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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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aber nicht durch einen Namen gekennzeichnet wurde. 6. August. Den öffnete er und fand darin zwei Dateien. Eine hieß Hauptdatei, die andere Auszug.
    Er öffnete Hauptdatei und scrollte etwa zehn Sekunden darin herum, bis er erkannte, dass er sich gestohlene Informationen ansah.
    Produktionspläne für Caribe-Kaffeepads. Seine Hände fühlten sich nicht länger wie seine eigenen an, als er die Datei schloss und Auszug öffnete. Sie war bedeutend kleiner und hatte nicht einmal den Umfang einer Seite.
    Sie widmete sich ausschließlich der Sorte mit Mandelaroma.
    Er schloss die Augen, ließ alles auf sich einwirken und war wie erschlagen von den Informationen. Er stützte den Kopf in die Hände und fühlte sich durch und durch beschmutzt.
    Was für eine verdammte Scheiße.
    Er bewegte sich nun automatisch. Er trennte seinen Computer vom Büronetzwerk, dann verließ er sein Abteil und ging zu dem Laserdrucker an der hinteren Wand. Er schaltete ihn ein und kehrte dann zurück, um einen Druckbefehl für Auszug zu erteilen und diese Informationen schwarz auf weiß zu haben, bevor etwas Unheilvolles passieren würde, bei dem die Diskette gelöscht werden konnte. Er sah nicht in Todds Richtung, er wollte seine dummen Sprüche jetzt nicht hören, damit würde er sich erst später befassen.
    Mit dem Ausdruck in der Hand setzte er sich erneut an seinen Schreibtisch. Denk nach, denk nach; er versuchte, sich darüber klar zu werden, was am letzten Mittwoch geschehen war, als er sich ein letztes Mal mit Leonard getroffen hatte.
    Leonard hatte das offensichtlich herausgefunden. Wahrscheinlich an eben jenem Nachmittag; er hatte noch genug Zeit, dies während der Öffnungszeiten der Bank in sein Schließfach zu legen. Danach hatte er sich einige Stunden lang gequält, hin und her gerissen zwischen den beiden verschiedenen Wertvorstellungen, Mensch gegen Firmenmitarbeiter, er schwankte zwischen den beiden Polen. Aber er hatte diese Dateien doch bestimmt schon vorher gesehen. Allerdings hätte er ihnen vor den Caribe-Vergiftungen bestimmt keine Beachtung geschenkt, dessen war sich Justin sicher. Und als er die Neuigkeiten erfuhr? Vielleicht hatte Leonard sie vergessen, entweder absichtlich, oder sie waren ihm unbewusst entfallen.
    Sie waren sicherlich versehentlich auf der Diskette gelandet, Justin konnte sich das durchaus vorstellen. Bei all den Ordnern und Unterordnern verlor man genauso schnell die Übersicht über die elektronischen Informationen, wie es einem bei einem Stapel Papierkram ging, ein Computer half einem nur dabei, den Schlamassel zu zentralisieren. Wenn jemand auf Mullaveys Seite den Ordner am falschen Ort abgelegt hatte, bevor er die Informationen kopierte, die Leonard erhalten sollte, dann konnte er den ganzen Vorgang durchaus nachvollziehen.
    Aber eine Frage stellte sich trotz allem: Warum?
    Justin kopierte den Inhalt der Diskette auf eine leere, die er aus einer Schreibtischschublade holte, steckte dann das Original und die Kopie in die Tasche und schaltete seinen Mac aus. Er faltete den Ausdruck und steckte diesen ebenfalls ein; als er aufstand, kam ihm die Welt sehr klein und sehr eng vor. Niemand war ohne Schuld, keiner war unverdächtig. Dies war die Voraussetzung, um zu überleben, und es war ein ziemlich schäbiges Gefühl.
    Und auf seltsame Weise auch wie ein alter Freund, den man gleichzeitig liebte und hasste.
    »Bis morgen«, sagte er mit flacher Stimme und heiserer Kehle zu Todd. Er hörte nicht einmal, was Todd darauf erwiderte.
    Die äußere Lobby der Segal/Goldberg-Werbeagentur, der nächste dramatische Tag, war nicht mehr sehr weit entfernt. Justin hielt neben dem Gummibaum, seinen Kopf erfüllte ein endloser Tumult, doch er hatte nur einen Moment Zeit, sich zu entscheiden. Hier teilte sich der Weg, und er stand direkt vor der Gabelung: Der eine Pfad bedeutete die absichtliche Ignoranz, während der andere ihn blindlings in unbekanntes Gelände führen würde.
    Er würde sich so oder so wie ein Narr vorkommen, aber er entschied sich dann doch für den Weg, auf dem ihn sein Bewusstsein nachts schlafen lassen würde.
    Justin holte seine Schlüssel hervor und schloss die Glastüren wieder auf, um sie dann von innen erneut zu versperren. Dies tat er allein Todd zuliebe, falls dieser noch in der Kreativabteilung saß und auf das Signal wartete, dass die Luft rein war.
    So leise er konnte schlich Justin über den Teppich in der Lobby und wartete dann im Dämmerlicht. Die breiten eloxierten Fenster an der

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