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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Mobiltelefon, die auf dem Beifahrersitz saß, war klein, trug eine Sonnenbrille und hatte lange strohblonde Haare. Den Fahrer konnte er nicht erkennen und auch nicht die Frau, die auf der anderen Seite im Fonds saß und ebenfalls eine Waffe in der Hand hielt.
    »Weitere Anweisungen folgen in Kürze. Führen Sie keine Telefonate. Wir sehen Sie. Machen Sie keine Dummheiten, wenn Sie Tatjana lebend wiedersehen wollen.«
    Drakič hörte nur noch das Tuten, das Gespräch war beendet. Er sah seine Schwester zu ihm herüberstarren, grau im Gesicht und mit zerzausten Haaren unter einem altmodischen Männerhut. Sie hob die Hände. Sie waren gefesselt, und über ihrem Mund spannte ein Klebeband. Sein Puls raste vor Wut, er hatte größte Lust, das komplette Magazin seiner Waffe auf die beiden Personen auf den vorderen Sitzen zu jagen – und zwang sich zur Ruhe. Er wußte, daß seine Nervosität ein Vorteil für die anderen war. Dann sah er zwei Wagen hinter dem klapprigen Volvo, der über zwanzig Jahre auf dem Buckel haben mußte, den metallicblauen Subaru mit Heckspoiler und extrabreiten Reifen. Auch seine beiden Männer schauten zu ihm hinüber, doch konnte er ihnen kein Zeichen geben, ohne seine Schwester zu gefährden. Er drehte sich zu seinem Gorilla um, der im Fond des Waggons am Fenster lehnte. Eine knappe Kopfbewegung ließ ihn sofort zu seinem Herrn kommen. Mit starrer Miene murmelte Drakič ihm etwas zu, worauf der Mann sich auf die Sitzbank gegenüber der grauhaarigen Pennerin mit dem schwarzen Hund fallen ließ und schließlich zuerst verstohlen zu dem weißen Volvo hinüberschaute und dann zu seinen Waffenbrüdern. Dem Motorradfahrer auf der Cross-Maschine weiter hinten schenkte er keine Beachtung.
    *
    Pinas Schritte hallten durch den langen Flur im fünfzehnten Stock des Krankenhauses von Cattinara. Galvano mit seinem Hund, Marietta und Sgubin folgten ihr auf den Fersen. Wie eine Corona Chefärzte auf dem Weg zum Transplantationssaal eilten sie zum Zimmer Laurentis, wiesen sich vor den wachhabenden Beamten pflichtgemäß aus, obwohl sie sich persönlich kannten, und gingen in das Krankenzimmer hinein. Marietta und Sgubin stürmten auf den Chef zu und wollten ihn umarmen, doch Laurenti hob warnend die Hand.
    »Wir haben keine Zeit für Sentimentalitäten«, sagte er. »Die Zeit läuft. Sgubin, zieh die Uniform aus und die Zivilklamotten an.« Dann wandte er sich an Galvano. »Hast du die Unterwäsche für mich dabei?« Laurenti erhob sich ächzend.
    »Und Schmerztabletten und ein Stützkorsett«, sagte der alte Gerichtsmediziner kopfschüttelnd. »Und ein paar Gramm Kokain aus der Hausapotheke, wenn du willst. Wenn du die Zähne zusammenbeißt, dann schaffst du es vielleicht.«
    Laurenti nahm kommentarlos die Wäsche, die Galvano aus der Tasche seines Trenchcoats gezogen hatte, und schaute sich verlegen um. Kein Paravent stand im Zimmer, hinter dem er seine Patientenschürze gegen die Altmännerunterhose mit dem ausgeleierten Gummizug hätte tauschen können. »Was soll’s«, sagte er schließlich. »Pina kann’s in einem ihrer Comics verwenden, und Marietta hat schon kürzere gesehen.«
    Mühsam schlüpfte Laurenti in Sgubins Uniform, der längst in Jeans und Hemd neben den anderen stand und skeptisch die langsamen Bewegungen Laurentis beobachtete. Ihre Blicke sprachen für sich. Keiner war recht davon überzeugt, daß Laurenti durchhielt. Marietta knöpfte schließlich seine Dienstjacke zu und legte ihm den Gürtel mit der Waffe um.
    »Trägst du die jeden Tag?« Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie viele Jahre vergangen waren, seit er sich zum letztenmal in den blauen dicken Stoff einer Uniform gezwängt hatte, noch dazu mit den Rangabzeichen einer nur mittleren Position. Sein Anzug hing, sorgsam in einem mottensicheren Plastiksack verstaut, zu Hause in einem Schrank, wo auch Laura ihre alten Kleider aufbewahrte, die sie nicht mehr trug und dennoch nicht weggeben wollte.
    Sgubin nickte.
    »Und benutzt du in der Kantine gelegentlich auch eine Serviette?« Laurenti kratzte an einem Fleck, der vermutlich Tomatensoße war.
    »Wenn er schon wieder zu Gemeinheiten in der Lage ist«, raunzte Galvano und gab Sgubin einen Klaps auf die Schulter, »dann hält er durch. Auf was warten wir?«
    »Also los«, sagte Laurenti und machte zur Probe und so aufrecht er konnte ein paar Schritte durchs Zimmer. »Es geht doch. Lenken Sie die Wachen ab, Pina.«
    Die kleine Inspektorin ging voraus und rief die beiden

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