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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Gertrud hatte für Eckis Frau Marion ein Rezept für Grillage kopiert, und das hatte er mit entsprechenden Bemerkungen zum Kaloriengehalt der legendären Eistorte gerade auf Eckis Schreibtisch gelegt.
    Bittner nickte.
    »Also auch an Unis?«
    Bittner nickte erneut. »Klar.«
    Frank sah Schrievers an. »Worauf willst du hinaus?«
    »Ich denke an Radermachers wissenschaftliche Arbeit.«
    Ecki schüttelte den Kopf. »Der hat hier gesessen. Der kann den Brief nicht bei Cengiz hinterlassen haben.«
    Nachdem Bittner gegangen war, stand Schrievers auf und wanderte im Büro auf und ab. »Ich habe keine Ruhe. Seit ich walke, habe ich sowieso das Gefühl, ich muss mich immer bewegen.«
    »Was macht dich denn so nervös?«
    »Ich kann meine Beine kaum stillhalten. Keine Ahnung. Aber das ist es jetzt nicht. Mich treibt um, was die Uhrzeit bedeutet und was der Satz mit den Schmetterlingen.«
    »Das ist eine Warnung.« Frank hatte den Gedanken an diesem Nachmittag schon Hunderte Male gehabt und mehrfach ausgesprochen.
    »Warnung, wovor?« Auch Ecki hatte seine Frage schon einige Male gestellt. »9.11 Uhr?«
    »Klingt wie 9/11.«
    »Flugzeuge über Mönchengladbach? Unsinn. Was wäre denn das Ziel?«
    Frank musste sich ablenken, vielleicht kam dann die zündende Idee. Er schlug die bluesnews auf und las die Überschrift des Features über Louisiana Red: A bluesman don’t never retire . Ein Bluesmusiker geht nie in Rente. Frank sog hörbar die Luft ein. Er fühlte sich eher wie jemand, der schon viel zu lange und mit der immer gleichen Geschichte unterwegs ist: Ein Mensch bringt einen anderen um.
    »Ich brauch ein Hefeteilchen, besser zwei. Sonst geht bei mir gar nichts mehr.« Ecki gähnte laut.
    »So kommen wir nicht weiter.« Frank schob die bluesnews zur Seite und sah den Archivar an. »Mensch, Schrievers, du machst mich mit deinem Gerenne noch wahnsinnig.«
    Schrievers blieb abrupt stehen. »In der Computer-Steinzeit, zu den C64-Zeiten, da gab es das Spiel ›Tazz‹, wenn ich mich nicht irre. Da ging es um Schmetterlinge und Bomben. Muss so um 1984 gewesen sein.«
    »Bomben und Schmetterlinge?« Ecki wurde hellhörig. »Ja, da gab’s mal was. Kann mich schwach dran erinnern. Du meinst, es gibt eine Verbindung?«
    Schrievers ging zwei Schritte und blieb wippend am Fenster stehen. »Mehr hab ich dazu nicht im Kopf.«
    Draußen saß die halbe Stadt im täglichen Feierabendstau. Die Menschen in den Bussen und Autos sahen gelangweilt und müde aus. Einige sangen stumm zu einer stummen Musik oder klopften einen Rhythmus auf ihr Lenkrad. Andere betrachteten sich ausgiebig im Rückspiegel, andere telefonierten mit dem Handy am Ohr. Wäre er noch Streifenpolizist, könnte er bequem seinen Quittungsblock für Verwarngelder abarbeiten.
    Heinz-Jürgen Schrievers drehte sich zu seinen Kollegen um. Sein Blick ging weit über das Büro hinaus. »Was soll 9.11 Uhr bedeuten? Warum ist diese Zeit so wichtig?«
    »Keine Ahnung. Klingt wie eine Ankunfts- oder Abfahrtszeit.« Ecki suchte in seinem Schreibtisch nach Süßigkeiten.
    »Ich finde den Bezug zu Ground Zero augenfällig«, beharrte Frank und betrachtete das Foto von Louisiana Red: Der Vater vom Ku-Klux-Klan ermordet, Zwangsarbeit, Koreakrieg, unehrenhafte Entlassung aus der Army.
    »Mal angenommen, du hast recht. Heißt das, dass irgendwo in der Stadt eine Bombe hochgehen wird? Im Stadion? Am Bahnhof? Wir müssen die Bahnhöfe checken.« Ecki hatte die Suche aufgegeben und machte sich Notizen.
    »Auf jeden Fall dort, wo viele Menschen sind. Um 9.11 Uhr.«
    Schrievers streckte sich. »Wo gehen in Afghanistan oder im Irak Bomben hoch? Vor Polizeistationen und auf Märkten.«
    Frank war entsetzt über seine eigene Schlussfolgerung. »Die meisten Menschen sind samstagsvormittags auf den Märkten in Rheydt und auf dem Alten Markt unterwegs.«
    Keine Stunde später saß die MK im abgeschotteten Lageraum neben der Leitstelle. Auch die Staatsanwältin war gekommen. Frank war gerade dabei, noch einmal die Ermittlungen zu referieren, als die Tür geöffnet wurde und der Polizeipräsident sich einen freien Platz suchte.
    »Wie soll das gehen, Frank?«
    »Weiß ich auch nicht, Willy, deshalb sitzen wir ja hier. Wir brauchen jetzt Ideen. Und zwar möglichst schnell.«
    Der Polizeisprecher hob die Hand. »Ich kann nur warnen, wir können nicht einfach die Wochenmärkte sperren. Das gibt ein Chaos in der Bevölkerung. Mit welcher Begründung sollen wir die Märkte absagen? Nein, das würde zu einer

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