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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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her, die dann in Puffs oder Klubs ihre angeblichen Schulden abbumsen müssen.«
    »Das mag es geben, aber nicht mit unserer Hilfe.« Kuchenbauer blieb ruhig und sah Jasmin Köllges direkt in die Augen. »War’s das? Ich muss arbeiten. Die Räder müssen rollen, sonst gibt’s morgen bei Aldi und Lidl keine frischen Joghurts.«
    »Und?« Frank sah seine Kollegin interessiert an.
    »Sattler & Söhne sind nicht sauber. Das spüre ich.«
    Frank nickte. »Und die anderen Speditionen?«
    Jasmin Köllges räusperte sich verlegen. »Na ja, ich glaube tatsächlich, dass ich schon bei der ersten Adresse fündig geworden bin. Glück muss man haben.«
    »Und jetzt?«
    »Wir müssen eben sämtliche Unterlagen beschlagnahmen und nach Ungereimtheiten suchen. Ich bin sicher, dass wir etwas finden. Da gibt es diesen Fahrer, Heimes. Der weiß sicher etwas. Den müsste man als Erstes knacken. Der packt bestimmt aus.«
    Frank lächelte. Er musste jetzt aufpassen, dass er nicht wie ein alter Besserwisser daherkam. »Und wie sollen wir den Beschluss bei Carolina begründen?«
    »Gefahr im Verzug?«
    Frank verzog die Mundwinkel. »Inwiefern?«
    Sie zuckte mit den Schultern und ärgerte sich. Sie kam sich vor wie ein dummes Huhn. »Eigentlich habe ich mir das ja schon gedacht. Aber ich bleibe dran.«
    Frank nickte. »Das ist die richtige Einstellung.«
    »Er hat besonders heftig reagiert, als ich von Prostituierten gesprochen habe.«
    »Wer weiß, vielleicht ist Sattler & Söhne ja eine Art Drehscheibe für den Niederrhein.«
    »Du könntest mich ruhig ernst nehmen, Kollege Borsch.«
    Frank musste schmunzeln. »Ich habe das durchaus ernst gemeint. Ich find’s klasse, dass du dich so reinhängst.«
    Jasmin Köllges stand auf. »Verarschen kann ich mich allein.«
    »Hey. Das war doch nicht so gemeint. Du solltest mal die Kollegen von der OK informieren.« Dass die meisten Frauen mit Visa, wenn auch zweifelhafter Herkunft, ganz legal einreisten, sagte er Jasmin lieber nicht.
    »Du hältst mich für ziemlich naiv, stimmt’s?«
    Frank zögerte. »Die Beweis- oder Indizienlage ist einfach dermaßen dünn, dass wir so nicht weiterkommen.«
    »Und wie dann?« Jasmin Köllges wollte auf jeden Fall an der Sache mitarbeiten. Schließlich stand am Ende die mögliche Abordnung oder sogar Versetzung ins KK 11.
    »Das Transportgewerbe«, begann Frank ungewollt zu dozieren, »ist eine geschlossene Gesellschaft mit eigenen Regeln und Moralvorstellungen. Da reinzukommen ist fast unmöglich. Die kennen sich alle und helfen sich gegenseitig, Streit oder Probleme werden untereinander ausgetragen. Da haben wir kaum eine Chance. Es sei denn, man schleust jemanden ein.«
    Jasmin Köllges war sofort Feuer und Flamme. »Du meinst einen VE ?«
    Frank nickte.
    Jasmin hatte das Bild schon vor Augen: ein Polizeibeamter als Trucker, der die Szene aufmischt.
    »Ich glaube nicht, dass das LKA einen verdeckten Ermittler für so eine Sache ›verbrennt‹. Die Kollegen müssten sich da schon sicher sein, dass sich das wirklich lohnt.«
    Sie war trotzdem Feuer und Flamme. »Und was ist mit einer Vertrauensperson?«
    »Eine VP ? Das müssen auch die Kollegen von der OK einschätzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie im Milieu eine Vertrauensperson sitzen haben. Aber man weiß nie. Frag Heithausen.«
    »Kannst du das nicht für mich machen? Denen bin ich bestimmt zu grün.« Jasmin Köllges hatte keine Lust, auch von den Kollegen des KK 13 nicht ernst genommen zu werden.
    Frank nickte gönnerhaft. »Mach ich gerne.«
    Während Jasmin Köllges bei Frank Borsch saß, trank Carolina Guttat in ihrem Büro eine Tasse Tee. Sie hatte ihre Spezialmischung extra lange ziehen lassen, trotzdem zeigte sie diesmal keine beruhigende Wirkung. Immer wieder war sie von ihrem Platz aufgestanden und zum Fenster gegangen. Aber auch der Blick auf das sandfarbene wilhelminische Landgerichtsgebäude gegenüber konnte sie nicht ablenken.
    Sie war der Mappe mit den Fotos von Elvira Theissen lange ausgewichen und hatte trotzdem die ganze Zeit gewusst, dass sie sie noch einmal sehen musste. Die Augen der Toten.
    Ihre Hand, in der sie die Teetasse hielt, zitterte leicht. So konnte es nicht weitergehen. Entschlossen setzte sie die Tasse ab und griff nach der sperrigen Mappe. Fotos von Toten machten ihr in aller Regel nichts aus. Sie versuchte in ihnen nur das Produkt einer Tat zu sehen. Natürlich waren die Toten oft schrecklich zugerichtet, aber sie wollte den Begriff Opfer nicht zulassen. Er

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