Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)
weitere Art, über den Tod zu siegen. Arme Derya.
»Was ist eigentlich mit den Ermittlungen gegen das Bielefelder Abendblatt und den Guten Tag und das Büro SC & D ?«, erkundigte ich mich.
»Eingestellt«, antwortete Meisner. »Und ehrlich gesagt, ich bin heilfroh, dass derzeit Ruhe herrscht, was die Staatsanwaltschaften und die Presse betrifft.«
»Mir wäre lieber, es ginge weiter gegen uns«, sagte Richard, »und nicht so sehr um Katzenjacobs übersinnliche Fähigkeiten. Aber ich fürchte, der Zug ist abgefahren.«
Dem war nichts hinzuzufügen.
»Übrigens«, fragte ich Meisner, »war Juri Katzenjacob nun Mitte Januar in Dénia?«
»Geflogen ist er jedenfalls nicht«, antwortete sie. »Aber er könnte natürlich mit dem Auto gefahren sein. Seine ehemaligen Kollegen können nicht sagen, ob er abwesend war. Der Malerbetrieb hatte die ersten drei Januarwochen Betriebsferien. Und er selbst macht keinerlei Einlassungen.«
»Er hat Héctor umgebracht, dann Rosenfeld.« Ich wusste es gewiss. »Juri wollte das Geld auf jeden Fall, um jeden Preis. Er hat im vergangenen Sommer die Uhr auf Kalteneck mit einem Stahlstift gestoppt, damit Rosenfeld ihn zu den Versuchen zulässt und …«
»Nein«, antwortete Meisner. »Der Stahlstift, den Sie mir in den Briefkasten gesteckt haben, den hat er nicht angefasst. Die Genspuren darauf sind nicht von Juri Katzenjacob.«
»Ach so? Von wem dann?«
Meisner zuckte mit den Schultern.
»Katzenjacob fühlt sich ziemlich sicher«, versuchte ich meinen Eindruck von der Begegnung mit ihm in Worte zu fassen. »Er … glaubt, dass seine Rechnung aufgeht. Ich denke, Groschenkamp hat ihm den Anwalt besorgt.«
Richard nickte. »Nöthen gehört zu einer Anwaltskanzlei, die auch für Groschenkamp arbeitet. Er sucht sich allerdings bekanntermaßen gern selbst spektakuläre Fälle.«
»Er wird dafür sorgen«, fuhr ich fort, »dass Katzenjacob nur wegen Störung der Totenruhe verurteilt wird. Solange spielt Juri den undurchsichtigen Unschuldskerl, den die Presse zum Hexer, Totdenker und Telekinese-Teufel stilisiert. Später wird er dann in den TV-Shows der Groschenkamp-Medien auftreten. Als Magier. Es ist alles durchgeplant. Nächstes Jahr ist er wieder frei. Dann holt er sich die Million vom Schweizer Konto, die Groschenkamp ihm bereits überwiesen hat.«
»Ja, das Schweizer Konto!« Meisner warf Richard einen fragenden Blick zu. »Es läuft allerdings auf den Namen von Derya Barzani.«
»Ach! Wie das? Sie hat uns doch die Karte …« Ich schaute Richard an.
Das war es also gewesen, was er an jenem verhängnisvollen Abend unseres endgültigen Zerwürfnisses so dringend mit Derya bei Meisner zu besprechen gehabt hatte.
»Aber wieso zeigt sie uns die Karte und behauptet, sie müsse Rosenfeld gehören, weil sie in einem seiner Bücher lag?«
Nicht er, sondern Meisner antwortete mir: »Ihr Vater hat das Konto für sie in ihrer Jugend angelegt. Sie hat uns erklärt, sie könne sich nicht erinnern, davon gewusst zu haben. Möglich, dass die Karte mit der Nummer hintendrauf schon lange in ihrem Besitz sei. Sie könne sich nicht erinnern. Sie wisse auch nicht, wie sie in das Buch hineingekommen sei. Wir konnten dann immerhin klären – vielmehr sie hat es durch einen Anruf bei ihrem Vater geklärt –, dass die Überweisung der Million vom Stiftungskonto auf ihr Nummernkonto ein Versehen seinerseits gewesen sei. Als er seinen Irrtum bemerkte, habe er sofort die Summe aus seinem Privatvermögen ausgeglichen.«
Eine Seifenblase zerplatzte. Demnach hatte die Überweisung offenbar außer ihrer zeitlichen Koinzidenz nichts mit Rosenfelds Tod und dem Fall Katzenjacob zu tun. Ich ließ mich gegen die Rückenlehne fallen.
»Aber …«, fiel mir ein. »Derya muss doch gesehen haben, dass sie selbst die Nummer notiert hat. Es muss ihre Handschrift sein.«
Da endlich sagte auch Richard etwas. »In der Tat ist die Nummer wohl von Groschenkamp auf der Karte notiert worden. Ich vermute sogar, dass Groschenkamp das Konto seit einigen Jahren dazu benutzt, die Defizite des Instituts in Holzgerlingen auszugleichen. Rosenfeld ist ein paarmal in der Schweiz gewesen. Ich nehme an, er hat Geld geholt, um sein und Deryas Gehalt zu bezahlen.«
»Oje! Dann ist das ganze Institut also am Ende nichts weiter als die vom reichen Papa finanzierte Fiktion eines Arbeitsverhältnisses für Derya, damit sie ihr Reinkarnationstrauma aufarbeiten kann.«
Meisner lachte fatal. »Ja, Väter können furchtbar
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