Metalllampe, die an der Decke über einer Werkbank in der Mitte des Raumes baumelte.
    Aal wurde langsamer und sah seinen Soldaten auf der Straße an, der eine schwarze

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