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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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kurzen Schweigen hörte Frank am anderen Ende der Leitung einen tiefen Atemzug. Er sah Viola vor sich. Ob ihr Haar wieder auberginefarben war oder rot?
    »Also, rein aus dem Bauch heraus habe ich die Vermutung, dass euer Gegenüber euch etwas mitteilen, dass er mit euch Kontakt aufnehmen will. Eine Art Hilferuf. Er will, dass ihr seinem Treiben ein Ende macht. Also, die Psychologie kennt so ein Verhalten. Dass jemand unter seiner kriminellen Energie leidet, aber nicht aufhören kann. Er will, dass ihr ihn erlöst. Er hat sicher lichte Momente und weiß sehr genau, was er tut. Aber ansonsten überwiegt das kriminelle Potenzial. Das klingt jetzt sehr laienhaft. Ich kenne mich mit dem Thema noch nicht ganz genau aus. Wenn du mehr wissen willst, solltest du die Kollegen vom LKA einschalten. Die können dir den Kontakt zu einem Profiler herstellen.«
    »Geht’s dir gut?« Er hatte es nicht länger ausgehalten.
    »Ich kann dir auch eine Telefonnummer geben. Von einem meiner Dozenten, der eng mit dem LKA zusammenarbeitet.«
    »Ich habe so lange nichts von dir gehört. Ecki lässt dich auch grüßen.« Frank hatte das Gefühl, vergeblich gegen einen Gebirgsbach anzurudern. Er hatte in Violas Stimme nach einem Hinweis auf ihre Gemütsverfassung gesucht, doch ihre Stimme war dienstlich neutral geblieben.
    »Frank, sei mir bitte nicht böse, aber ich habe jetzt meine nächste Vorlesung. Ich lass dir die Nummer zukommen.«
    Damit legte sie auf.
    Frank hatte verstanden.
    Es war ein Spiel! Der treibende Rhythmus kam nicht von ihm. Blues war anders. Es ging nicht um zwölf Takte. Es ging um mehr, viel mehr. Und der Anfang und das Ende des Stückes wurden nicht von ihm bestimmt.
    Frank ließ langsam den Hörer sinken und legte schließlich auf. Er hatte sich mehr versprochen. Allerdings war er sich nicht sicher, was. Gut, dass Ecki nicht im Zimmer war und er ein paar Minuten für sich alleine hatte.
    Er betrachtete das Poster. Die Finger waren immer noch verschränkt, aber sie schienen sich nicht mehr zu berühren.
    Viola Kaumanns war weit weg. Er würde allein klarkommen müssen. Frank starrte auf den leeren Bildschirm. Es gab noch eine Menge zu tun. Er sollte endlich mit der Arbeit beginnen. Der Rest würde sich finden. Vermutlich.
    POK Anja Mertens nickte und nahm den Hamburger mit Pommes entgegen. Die Verkäuferin schickte ein geschäftsmäßiges Lächeln hinterher, das erkennen ließ, dass sie die Polizeibeamtin im gleichen Augenblick schon vergessen hatte. Anja Mertens war spät dran. Die Schlange an der Theke des Hamburgerladens war lang gewesen. Dabei hatte sie die hämischen Blicke der Kids zu ignorieren versucht, die ihr klarmachen sollten, dass auch ein »Bulle« in Uniform keine Extrawurst gebraten bekam und vor dem Hamburgergott alle gleich waren.
    Die Polizeioberkommissarin biss schon auf dem Weg zum Ausgang in ihren Hamburger und balancierte dabei ihre kleine Tüte Pommes frites. Sie wollte ihr Mittagessen gegessen haben, bevor sie den Streifenwagen erreichte. Dieter war im Augenblick auf Diät. Er hatte sich für das Fitnessprogramm des Polizeipräsidenten eingeschrieben. Obwohl ihr Kollege einem Modellathleten ähnlicher sah als einem Polizeihauptkommissar nach zwanzig Jahren Dienst im Streifenwagen. Wie er die Figur angesichts der allgemein bekannten ungesunden Ernährung von Polizeibeamten hatte halten können, war ihr schleierhaft. Sie selbst schleppte nach gerade mal drei Jahren im Schichtdienst satte vier Kilo zu viel mit sich herum. Das passte ihr zwar nicht, aber sie hatte nicht die Energie, etwas für ihre Figur zu tun. Wobei sie sich in den vergangenen Wochen immer mal wieder vor dem Spiegel erwischt hatte, wie sie versuchte, ihre Diensthemden glatt zu ziehen.
    Anja Mertens blieb einen Augenblick in der Tür stehen, um sich ein paar Fritten aus der Pappschachtel zu fischen, als sie mitten in der Bewegung innehielt. Was sie sah, ließ sie ihren Hunger vergessen. Ohne weiter nachzudenken, ließ sie sowohl den angebissenen Hamburger fallen als auch die Frittenschachtel. Mit fettigen Fingern und ohne auf eine grölende Gruppe Jugendlicher zu achten, angelte sie nach ihrem Sprechfunkgerät.
    »Dieter? Hörst du mich? Verdammt, wo steckst du?«
    Anja nahm das Sprechfunkgerät vom Ohr und sah es an, als könne sie am Zustand der kurzen Antenne erkennen, wo sich ihr Kollege aufhielt.
    »Anja?«
    Sie nahm das flache Gerät wieder an ihr Ohr.
    »Was gibt’s? Warum so aufgeregt? Haben sie dir zu wenig Pommes

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