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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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zurückzuhalten. Hinter Sarah Levins Trotz lauerte Panik. Und Wut. Sie hatte alles geleugnet, und falls es nötig sein sollte, würde Jenny genau das später gegen sie verwenden.
    Ruhig sagte sie: »Sie haben ziemlich erschrocken gewirkt, als ich Anna Rose erwähnt habe.«
    »Könnte das vielleicht etwas damit zu tun haben, dass Sie mir vor meiner eigenen Haustür auflauern?«
    »Haben Sie eine Idee, was Anna Rose dazu getrieben haben könnte, einfach zu verschwinden?«
    »Das ist doch lächerlich. Und nein, habe ich nicht.«
    »Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit ihr?«
    »Keine Ahnung. Im Sommer.«
    »Würden Sie das auch unter Eid sagen?«
    »Tut mir leid, Mrs. Wer-auch-immer-Sie-sein-mögen, das reicht jetzt. Sie können mich darum bitten, eine schriftliche Aussage zu machen, aber Sie können mich nicht auf der Straße ausfragen. Ich bin doch nicht blöd.«
    Sie trat durch die Tür und schlug sie unüberhörbar hinter sich zu. Eine Weile hing ihr Parfüm noch in der Luft. War Anna Rose hübsch, dann war Sarah Levin schön. Der Eindruck hatte nicht nur mit ihrem Aussehen zu tun, auch eine physische Komponente war dabei. Kein Mann und keine Frau würde an ihr vorbeigehen können, ohne sich umzudrehen, sei es aus Sehnsucht oder aus Neid. Die Fotos, die Jenny von Nazim gesehen hatte, deuteten darauf hin, dass er eine ähnliche Ausstrahlung gehabt haben musste. Auf jeden Fall hatte er besser ausgesehen als Sarah Levins gegenwärtiger Freund. Leicht vorzustellen, dass er hoffnungslos in sie verliebt gewesen war, egal was für religiöse Überzeugungen zwischen ihnen gestanden haben mochten. Und für sie, die jeden haben konnte, war er bestimmt einer der interessanteren Kandidaten gewesen.
    Jenny eilte zu ihrem Wagen zurück und holte ihr Handy heraus.
    »Alison, ich bin’s.«
    »Ich weiß, Mrs. Cooper. Ich erkenne Sie schon am Klingeln.«
    »Ich habe in Anna Roses Wohnung keine Strahlung gefunden.«
    »Überrascht Sie das?«
    Jenny ignorierte den sarkastischen Tonfall. »Gerade habe ich noch einmal mit Sarah Levin gesprochen. Mir ist eine Idee gekommen. Könnten Sie ihre Arztberichte besorgen?«
    »Ohne ihre Zustimmung?«
    »Ja.«
    Im Hintergrund versuchte Alisons Ehemann, über das Gebell eines Hundes hinweg seiner Frau etwas zu sagen. Sie rief ihm zu, er möge warten, und wandte sich dann ungeduldig wieder an Jenny.
    »Ist das nicht ein wenig ungewöhnlich, Mrs. Cooper? Sollten Sie nicht die Zeugin vorher fragen?«
    »Vergessen Sie die Regeln. Besorgen Sie mir einfach die Berichte.«
    Jenny hatte die Stadt schon wieder hinter sich gelassen und starrte durch die regennasse Windschutzscheibe auf die neblige Autobahn, als ihr plötzlich aufging, dass es nur eine Person gab, die Anna Rose und Nazim Jamal miteinander verband: der linkische Professor Rhydian Brightman. Sie wusste nicht viel darüber, wie es an Universitäten zuging, aber sie hielt es für ziemlich wahrscheinlich, dass in einer solchen Institution die Beziehungen unter den Lehrenden relativ eng waren. Brightman musste mit Sarah Levin über die gerichtliche Untersuchung gesprochen haben, wenn auch nur aus Sorge um den Ruf des Instituts. Er musste von Anna Rose gehört haben, und sollte tatsächlich jemand ihrer Karriere auf die Sprünge geholfen haben, war es mehr als wahrscheinlich, dass er seine Finger mit im Spiel gehabt hatte.
    Sie fuhr auf eine Tankstelle an der M4 und machte ein paar Anrufe. Schließlich erwischte sie den Pförtner eines der Studentenwohnheime, der sich darin gefiel, ihr mitzuteilen, dass er lieber seinen Job behalte, als die Privatnummer eines Fakultätsmitglieds herauszugeben. Jenny verlor die Geduld und erklärte ihm, dass er, würde er sich nicht innerhalb von fünf Minuten mit der Nummer zurückmelden, mit einem Besuch der Polizei zu rechnen habe.
    Brightman rief persönlich zurück. Zögernd erkundigte er sich, wie er helfen könne. Jenny entschuldigte sich dafür,ihn am Wochenende zu stören, und fragte, ob sie sich treffen könnten.
    »Was möchten Sie wissen, Mrs. Cooper? Ich kann wirklich keinerlei Informationen zum Verschwinden der beiden Jungen beitragen.«
    »Nazims Mutter wurde am Donnerstag tot aufgefunden«, sagte Jenny.
    »Oh. Die arme Frau.«
    Jenny schwieg und dachte über ihren nächsten Zug nach. Warum sollte sie ihn eigentlich nicht mit den Tatsachen konfrontieren? Früher oder später würde er sie sowieso erfahren. »Es scheint, als hätte sie kurz vor ihrem Tod Besuch gehabt. An ihrem Körper haben wir Spuren

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