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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Weise.«
    »Wenn das der Fall ist«, warf April ein, »werden wir uns dann nie wieder sicher fühlen können?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wir können um Schutz bitten, bei jemandem, der an unserer Statt zum Loa gehen kann. Jemand, der die Wege noch kennt.« Er zeigte auf Moreno. »Ihnen würde das auch nicht schaden.«
    »Kennen Sie jemanden, der das tun kann?«
    Christophe nickte. »Im Vodoun gibt es viele falsche Priester und Priesterinnen. Sie wollen nur das Geld, das sie den Verzweifelten abknöpfen können, aber sie haben den Ruf nicht gehört, sondern behaupten das nur. Aber ich kenne da eine Mambo, und ich glaube, dass sie eine ehrliche Frau ist. Ich war schon bei ihren Zeremonien auf dem Land, und ich habe ihren Laden in der Stadt aufgesucht. Ich glaube, dass sie den Ruf wirklich gehört hat.«
    »Was kann sie für uns tun?«, wollte Justin wissen.
    »Die Mambo kann uns mit einem Schutzzauber belegen, wodurch es der Djab Blanc sehr viel schwerer hat, uns übel mitzuspielen.«
    »Dann bringen wir’s hinter uns«, meinte Moreno. »So bald sie Zeit für uns hat.«
    April richtete sich in ihrem Sessel auf, während Christophe in seiner Tasche nach dem kleinen Buch suchte, von dem sie annahm, dass er darin Namen, Telefonnummern und Adressen niederschrieb. Er ging zum Telefon, und sie schaltete einen Moment lang ab; sie warf kurze Blicke zu Justin hinüber, und wenn er dasselbe tat, so schienen sie sich ständig zu verpassen.
    Sie, drei Männer und ein Motelzimmer. Falls sie je geglaubt hatte, ein wenig Einblick in ihren Geist zu haben, so war sie brutal daran erinnert worden, dass dem nicht so war, dass sie nicht sehr tief sehen konnte, und von jetzt an würde sie nur noch den Wechsel der Strömungen wahrnehmen, manchmal ganz klar, dann wieder ziemlich trübe. Sie konnten sie mit einem Knallen der mentalen Tür einfach so ausschließen.
    Er hatte es versprochen. Er würde das letzte Jahr niemals als Waffe in einem Streit einsetzen. Aber was waren Versprechen anderes als Grenzen, die es zu übertreten galt?
    Christophe hängte den Hörer ein.
    »Morgen«, sagte er. »Wir warten bis morgen. Mama Charity ist heute Abend nicht da. Sie hat ein Haus am See, dort ist aber kein Telefon. Und sie hat einen neuen Initianten, um den sie sich kümmern muss. Das ist eine sehr wichtige Woche für ihn.«
    »Warum?«, wollte Justin wissen. »Was macht er?«
    Christophe lächelte. »Er wartet auf einen Gott.«
     
    Es war die Woche seines Todes. Seine Auferstehung würde schon bald erfolgen.
    Mama Charitys Einweisung war wie ein Licht, das ihn durch einen dunklen Wald der Verwirrung geleitete. An einer Küste aus Eichen und Zypressen, einem See und Lousianamoos, hatte sie ihre Welt, in die sie ihm so bereitwillig Eintritt gewährt hatte. Er würde nicht unverändert wieder gehen.
    Sie hatten gestern begonnen, am Montag. Alte Lieder kamen nach minimaler Aufforderung aus seiner Kindheit wieder ans Tageslicht. In Mama Charitys einfachem Tempel hatten ihre Trommler rufende, donnernde Rhythmen erzeugt, während er in feierlichem Flehen getanzt hatte.
    In einem riesigen Waschzuber bekam er sein rituelles Bad. Das Wasser war mit Kräutern, Blütenblättern und Ölen parfümiert, und als er sich abgetrocknet hatte, streifte Napolean die weiße Tunika eines Novizen über. Sie roch nach Alter und Mottenkugeln. Er sang erneut die alten Worte, während er einen Palmwedel in Streifen riss und daraus eine dünne Peitsche flocht, und als sie fertig war, sagte Mama, er solle sich flach auf den Boden legen. Sie kniete über ihm und ölte seinen Kopf und seine Füße mit Wasser und mit einem grünlichen Pulver, dann malte sie auf seine Stirn, seine Brust und seine Hände die Kreuzzeichen. Leicht peitschte sie seine Beine mit der geflochtenen Peitsche, dann zog sie mit ihrer Kürbisrassel kunstvolle Muster über seinem Leib. Sie tippte ihm auf Stirn, Mund und Wange – erneut das Kreuzzeichen –, dann zog sie ihn auf die Beine.
    Sie küssten sich, einmal, ihre harten Lippen drückten sich fest gegen seine. Als er die Augen öffnete, sah Napolean die ihren mit einer wahnsinnigen Göttlichkeit in seine Seele blicken. Wie unaussprechlich königlich sie in diesem Moment wirkte. Wie stolz und furchtbar; ihr breites braunes Gesicht mit den hervorstehenden Wangenknochen glich dem einer Königin, die ihn auf eine Pilgerreise zurück zu sich selbst schickte.
    Die Trommeln schwiegen abrupt, und die Trommler umarmten ihn nacheinander. Einst

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