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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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glaube ihr einfach nicht … Sie hatte so viele Freunde, um Himmels willen.« Alison seufzte laut. »Okay. Du gehst auf deine Weise damit um, ich auf die meine. Aber erwarte ja nicht von mir, dass ich sie mit offenen Armen empfange. Was auch immer du mir vorwerfen magst, scheinheilig bin ich jedenfalls nicht.« Sie knallte den Hörer auf den Apparat und stampfte in die Küche.
    Überrascht dachte Jenny über das Gehörte nach. War Alisons Tochter lesbisch? Das würde ihre Kratzbürstigkeit und die New Dawn Church erklären. Das Hochglanzmagazin der Gemeinde, das Alison jetzt immer auf dem Couchtisch auslegte, war voll mit Geschichten über Trunksüchtige, Drogenabhängige und Homosexuelle, die durch die Kraft des Gebets wieder auf den rechten Pfad zurückgefunden hatten. Manche Berichte, das musste sogar Jenny zugeben, waren durchaus bewegend.
    »Hallo!«, rief Jenny, als sie endlich eintrat. Sie ging zum Schreibtisch und schaute in ihren Posteingangskorb.
    Einen Moment war es still, dann kam Alison aus der Küche.
    »Mrs. Jamal hat angerufen – drei Mal. Sie glaubt, dass jemand in ihrer Wohnung war.«
    »Ich muss sowieso mit ihr sprechen. Ich werde die Anhörung auf Montag vertagen.« Jenny blätterte in drei Todesmeldungen, die sofort bearbeitet werden mussten. Ein eigentlich gesunder Zweiunddreißigjähriger war beim Joggen in den Downs tot zusammengebrochen. Ein Lieferwagen war eine Autobahnböschung hinuntergerast, und beide Insassen waren gestorben. Sie waren nicht angeschnallt gewesen. Alison hatte die Polizeifotos ausgedruckt, die man ihnen gemailt hatte: Sie zeigten zwei filigrane blutige Muster auf der Windschutzscheibe, wo die Köpfe aufgeschlagen waren.
    »Aha? Gibt es dafür einen besonderen Grund?«, fragte Alison wenig begeistert.
    »Alec McAvoy, dieser Rechtsanwalt, hat mir noch ein paar Informationen gegeben. Ich möchte sie erst prüfen, bevor ich weitere Zeugen anhöre.«
    »Ich kenne McAvoy. Er ist einer der korruptesten Anwälte, die diese Stadt je gesehen hat.«
    »Er hat erwähnt, dass Sie zu den Leuten gehörten, die ihn seiner gerechten Strafe zugeführt haben.«
    »So hat er sich vermutlich nicht ausgedrückt.« Alison starrte finster drein. »Er hat Zeugenaussagen manipuliert. Davon hat er gelebt. Das haben ehemalige Klienten von ihm mir selbst gesagt. Alles, was er Ihnen heute Nachmittag erzählt hat, würde ich mit äußerster Vorsicht genießen, Mrs. Cooper.«
    »Ich weiß, dass eine komplizierte Geschichte dahintersteckt. Ich werde nicht von Ihnen verlangen, sich weiter damit zu beschäftigen.« Jenny klemmte sich die Berichte unter den Arm. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie aber bitte die Leute darüber informieren, dass wir uns erst am Montag wieder …«
    »Darf ich fragen, was er Ihnen für Informationen gegeben hat?«
    Jenny entschied sich für die halbe Wahrheit. »Es ging um ein verdächtiges Fahrzeug, das in der Nacht, in der die beiden Jungen verschwunden sind, in der Nähe von Anwar Alis Wohnung gesehen wurde. Mir kommt es komisch vor, dass die Polizei das nicht bemerkt haben soll, obwohl doch ein Observationsteam an Ort und Stelle war.«
    »Warum fragen Sie nicht Dave Pironi? Er hat bestimmt eine einfache Erklärung dafür.«
    »Haben Sie nicht behauptet, dass faktisch die Geheimdienste den Fall übernommen hatten? Pironi wird nicht darüber sprechen wollen, oder doch?«
    Alison antwortete nicht.
    »Alles okay?«, fragte Jenny freundlich.
    »Sicher, Mrs. Cooper. Ich mache mir nur Sorgen, dass Sie auf einen professionellen Betrüger hereinfallen könnten.« Als sie das Wasser kochen hörten, drehte sich Alison um und eilte in die Küche zu ihrem Tee zurück.
    Jenny ging in ihr Büro und schloss die Tür hinter sich. Ein frischer Stapel Todesmeldungen lag auf ihrem Schreibtisch, neben dem wachsenden Berg der Korrespondenz, den sie seit Tagen mied. Sie ließ sich auf ihren Stuhl sinken und öffnete ihre E-Mails, um sich nicht an die Arbeit machen zu müssen. Zwischen belanglosem Zeug und Spam-Mails fand sie eine Nachricht von Kriminalmeister Murphy, der mehr über die Leute erfahren wollte, die sich für die gestohlene Jane Doe interessiert hatten. Dann gab es einen schwülstigen Rundbrief vom Justizministerium, der die Coroner dazu aufforderte, emotionale oder schlagzeilenträchtige Ausdrucksweisen zu vermeiden – je schlichter und routinierter, desto besser. Außerdem bat Gillian Golder um Rückruf. Sie hatte sogar ihre Durchwahl hinterlassen.
    Jenny biss in den

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