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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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versuchte steif, sie zu strecken, und jede Faser darin protestierte.
    Das hatte er gut gemacht, Todd war im Land der Träume, aber worum zum Teufel ging es hier überhaupt? Was hatte er sich gedacht, dass er Todd so lange verprügeln könnte, bis er beichtete, irgendein verrücktes Geständnis ablegte, dass sich der falsche Kerl in einem Gefängnis in New Orleans erhängt habe?
    Okay, nun mal praktisch gedacht: Wenn er schon so weit gegangen war, dann konnte er Todd genauso gut auch gleich zum Reden bringen. Er hatte hier irgendetwas vorgehabt, so viel war offensichtlich. Doch er konnte nicht mit ihm hierbleiben. Die Putzleute hatten diese Etage noch vor sich, und das würde er nur schwer erklären können.
    Aber es würde ihm genauso schwerfallen, zu erklären, warum er ihn an Angel vorbei durch die Lobby tragen musste. Wenn er Todd nur ansah, hatte er schon das Bedürfnis, ihn allein aus Bosheit erneut zu schlagen.
    Dann kam ihm der rettende Gedanke. Justin suchte in Leonards Schublade herum und fand die halb leere Flasche Seagram’s. Er öffnete sie und goss einen Schwall daraus über Todds blutenden Mund. Dann benetzte er Todds Gesicht damit, als sei es ein Aftershave, den Überschuss wischte er mit einem Taschentuch ab. Ein weiterer Spritzer auf den Hemdkragen, danach stellte er die Flasche wieder zurück.
    Justin legte ihm einen Arm um die Schulter und hievte ihn hoch. Dann schleifte er ihn so mit weichen Knien zum Fahrstuhl. Sie waren wie die beiden letzten Überlebenden einer wilden Party, die sich nun nach Hause schleppten.
    »Was zum Teufel ist denn mit dem los?«, schrie Angel Augenblicke später, als der Fahrstuhl sie in die Lobby ausgespuckt hatte.
    »Wie lange war er schon oben, als ich ankam?«
    Angel zuckte mit den Achseln und eilte an Todds andere Seite, um ihm zu helfen. »Ich weiß nicht. Vielleicht eine halbe Stunde? Viel länger bestimmt nicht.«
    Justin steuerte auf den Haupteingang zu und hielt auch nicht an. »Er hatte bereits seine Flasche am Hals, als ich hochkam. Er wirkte ziemlich gestresst, versuchte zu arbeiten und schüttete dabei den Seagram’s in sich rein. Sollte ich etwa wissen, dass er solche Probleme hat?«
    »Und warum sieht seine eine Gesichtshälfte so mitgenommen aus?«
    »Er ist über seine Füße gestolpert und gegen seinen Schreibtisch geknallt. Ich konnte ihn ja nicht einfach dort lassen: Sonst würde er wahrscheinlich immer noch da liegen, wenn die anderen morgen früh zur Arbeit kommen.«
    »Ja. Ja.« Angel schüttelte den Kopf, es war doch immer dieselbe alte Leier. »Du bist ein guter Junge, Justin. Das ist wirklich nett von dir.«
    Oh, klar. Er holte tief Luft, als er darauf wartete, dass Angel die Tür aufschloss. Jetzt musste Todd nur ein wenig frische Nachtluft schnappen, wieder zur Besinnung kommen, und dann würde er schon alles aus ihm rausbekommen.
    »Mann, mit euch Jungs möchte ich um nichts in der Welt tauschen«, murmelte Angel. »Zu viel Stress, das ist nicht gut fürs Herz, weißt du?«
    Justin stimmte ihm zu, oh nein, oh nein, ganz und gar nicht gut. Wenn er sich und Todd so ansah, dann würden sie wahrscheinlich schon einen Bypass brauchen, wenn sie vierzig waren. Angel riet ihm, sich lieber einen anderen Job zu suchen, im Ernst, er sah ja, was sie sich antaten. Alldieweil half er ihm, Todd auf die Straße zu schleifen und in Justins Auto zu setzen. Angel war sein Komplize und wusste es nicht einmal.
    Die Lügen waren ihm wirklich glatt über die Lippen gekommen.
    Aber er war natürlich auch ein Profi.
     
    Todd begann zögernd, das Bewusstsein wiederzuerlangen, als Justin ihn die Treppe hoch und durch die Türen in das Loft gehievt hatte. Es war schon weit nach Mitternacht. Hallo Schatz, ich bin wieder zu Hause.
    April stand vor dem Sofa und legte das Buch beiseite, in dem sie gelesen hatte. Alles an ihr schien sich in Zeitlupe abzuspielen, vom Strecken ihrer Beine bis hin zu der Verwirrung, die sich auf ihrem Gesicht abzeichnete und sie vorwärtstrieb, zu ihm, völlig verstört.
    »Justin.« Ihre Stimme klang ganz schwach, sehr neutral. »Justin.«
    »Ich kann das erklären«, seine Stimme klang ebenfalls ziemlich mitgenommen, aber er hatte im Moment keine Zeit. Er zog Todd mit seinen lahmen Füßen in die Küche und setzte ihn dort auf einen Stuhl, den er schnell vom Tisch wegdrehte.
    Dann rannte er hastig zum begehbaren Kleiderschrank, aus dem er mit drei Gürteln in der Hand wieder hervorkam und sah, dass sich April gerade über Todd beugte. Sie

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