Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
Vom Netzwerk:
nicht geglaubt …
    Mr Mullavey, ich schätze, er weiß es. Oder er vermutet es zumindest.«
    Mullavey hatte dagesessen und zugehört, und das ganze Büro, der Turm, die Tonnen aus Stahl und Glas und Beton, schienen ihn anzubrüllen. Er hätte hier und jetzt an seinem eigenen Schreibtisch einen Herzinfarkt erleiden können, und in diesem ganz speziellen Moment hätte es ihm nicht einmal etwas ausgemacht. Wie einer dieser Japaner, die Harakiri verübten, den Tod der Entehrung vorzogen. Musste er nun die Pistole aus der unteren Schublade holen, gegen seinen Kopf richten und den Abzug betätigen, damit dies auch für ihn galt?
    Es würde nicht geschehen. Niemand würde ihn je davon überzeugen können, dass es ein schneller und schmerzloser Tod sei, sich eine Kugel ins Hirn zu schießen. Mullavey wusste, dass es sich wie eine Ewigkeit anfühlen würde, darauf zu warten, dass die Kugel auch nur den Schädel durchschlägt.
    Das konnte er nicht tun. Nicht einmal dann, als Ty Larkin das fragliche Dokument aus seiner Tasche holte und entfaltete, das er eben erst auf dem Laserdrucker in seinem Büro ausgedruckt hatte.
    Mullavey warf einen Blick darauf, erschauderte und jagte es sofort durch den Schredder.
    »Ich werde jemanden anrufen«, flüsterte er, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte. Seine Stimme machte erst deutlich, wie ihn die Sache getroffen hatte. »Tyson? Sagen Sie mir auf der Stelle, wie es so weit kommen konnte.«
    Und ausgesprochen peinlich berührt erklärte ihm Ty Larkin, was sich zugetragen haben musste. Dabei vermied er es, Mullavey in die Augen zu sehen.
    Stille, im Büro war es kalt wie bei einer Beerdigung.
    Dann: »Vielleicht, vielleicht ignoriert er es, vielleicht, ähm, vielleicht habe ich zu viel in seine Stimme hineininterpretiert, das ist möglich, das ist sehr gut möglich …«
    Und Mullavey hatte dagesessen, die Ellenbogen auf die Tischplatte gestützt, und sein Kopf fühlte sich sehr müde und schwer an. Es war fast so, als würden allein seine ausgestreckten Finger seine Wangen noch an Ort und Stelle halten. Er hörte zu, wie Larkin versuchte, ihn von einem optimistischen Ausgang zu überzeugen, wobei dieser so stark schwitzte, dass er seinen Kragen hätte auswringen können.
    »Er würde das nicht melden«, murmelte Larkin hoffnungsvoll und schob dabei seine Füße auf dem Teppich hin und her. »Würde er das? Sie glauben … äh … doch nicht …?«
    Plötzlich riss sich Larkin mit einer Selbstbeherrschung zusammen, die schon fast erschreckend war. Es war, als ob ihm klar wurde, dass er aus seiner Rolle als Komplize bei der Caribe-Vergiftung am besten wieder rauskam, wenn er einfach gestand. Bestätigte, was Leonard Greenwald auch immer herausfinden würde. Oder sollte er ihm sogar zuvorkommen? Das alles war in dem Sekundenbruchteil zu sehen, als seine Augen kurz aufflackerten, danach war es fort und gut versteckt. Aber die verräterischen Augen hatten gesprochen und das betrügerische Herz verraten.
    »Ich werde mich darum kümmern«, hatte Mullavey gesagt. Er griff nach dem Telefonhörer. »Gehen Sie nach Hause. Das ist nicht mehr Ihr Problem.«
    Tys Schritte in der Halle wurden langsam leiser. Sie schienen nicht gleichmäßig zu sein, als würde er alle paar Schritte anhalten und lauschen und danach seinen Weg fortsetzen. Er war ein nervöser Mann und hatte auch das Recht dazu, und allein für seine Sorglosigkeit hätte Mullavey ihn verdammen können. Er gab ihm eine volle Minute, zu verschwinden und außer Hörweite zu gelangen.
    Das Telefon. Die Nummer des Charbonneau’s, Nathans Privatnummer. Es war noch immer Essenszeit, und Mullavey hatte augenblicklich Nathans volle Aufmerksamkeit. Nathan rief einige Augenblicke später von einem Münztelefon zurück – er vermutete, dass man seins abhörte. Sie hassten es beide, derartige Themen am Telefon zu besprechen – man konnte sich nie wirklich sicher sein, dass die Privatsphäre gewahrt wurde –, aber in einem Notfall musste man das Risiko eingehen. Mullavey erklärte alles. Dann:
    »Wie schnell kannst du Aal an die Sache ransetzen?«, wollte Mullavey wissen.
    »Sofort.«
    »Aufgrund der Entfernung wird er sich persönlich um Greenwald kümmern müssen. Er sollte lieber jemand anderen zu Ty schicken, und das auf der Stelle. Er hat so schon genug Angst. Ich denke, er würde jedem sein Herz ausschütten, der ihm etwas anbietet, das auch nur halbwegs nach Immunität klingt.«
    Nathan knurrte mitfühlend. »Was ist mit der

Weitere Kostenlose Bücher