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Totentaenze

Totentaenze

Titel: Totentaenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian , Krystyna Kuhn , Manuela Martini , Susanne Mischke
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funktioniert hat. Den ganzen Tag muss ich zu irgendwelchen Untersuchungen, muss andauernd Fragen beantworten und bin einfach nur müde, als Lina mich besuchen kommt. Und sie hat Besuch mitgebracht, aber leider nicht Marie.
    Nils.
    Seine blaugrauen Augen glotzen mich hemmungslos an, als wäre ich in einem Kuriositätenkabinett ausgestellt, als Mann ohne Kopf oder Zwerg Nase. Ich will nicht, dass er näher kommt, er soll wieder gehen.
    »Lina, kann ich dich mal kurz alleine sprechen?«
    Lina zuckt mit den Schultern, Nils verdreht seine Augen und geht nach draußen auf den Gang.
    »Nils soll verschwinden!«
    »Aber warum denn?«
    »Weil …« Jetzt hätte ich beinahe gesagt, weil er böse ist, aber aus welchem Teil meines lädierten Hirns kommt das denn plötzlich? »Weil …« Was sage ich denn jetzt, was sich einigermaßen vernünftig anhört? »… ich nicht will, dass mich dein cooler Freund hier so rumliegen sieht, wie einen Haufen Scheiße, verstehst du?«
    »Jetzt stell dich nicht so an, du siehst doch ganz okay aus.«
    Nils schaut durch die obere Glassscheibe der Tür herein und ich bilde mir ein, er würde grinsen.
    Nils. Da arbeitet was in meinem Hirn.
    Vielleicht sollte ich das ausnutzen, vielleicht bringt es etwas in Gang.
    »Na gut, aber bleibt nicht zu lange, okay?«
    Lina winkt Nils rein, der bringt einen Stuhl für Lina und bleibt an meinem Bettende stehen. Es nervt tierisch, wenn man seinen Blick nach oben richten muss, um jemanden anzuschauen.
    Nils.
    »Und, Alter … wie läuft’s hier drin so?« Nils macht mit dem Zeigefinger eine kreisende Bewegung vor seinem Gesicht und tippt sich dann an die Stirn.
    Ich hasse es, wenn Nils »Alter« zu mir sagt, als wären wir die dicksten Kumpel.
    »Immer besser. Ich kann schon wieder bis drei zählen.«
    Nils lacht übertrieben laut. Lina tut auch so, als hätte ich einen Witz gemacht.
    »Und, Alter, wie läuft’s so mit den Krankenschwestern?« Nils zwinkert mir zu, damit ich auch wirklich kapiere, was er meint.
    »Spitze! Ein Pfleger schöner als der andere, interessiert?«
    Während ich antworte, blitzt etwas in meinem Schädel auf, will mir was sagen, lenkt mich ab.
    Handy. Sagt mein Hirn. Es war Nils’ Handy, das ich im Laub gefunden habe. Musste ihm beim Laubrechen rausgefallen sein. Damit fing alles andere an.
    Und plötzlich ist alles wieder da, läuft ab wie ein Film im Breitwandformat, bunt, laut und ich kann nichts anderes tun, als meine Augen zu schließen und ihn anzuschauen.
    Ich höre noch, wie Lina mit mir redet und Nils erklärt, so sei das eben mit Leuten, die im Koma waren, und dann bin ich mittendrin.
    Es dämmert schon. Lina und Nils verziehen sich kichernd nach drinnen und lassen mich draußen stehen. Wütend reche ich weiter klebrig nasses Laub zusammen. Zwischen Daumen und Zeigefinger meiner rechten Hand hat sich schon eine dicke Blase gebildet, die ziemlich wehtut. Aber wenn wir das nicht fertig machen, gibt es Ärger mit Papa. Also reche ich zähneknirschend weiter. Plötzlich macht der Rechen ein hässliches Geräusch. Metallisch kratzend. Ich beuge mich hinunter und sehe ein Handy aufblitzen.
    Nils’ Handy.
    Ich zögere keine Sekunde, nehme es in die Hand und bin entzückt, als ich feststelle, dass es an ist. Einer Eingebung folgend drücke ich mich im Menü zu seinen SMS-Nachrichten vor. Überfliege die Absender- und Empfängernamen. Eine Menge gehen auf das Konto seiner Basketballfreunde, mindestens genauso viele sind von irgendwelchen Mädchen. Besonders häufig taucht der Name Nessie auf.
    Ich werfe den Rechen zur Seite und gehe mit dem Handy rein aufs Klo, weil ich mir das Ganze ungestört ansehen möchte. Mit klopfendem Herzen ziehe ich die Badezimmertür hinter mir zu; aus Linas Zimmer ist lautes Kichern zu hören.
    Die SMS von Nessie sind ganz eindeutig, da geht es ziemlich zur Sache. Und das sind keine alten Textnachrichten, sondern topaktuelle SMS. Ich schaue mir die letzten von heute an:
    Wann sehen wir uns? HASE (Habe Sehnsucht)
    Hol dich um 23 ab, dann zum Steinsee, wie immer. vDs
(vermisse Dich sehr)
    Geht’s nicht früher? ildüaidw (ichliebdichüberallesinderwelt)
    Nein, bis später.:-x+Z (Küsschen mit Zunge)
    Widerlich. Das ist so verdammt widerlich! Übelkeit und blinde Wut steigen in mir auf. Nils schmust hier gerade mit meiner Schwester rum und schreibt sich mit dieser Nessie solche SMS! Angewidert drücke ich die Kurzmitteilungen auf Nils’ Handy weg, will nicht noch mehr davon lesen. Und es ist noch nicht

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