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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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von St. Columba lautete: »Ist ein Spanier namens Héctor Quicio hier abgestiegen?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Er soll einen Spuk auf dem Friedhof untersuchen. Vielleicht haben Sie davon gehört?«
    »Nein.« Die junge Frau in der Rezeption lächelte unerschütterlich. »Hier hat es, seit ich denken kann, keinen Spuk mehr gegeben.«
    Richard entfaltete desinteressiert einen Prospekt mit Inselplan. Zwei Straßen im Ort, eine Straße gen Süden halb in die Insel hinein, ein Querweg, die Abtei. Das war’s. »Ah«, bemerkte er und deutete auf die Südspitze der Insel. »Da ist der Steinbruch. Hier hat man den grünen Marmor abgebaut.«
    Finley und Derya ignorierten seinen Beitrag zur Sinnlosigkeit dieser Reise. Grüner Marmor? In meinem Kopf funkte immerhin etwas, aber es reichte nicht für eine komplette Erinnerung.
    »Das Dinner wird bis acht Uhr serviert«, instruierte uns die Dame an der Rezeption. »Um neun ist Gottesdienst in der Abtei. Anschließend gibt es Tee und Gebäck bei uns im Aufenthaltsraum.«
    Derya wollte duschen, Finley sich die Beine vertreten. Wir verabredeten uns für in einer Dreiviertelstunde im Restaurant.
    »Dann werden wir eben alle Hotels abklappern«, seufzte ich, nachdem Richard unsere Zimmertür hinter uns zugezogen hatte.
    Er warf die Leine aufs Doppelbett. »Es gibt keinen Héctor auf Iona.«
    »Nur deshalb sind wir hier.«
    »Es ist eine Falle, Lisa.«
    »Und wer hat sie ausgelegt?«
    »Ich weiß es nicht.« Er stand mit den Händen in den Taschen am Fenster und gab sich missmutig dem Luxusblick hin. Die Wolken hatte es zerfetzt. Die Abendsonne, die noch lange nicht untergehen würde, beleuchtete Mull mit seiner sattgrünen Auflage dünner Vegetation, den rotbraunen Felsen und das dunkelblaue Wasser des Sunds.
    »Und warum tappen wir einfach in die Falle hinein, Richard?«
    »Ist dir schon einmal aufgefallen, dass wir nur dann ›einfach‹ sagen, wenn die Erklärung unseres Verhaltens höchst kompliziert wäre, viel zu kompliziert?«
    Cipión sprang an ihm hoch. Er bückte sich und streichelte ihn. Dann drehte er sich um und nahm die Leine vom Bett.
    »Und jetzt?« , fragte ich.
    »Gehen wir die Hotels abklappern. Was sollen wir sonst tun?« Seine asymmetrischen Augen blitzten. Im Gegensatz zu mir konnte er sich ohne Protest mit Situationen abfinden. Im Grunde mochte er es sogar, wenn völlig ungewiss war, was in den nächsten Stunden passieren würde, gar nichts oder die Wende im Prozess. Am Ende würde er beweisen, dass er immer Herr der Lage war. Im Unterschied zu ihm geriet ich nur deshalb angstfrei in kritische Situationen, weil ich gar nichts vorherbedachte. Ich ließ mich vor allem von meinem Protest gegen alles leiten, was verlangte, dass man es akzeptierte.
    Wir schnappten uns in der Hotelrezeption den Plan, auf dem auch Übernachtungsmöglichkeiten eingetragen waren, und wanderten ins Dorf. Möwen kreischten uns um die Ohren. »Glaubst du, dass sie Dackel fressen, Richard?«
    »Ich glaube«, entgegnete er, »dass Héctors E -Mail an Finley ein Fake war. Jemand wusste, dass wir in Edinburgh waren und uns mit Finley getroffen haben.«
    »Jemand, der sich ebenfalls für die Kalteneck-Experimente interessiert.«
    »Möglich, aber nicht zwingend, Lisa. Vielleicht sollen wir nur nicht nach Stuttgart zurückkehren. Jedenfalls nicht heute.«
    Zwischendurch betraten wir kurz das Ardoran House und fragten nach Héctor. Sie bedauerten.
    »Die E-Mail passt auffällig zu unserer Unterhaltung gestern in Finleys Büro«, sagte ich. »Wir haben über Héctor geredet, über das Book of Kells , über Symbole und über Iona. Das würde bedeuten, dass unsere Unterhaltung mitgehört worden ist. Und zwar nicht über unsere Handys. Oder hast du deins inzwischen wieder an?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Finley auch nicht, glaube ich.«
    »Derya habe ich vorhin auf dem Schiff telefonieren sehen.«
    »Ihr Ton gefällt mir nicht«, sagte ich. »Ich traue ihr nicht.«
    Richard drehte sich mit dem Rücken zum Wind, um sich unterm Jackett eine Zigarette anzuzünden. »Aber sie hat Rosenfeld nicht umgebracht.«
    »Was macht dich so sicher? Hast du den Abend mit ihr verbracht?«
    Richard bemühte ein Lächeln. »Nein, Lisa. Ich bin selber losgezogen und habe Rosenfeld totgezaubert, damit ich bei ihr freie Bahn habe. Aber sie hat ein Alibi. Sie war auf dem Weg nach Berlin.«
    »Finley hat mir vorhin erklärt, dass es durchaus möglich ist, jemanden totzuzaubern. Sie nennen es den soziokulturellen Tod

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