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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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kurze Leben und der schmachvolle Untergang der Caribe-Kaffeepads und von Carrefour Imports. Justin blieb über all das auf dem Laufenden, um sein Gewissen zu beruhigen, wie ein schuldbewusster Söldner, der sich über die Republik informierte, die er seinem Auftrag entsprechend stürzen sollte. Ihm standen verschiedene Quellen zur Verfügung: die Zeitungen von Tampa und St. Peter, die Zeitungen von New Orleans, die er kaufte, wenn er eine entsprechende Schlagzeile las, das Wall Street Journal, die wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazine und die Radiosender mit ihrer Galerie aus gut informierten, falsch informierten und nichts wissenden Sprechern.
    In nicht einmal zwei Wochen war die ganze Geschichte schon wieder so gut wie vergessen.
    Schließlich hatte man die Schuld schnell verteilt, den Schuldigen rasch gefunden. Der Gerechtigkeit war Genüge getan worden, und das nur unter minimalen Opfern. Die Öffentlichkeit war geteilter Meinung über den Selbstmord des Giftmörders in seiner Zelle. Einige waren froh, dass er den Steuerzahlern die Kosten für den Prozess und die unausweichliche Berufung erspart hatte, während sich andere um den verdienten Rechtsstreit betrogen fühlten. Nun, man kann es halt nicht allen Leuten recht machen. Und wenn die kleinen Dinge wie das Motiv und die Frage, wie dieser mental Inkompetente es geschafft hatte, zwei Monate zuvor einen einfachen, aber effektiven Raub durchzuziehen, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen, mit ihm gestorben waren, so war die Bevölkerung zumindest beruhigt, dass er tot war. Sie konnten erleichtert aufseufzen, sorglos essen und trinken … zumindest bis jemand anders auf ähnlich wahnsinnige Ideen kam.
    Und was war mit dem Händler, dem man so übel mitgespielt hatte, Christophe Granvier? Justin war sich nicht sicher; der Mann war rasch wieder aus den Medien verschwunden, der Vorhang schloss sich, nachdem er seine fünfzehn Minuten unrühmlichen Ruhm gehabt hatte. Aber Justin fragte sich das an stillen, nachdenklichen Tagen immer noch. Wenn er im Verkehr auf der Kennedy feststeckte, auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause. Oder zur Mittagszeit, wenn er rauskonnte und einige Blocks weiter nach Süden zu Davis Island fuhr, wo er am felsigen südlichsten Rand parkte, über die Bucht starrte und die kleinen Boote der mittäglichen Seefahrer beobachtete, als wären sie Tauben in einem Park.
    Hatte Granvier diesen demütigenden Geschmack des Versagens verdient, so wie Andrew Jackson Mullavey, war er genauso verderbt in seiner Seele? Würde er versuchen, sein Unternehmen neu aufzubauen? Wie viele investierte Millionen waren verloren? Und wie würde man ihn in den kommenden Wochen, Monaten oder Jahren behandeln, wenn er in eine Bank oder zu einem potenziellen Investor kam? Die Nachwirkungen der Medienberichterstattung, abfällige rassistische oder auf das Heimatland bezogene direkte oder indirekte Verleumdungen … die Verbindung zwischen dem Geschäftsmann und dem Giftmörder: Ein Haitianer könnte so verrückt sein wie der andere. Tut mir leid, das Risiko ist uns zu groß; Sie verstehen doch, es ist nichts Persönliches.
    Was war nun mit Christophe Granvier? Justin dachte sich, dass er es wohl nie erfahren würde. Aber das war eigentlich auch gut so. Justin Gray, der das Gewicht der Welt und das Ungleichgewicht jedes Gehirns auf seinen Schultern tragen musste? Vergiss es. Er hatte genug Probleme damit, sein eigenes Leben irgendwie in Ordnung zu halten.
    Und dann kam der Anruf.
    An einem Mittwochabend Anfang November, er war vielleicht zwei Stunden zuvor von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte die Hälfte der Zeit damit zugebracht, April an ihrer Staffelei mit einer Palette von Ölfarben zuzusehen. Als das Telefon klingelte, grinste sie ihn mit halb gespielter Erleichterung an, als sei er der schärfste Kritiker, dem sie sich je stellen musste.
    Er ging an den Apparat.
    »Justin? Justin?« Eine paranoide Stimme in seinem Ohr, sein Name wurde gereizt in den Hörer gesprochen. Er drehte sich automatisch um, damit ihn April nicht mehr hören konnte. Dieser Anrufer war ein ständiger Quell von Problemen, dann …
    »Leonard? Bist du das?«
    »Wir … wir müssen reden.« Leonards Stimme schien ihm nicht mehr zu gehören, es war die Stimme eines Junkies, der auf Entzug war, dem das arterielle Eiswasser aus den Poren wieder rauskam. Justin konnte ihn selbst durch das Telefon zittern hören.
    »Was ist los?«
    »Nicht über das Telefon.« Die Stimme wurde zu

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