Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)
für Psi, dann kam die 4 , dann fiel die 23 spiegelverkehrt, nämlich als 32 , und dann kam die 44 .«
Richard zog die Brauen hoch, vermied es aber, mich direkt anzusehen.
»Sie glauben doch nicht im Ernst«, rief Meisner entrüstet, »dass dieser grässliche Bursche die Motoren Ihres Flugzeugs gestoppt hat! Ich bitte Sie, Frau Nerz. Jetzt machen Sie mal halblang!«
»Ich weiß nur, irgendwas geht, aber es geht nicht so, wie wir es uns immer denken. Wir haben keine Macht über die Gegenstände, aber manchmal sind wir in einem verrückten System mit ihnen verbunden und treiben zusammen Schabernack. Und irgendwer glaubt, dass es geht. Nämlich der, der Katzenjacob mit den Daten beispielsweise unseres Edinburgh-Flugs versorgt hat.«
»Oiger Groschenkamp«, sagte Richard.
Wir starrten ihn an. Leute beschuldigen war an sich nicht seine Art. Er verlangte zuerst Beweise.
»Dann hätte er aber den Tod seiner eigenen Tochter in Kauf genommen«, wandte Meisner ein.
»Nein, Gesine. Eben nicht. Begreif doch: Es ist alles Fiktion. Die Daten können auch nach unserer Schottlandreise auf das iPad gelangt sein. Damit es so aussieht, als ob unsere Notlandung im Plan von Katzenjacob gelegen hätte.«
»Dann wollte er … uns gar nicht töten?«
»Nein, Lisa. Er will uns nicht töten. Es soll nur so aussehen. Er will, dass wir glauben, da gebe es eine Macht. Denn so wie wir es glauben, werden bald alle glauben, dass es diese Macht gibt, die tötet. Wir persönlich sind ihm dabei völlig egal.«
»Er hat dich gerade mit Hilfe seiner Presseorgane vernichtet, Richard. Du bist ihm nicht egal. Und ich auch nicht.«
»Doch. Wir sind nur Spielmaterial. Es geht nicht um Personen. Es geht um ein Thema, mit dem man Geld verdienen kann. Und es ist auch nicht er selbst, der da agiert. Es sind die Leute seines … ja, seines Weltreichs. Viele verschiedene. Sie handeln gemäß der Maxime: Skandale schaffen, Leute hetzen, Angst erzeugen, das Unheimliche hochschreiben. Wir werden Groschenkamp nie nachweisen können, dass er diese Kampagne befohlen hat. Groschenkamp fordert von den Blättern und Sendern, die er besitzt, einfach nur …«
Einfach!
»… dass sie Gewinn abwerfen. Wie wir gerade jetzt bei den Streiks beim Stuttgarter Anzeiger gegen Kürzungen der Einstiegsgehälter und beim Weihnachtsgeld sehen, eine Zeitung wirft nur dann Gewinn ab oder macht zunächst mal keine Verluste, wenn man wenige Leute schlecht bezahlt, aber viel Arbeit machen lässt – dann ist es eine seriöse Zeitung –, oder aber wenn man eine ordentliche Menge Leute ordentlich bezahlt und eine Zeitung vollschreiben lässt, die an die niederen Instinkte appelliert. Es funktioniert ja sogar bei uns. Wir sitzen hier und fragen uns, ob Katzenjacob seine spirituellen Finger in unserer Notlandung hatte. Es funktioniert. Und die Zeitungen werden uns von nun an immer weiter versorgen. Sie werden nur noch nach Nachrichten suchen, die bestätigen, was wir glauben sollen und wollen. Bald werden wir alles, was auf der Welt an Schrecklichem passiert, auf Juris Fähigkeiten beziehen. Wir werden gebannt auf neue Katastrophen warten, die uns die Medien pünktlich liefern.«
Meisner stöhnte. »Ich wusste gar nicht, dass du so ein Schwarzseher bist, Richard. Du machst einem ja richtig Angst. Aber es stimmt schon. Ich achte seit neuestem mehr auf das, was die Nachrichten bringen. Aber was gewinnt Groschenkamp damit?«
»Geld, Gesine. Unsicherheit und Informationshunger bedeuten hohe Auflagen, hohe Quoten, hohe Werbeeinnahmen. Außerdem hat Groschenkamp über Jahrzehnte gezielt Sicherheitsfirmen übernommen, Detektivbüros, Wach- und Schließgesellschaften, Unternehmen für Internetsicherheit, Datenschutz und Sicherheitsmanagement für Flugzeuge. Ihm gehört die Mehrheit an Inter-Q-Orporate. Die investiert derzeit in die Entwicklung von Computerprogrammen zum Schutz der Börsen vor Crashs im Computerhandel. Und der Mutterkonzern QarQ konnte sich unlängst über einen fetten Auftrag für Sturmgewehre und Polizeipistolen freuen. All diesen Unternehmen nützt es, wenn Bürger und Politiker Angst haben.«
»Groschenkamp ist über achtzig«, bemerkte ich. »Er wird nicht mehr viel von seinem Geld haben. Er hat jetzt schon mehr als genug. Das letzte Hemd hat keine Taschen. Hat er selbst gesagt.«
Richard lachte knapp. »Aber er möchte seiner Tochter eine große Tasche hinterlassen. Er möchte, dass sie ihn nicht vergisst.«
Auch eine Art von Seelenindoktrination und eine
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