Totenstimmung
Tod .«
»Charles Bronson.« Ecki nickte.
»Sie klang merkwürdig. Irgendwie traurig, melancholisch. Das passt gar nicht zu ihr.«
»Hat sie vielleicht Ärger mit ihrem Mann?«
Frank zuckte mit den Schultern. »Nicht, dass ich wüsste. Sie sagt, sie fühle sich nicht gut, sie sei überarbeitet.«
»So kenne ich sie gar nicht.«
»Sie hat aber auch ganz begeistert vom Allgäu erzählt.«
»Ist ja auch schön dort.« Ecki war mit Marion und den beiden Kindern auch schon ein paarmal in Moosbach gewesen. Allerdings hatten er und Carolinas Familie sich bisher verpasst. Das fand er in Ordnung, denn er hatte sich nicht auch noch im Urlaub über seine Arbeit unterhalten wollen.
Frank öffnete die Fahrertür. »Sie hofft, dass wir in der Zwischenzeit weiterkommen.«
Horst Krämer war fünfundfünfzig, seit fast zehn Jahren arbeitslos und verdiente sich mit Mundharmonikaspielen in der Fußgängerzone etwas nebenbei. Er wusste, dass das Ordnungsamt das nicht gerne sah. Aber solange er keinen Ärger machte oder von genervten Ladenbesitzern angezeigt wurde, ließ man ihn weitgehend gewähren. Samstags stand er vor der alten Rathaustreppe und spielte für die Marktbeschicker und Einkaufsbummler, meist Volksmusik. Donnerstags war er entweder am Bahnhof zu finden oder am Brunnen auf dem Alten Markt. Dort spielte er Stücke, die an Creedence Clearwater Revival oder Bob Dylan erinnerten. Wenn genug Münzen in seiner alten Schlägerkappe gelandet waren, zog er freundlich grüßend ab.
Horst Krämer war kein begnadeter Musiker. Aber die Leute mochten ihn und sahen großzügig über seine musikalischen Schnitzer hinweg.
Der gelernte Großhandelskaufmann lebte schon lange in der Stadt, aber kaum jemand kannte ihn näher. Auch die Nachbarn in dem unscheinbaren Mehrfamilienhaus in der Rheydter Innenstadt wussten nicht viel von ihm zu berichten, außer dass er nur selten zu Hause war, nicht trank, zumindest nicht öffentlich, und dass er eines Tages einfach da gewesen war, mit seinen wenigen Möbeln und dem struppigen Mischlingshund. Man vermutete, dass er »aus der Gegend« kam, was immer das heißen mochte.
Polizeioberkommissar Gisbert Baltes hatte es besser gewusst. Er war es auch, der Frank und Ecki auf Horst Krämer aufmerksam gemacht hatte. Baltes wusste aus Gesprächen mit dem Mundharmonikaspieler, dass Krämer ursprünglich aus Emmerich kam und eine behinderte Schwester gehabt hatte, die vier Jahre zuvor gestorben war.
Das allein mache ihn noch nicht verdächtig, hatten die beiden Ermittler gemeint. Als Baltes ihnen dann aber berichtete, dass Krämer schon mal mit Behinderten am Brunnen oder auf den Rathausstufen saß und gemeinsam Musik machte, waren Frank und Ecki hellhörig geworden.
Bevor sie das Präsidium verließen, hatte Frank bei Barbara Kemmerling nachgefragt, ob ihr der Name Krämer etwas sage. Aber die Vorsitzende von Schmetterling e. V. wollte noch nie von ihm gehört haben.
»Dritter Stock.« Frank deutete auf den Eingang.
»Wo bleibt Baltes?« Ecki drehte sich um.
»Den brauchen wir jetzt nicht.«
Obwohl Frank mehrfach klingelte, öffnete niemand.
»Krämer ist bestimmt unterwegs.« Ecki gähnte.
»Dann werden wir ihn eben suchen.«
»Der kann jetzt doch überall sein. Es ist nicht Samstag und auch nicht Donnerstag.«
»Lass uns erst mal zum Rathaus fahren.«
In Ecki keimte die vage Hoffnung auf ein frisches Hefeteilchen auf. »Ich könnte jetzt einen Kaffee gebrauchen, sonst schlaf ich dir noch auf dem Bürgersteig ein.«
»Frühjahrsmüdigkeit?«
»Nee, ich komm einfach nicht zum Sport. Marion hat immer was für mich im Garten zu tun. Außerdem muss ich meinen Eltern mit den Pferden helfen.«
Das Café hatte seine Stühle und Tische weit auf den Marktplatz hinausgeschoben. Ein kluger Schachzug des Betreibers, denn die Tische des Gregorys waren fast alle besetzt.
»Und jetzt?« Ecki beobachtete durch seine Sonnenbrille die flanierenden Passanten.
»Freu dich über deinen Kaffee, der Rest wird sich ergeben.« Frank rührte in seinem Cappuccino und sah einem Pärchen hinterher, das sich im Gehen küsste. Er hatte in der Tat wenig Hoffnung, Krämer zu treffen. Aber man konnte ja nicht wissen. Baltes hatte ihnen erzählt, dass Krämer ständig in der Stadt unterwegs sei.
»Was machen eigentlich STIXS ? Ich habe schon lange nix mehr von euch gehört.« Ecki sah der Kellnerin hinterher, die ein Tablett mit Kaffee und Kuchen durch die Tischreihen balancierte.
»Wir haben einen neuen Proberaum.
Weitere Kostenlose Bücher