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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Brot.«
    »Wie Sie wollen.« Beide wandten sich wieder dem Computer zu, und Derya Barzani klickte herum, bis sich Tabellen öffneten, in denen nur Zahlen standen.
    »Kann man irgendwie ersehen, um was für Experimente es sich handelt?«, fragte Richard, der bereits die Maus übernommen hatte.
    »Nein, die Wette, also die Aufgabenstellung ist mit einem Zahlenschlüssel belegt.«
    »Und eine Schlüsselnummer für jede Person, gibt es die?«, fragte ich. »Könnte man sehen, ob eine Person mehrmals getestet wurde?«
    Sie schaute sich nicht zu mir um. »Nein, die Tests sind fortlaufend chiffriert.«
    »Warum war es so wichtig, die Versuche zu anonymisieren?«, fragte ich mich laut.
    »Das hat Datenschutzgründe.«
    »Hm«, machte Richard, als hätte er die Antwort nicht schon fix und fertig verpackt. »Es könnte aber auch sein, dass die Versuche gar nicht dem Institut gehören, sondern dem Sponsor. Und der hat sich vertraglich zusichern lassen, dass er entscheidet, wann welche Daten veröffentlicht werden.«
    »Und wer ist das?«, fragte ich.
    »Wenn wir den Vertrag hätten, wüssten wir es«, antwortete Richard. »Gibt es so einen Vertrag?«
    Derya schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Und die Polizei hat doch damals alles mitgenommen. Aber ich hätte da vielleicht eine Idee.«
    »Und die wäre?«, sagte Richard mit gewinnendem Lächeln. Er lächelte überhaupt viel zu viel bei dieser Frau.
    »Héctor Quicio«, warf ich steinern in die Idylle. »Der spanische Doktorand dürfte das Passwort haben. Wir müssen ihn auftreiben.«
    »Nein, das meine ich nicht«, sagte sie, ohne mich eines Blicks zu würdigen. »Aber Finley McPierson, der hat Zugang. Er leitet die Koestler Unit in Edinburgh. Gabriel hat große Stücke auf ihn gehalten. Es gibt keinen Besseren, um Betrug zu entlarven. Er müsste von seiner Indienreise eigentlich wieder da sein. Ich könnte ihn anrufen, wenn Sie möchten.«
    Richard nickte erfreut.
    Sie stand auf. »Ich habe die Nummer in meinem Büro.« Richard erhob sich ebenfalls und folgte ihr wie ein treuer Hund.
    Ich setzte mich auf den von ihr vorgewärmten Stuhl, gab es sofort auf, die Excel-Tabelle auf dem Bildschirm verstehen zu wollen, und zog die Schreibtischschubladen auf. Krimskrams. Niemand hatte offenbar bisher den Mut gefunden, Rosenfeld aus seinem Schreibtisch zu entfernen. Eine Schublade war voller Briefumschläge, in denen meist Fotos steckten, auf denen Schatten herumhuschten und sich irgendwo Lichter ballten. Manche waren dem Poststempel nach Jahre alt. Eine andere Schublade enthielt Steine in allen Formen und Farben. Kiesel, Kugeln aus Sandstein, metallisch klirrende dunkle Röhren mit rötlichem Inhalt, melierte und gepunktete Steine. Ich nahm es zwar in diesem Moment nicht bewusst wahr, aber ich weiß, dass sich darunter ein kantiger grüner Stein mit dunkelgrünen Streifen befand, den ich für Marmor hielt, denn knapp 48 Stunden später erinnerte ich mich daran. Jetzt aber fiel mir nur eine kleine Anstecknadel auf, die in der obersten Schublade zwischen Klammeraffen, Spitzer und Klebeband klemmte. Mit spitzem Fingernagel holte ich sie heraus. Sie ähnelte einem Parteiabzeichen für den Reversknopf. Sie war aus Silber, das bereits angelaufen war, und zeigte ein aus zwei Winkeln zusammengeschobenes Quadrat mit Diagonalbalken. Ich wollte es mir gerade anstecken – als Andenken oder gemopstes Erbstück, denn Rosenfeld brauchte es ja nun nicht mehr –, da trat Richard ins Zimmer und ich fragte ihn, um mein Tun zu kaschieren: »Kennst du das?«
    Er runzelte die Stirn.
    »Also der nächste Flug nach Edinburgh«, rief Derya Barzani gleichzeitig aus ihrem Büro, »geht morgen früh um 6 Uhr 5 . Ankunft halb elf, Zwischenstopp in Amsterdam.«
    »Ach!«, entfuhr es mir. »So weit seid ihr schon?«
    »Lisa, bitte. Ich wollte dich gerade fragen, ob du …«
    »Soll ich buchen?«, rief Derya. »Es gibt nur noch ein paar Plätze.« Sie erschien in der Tür.
    Ich drehte mich um. »Und zwar für drei Personen.«
    Sie zog die Brauen hoch und schaute Richard fragend an. Der aber blickte auf seine Armbanduhr. Es war halb elf durch. »Und den Rückflug übermorgen, würde ich vorschlagen.«
    »Dann buche ich.«
    »Warten Sie!« Richard langte sich, während er aufstand, ins Jackett, holte seine Brieftasche heraus, entnahm ihr seine goldene Kreditkarte und folgte Derya. Ja, so fängt es an. Ein Mann bezahlt die erste gemeinsame Flugreise.
    Ich ließ die Anstecknadel aus Rosenfelds

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