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Totentaenze

Totentaenze

Titel: Totentaenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian , Krystyna Kuhn , Manuela Martini , Susanne Mischke
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kurz schnäuzen, also nicht wenn, sondern dann, wenn er wieder aus dem Koma aufwacht. Luis hat das Talent, immer den komischen Aspekt einer Sache zu entdecken. Aber dabei bleibt er todernst und das bringt mich dann zum Lachen. Er würde bestimmt gruselige Witze darüber reißen, wie er mit all diesen Schläuchen aussieht. »Hey, bei mir piepst es«, würde er vielleicht sagen. Verdammt, jetzt mache ich das ja schon wieder.
    Ich besuche Luis jeden Tag auf der Intensivstation und lese ihm schlechte Uralt-Witze aus einem zerfledderten Witzebuch vor. Ich hoffe, dass er meine Stimme hört und sich so über diese miesen Witze aufregt, dass er nur allein deshalb aufwacht, um mir einen besseren zu erzählen. Aber ich bin nach drei Tagen schon halb durch und bei den Blondinenwitzen angekommen und er reagiert überhaupt nicht.
    Nils findet das übertrieben von mir, aber Nils hat auch keine Geschwister. Außerdem nervt es ihn, weil es so lange dauert, bis ich vom Kreiskrankenhaus wieder zurück bin und wir uns dann weniger lange sehen können. Ich glaube, er ist ein bisschen eifersüchtig.
    Mama und Papa hingegen sind sehr froh, dass wenigstens ich so lange bei Luis bleiben kann. Die beiden zerreißen sich fast, weil sie bei Luis sein wollen, aber wegen ihrer Werbeagentur ständig zu irgendwelchen Terminen müssen.
    Manchmal, wenn ich mich an Luis’ Bett setze, bilde ich mir ein, dass ein Duft von Maiglöckchen in der Luft liegt. Vielleicht riechen die Desinfektionsmittel im Krankenhaus neuerdings nicht mehr nach Zitrone, sondern nach Maiglöckchen.
    In der Schule wollten sie mich nicht vom Nachmittagsunterricht befreien. Aber das war mir egal, ich besuche meinen Bruder trotzdem. Sollen sie mich doch bestrafen! Tatsächlich hat der Direx etwas davon gemurmelt, dass dieser Unfall ja sehr tragisch sei, aber mein Leben trotzdem weitergehen müsse. Aber wenn Luis stirbt, dann geht mein Leben nicht weiter, dann fahre ich auch mit Vollgas mit Papas Cayenne gegen einen Baum.
    Und genau das ist der Grund, weshalb Maries Leben nicht einfach so weiterlaufen darf, als wäre nichts passiert!
    Marie … Ich laufe zum Küchenfenster und schaue hinaus. Noch zwanzig Minuten, dann müsste sie kommen. Dann wird sie für ihre Gemeinheiten bezahlen.
    Als Papa der Polizei gesagt hat, er glaubt, das mit dem Auto sei einfach ein Dummejungenstreich gewesen, bin ich beinahe umgefallen. So einen Schwachsinn würde Luis nie machen, wollte ich mich einmischen. Aber dann habe ich mir vorgestellt, wie Papa darauf reagieren würde. Wie es sich für Mama und Papa anfühlen würde zu wissen, dass Luis gegen einen Baum hatte fahren wollen. Es würde für unsere Eltern alles nur noch grauenvoller machen, als es ohnehin schon ist.
    Außerdem musste ich ja erst einmal herausfinden, warum Luis hatte sterben wollen. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass Luis Geheimnise vor mir gehabt hat, aber Nils meinte, es wäre ja wohl normal, dass mein Bruder mir nicht alles anvertrauen würde. Dabei hat er mich vielsagend angegrinst.
    In dieser Nacht habe ich mich endlos lange hin und her gewälzt, weil ich darüber nachgedacht habe, ob Nils vielleicht recht haben könnte; versuchte, mich daran zu erinnern, ob an dem Abend vor dem Unfall irgendetwas anders gewesen war als sonst.
    Wir hatten Berge von feuchtem Laub zusammenrechen müssen. Luis war übermütig wie immer gewesen, hat das Laub herumgeworfen wie Konfetti und dann aus den nassen Blättern eine liegende Laubfrau mit riesigem Busen gebaut, die sogar Nils komisch fand.
    Dann bin ich mit Nils reingegangen, wir wollten für die Physikschulaufgabe lernen, haben uns aber dann vor allem auf die Gesetze der … ähh … Anziehungskraft konzentriert, während Luis im Garten allein weitergerecht hat.
    Als Nils nach Hause musste, war es schon dunkel gewesen und Luis hatte schlechte Laune gehabt. Ich hatte mich mies gefühlt, weil er die ganze Arbeit allein zu Ende gebracht hatte. Aber anstatt mich bei ihm zu bedanken oder zu entschuldigen, war ich auch noch grantig zu ihm gewesen. Weil Mama und Papa mit Kunden zum Essen waren, hatten wir uns eine Thunfisch- und eine Hawaii-Pizza aufgetaut, die wir beim DVD-Gucken gegessen haben. Im Nachhinein ist mir dann aufgefallen, dass Luis auffallend wenig über die Southpark-DVD gelacht hat, die wir uns angeschaut haben.
    Nach dieser schlaflosen Nacht, in der ich endlos vor mich hin gegrübelt hatte, habe ich Luis’ Computer durchsucht, weil ich dachte, dass ich vielleicht etwas

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