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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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verschwunden. In ihren Augen hatte er sie entweder verlassen oder führte nichts Gutes im Schilde.«
    »Und Mrs. Jamal?«
    McAvoys Miene spiegelte leichte Schuldgefühlte wider. »Ehrlich gesagt, ich bin ihr aus dem Weg gegangen. Im Zweifelsfall sollte man immer für den Angeklagten sein, aber sogar ich war allmählich der Meinung, dass die beiden in irgendein Ausbildungscamp verschwunden sein könnten.« Er starrte auf den Teich hinaus, als schmerzten ihn die Erinnerungen. »Das habe ich ihr auch gesagt … Daraufhin ist sie ausgerastet und hat mich beschuldigt, mit sämtlichen dunklen Mächten unter einer Decke zu stecken. Schließlich bot ich ihr an, auf die Sache einen Privatdetektiv anzusetzen, den ich kannte. Sie hatte fünfhundert Pfund übrig, das reichte gerade mal für zwei Tage. Aber dieser Typ – er ist mittlerweile tot – hat in St. Pauls an ein paar Türen geklopft und eine kleine alte Dame gefunden, die behauptete, in der Nacht vom 28. Juni vor ihrem Haus einen schwarzen Minivan gesehen zu haben. In der Nähe der Bushaltestelle, von der aus die Jungen immer zurück zur Uni gefahren sind, knapp zweihundert Meter von Anwar Alis Wohnung entfernt. Zwei weiße Männer hatten in dem Wagen gesessen. Nach der Beschreibung der Frau könnte es sich um einen Toyota gehandelt haben. Es war spät, und die beiden kamen ihr verdächtig vor. Sie wollte gerade zum Hörer greifen, um die Polizei anzurufen, als sie hörte, wie das Auto wegfuhr.«
    »Das ist alles?«
    »Mehr oder weniger. Ich habe bei den Verkehrsbetrieben angerufen, um mich zu erkundigen, ob die Polizei irgendwelche Busfahrer befragt hat. Es hätte ja sein können, dass auch ihnen der Wagen in der Nacht aufgefallen war. Doch mir wurde gesagt, dass man nicht darüber reden dürfe. Ich habe mich ins Zeug gelegt und ihnen erklärt, dass es keinerlei rechtliche Gründe dafür gebe, mir die Auskunft zu verweigern, aber ich habe auf Granit gebissen. Anschließend bin ich wieder zur Polizei und wollte wissen, wo das Problem sei, aber die Antwort war dieselbe. Eine Woche später betrat ein hübsches Mädchen meine Kanzlei und behauptete, sie könne einem meiner Klienten, den man damals wegen bewaffneten Raubüberfalls ranbekommen hatte, ein Alibi verschaffen. Ich habe ihre Aussage aufgenommen und wurde am nächsten Morgen splitternackt aus dem Bett geholt.Zweieinhalb Jahre lang habe ich nur meine Zelle von innen gesehen.«
    »Und Sie denken, die beiden Dinge haben etwas miteinander zu tun?«
    »Ich muss gestehen, es gab mehrere Gründe, warum die Bullen mich aus dem Weg haben wollten. Ich hatte eine Mordanklage gegen zwei Typen abgeschmettert und im Jahr darauf einen Kriminalinspektor wegen Meineid rangekriegt, und das sind nur zwei Geschichten. Aber in den folgenden sechs Monaten habe ich sie für die eigentlichen Hintergründe der Sache gehalten.«
    Jetzt war es McAvoys Blick, der unruhig durch den Raum wanderte. Erst als er sicher war, dass niemand der älteren Restaurantgäste ein verdeckter Spion war, schaute er Jenny wieder an.
    »Zwei Dinge brachten mich dazu, diese Meinung zu ändern. Zum einen war mir etwas eingefallen. Ein paar Tage bevor ich verhaftet wurde, war ich mit einem Klienten abends aus. Wir waren beide sturzbetrunken, und irgendwann klingelte mein Privathandy. Eine Stimme mit einem amerikanischen Akzent sagte: ›Was wissen Sie?‹ Ich war so hinüber, dass ich den Anrufer kaum verstand, also wiederholte er seine Worte. ›Was wissen Sie, Mr. McAvoy?‹ Keine Drohungen, nichts. Ich hielt ihn für einen Verrückten und legte auf.«
    »Wann haben Sie sich wieder daran erinnert?«
    »Irgendwann Mitte 2003. Als ich auf meiner Pritsche lag und darauf wartete, dass mein Zellenkumpan sein Geschäft beenden würde.«
    »Schön. Was war das zweite?«
    »Der Anruf ging mir nicht mehr aus dem Kopf, so wird man halt da drinnen. Die Kanzlei hatte mich rausgeschmissen, meine Frau fickte einen anderen, und ich wollte wissen,was eigentlich los war. Also habe ich wieder den Privatdetektiv angerufen – er hieß Billy Dean – und ihn gebeten, sich noch einmal umzuschauen. Vielleicht würde er ja etwas über den Anrufer oder den Toyota herausbekommen. Okay. Zuerst hat er nach dem Anrufer gesucht, aber vergeblich. Das Telefonat war mit einer dieser Pay&Go-Karten ohne Vertrag gemacht worden. Mit der Recherche zum Toyota lief es hingegen besser. Wenn man es recht bedenkt, führen nur ein halbes Dutzend große Straßen aus Bristol heraus. Zwei davon überqueren

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