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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Alba Guerra warf das Gerät vor Wut gegen die Wand, wo es in Einzelteile zersprang.
    War wirklich alles umsonst gewesen? Sie nahm eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank, lehnte sich auf die Fensterbank und schaute auf die Piazza San Giovanni hinunter. Der Regen fiel ihr ins Gesicht, doch schien sie es nicht zu bemerken. Sie mußte unbedingt eine Lösung finden. Wie würden die Leute im Solarinstitut reagieren, wenn sie ihre Beobachtung meldete? Sicher würde man sie fragen, weshalb sie hinter der Sache her war und was sie dort um diese Zeit zu suchen hatte. War es besser, selbst in dem Labor einzubrechen und ein paar Fotos zu machen, die sie dann als jene ausgeben könnte, die Babič geschossen hatte? Sie mußte sich den Mann vorknöpfen. Morgen würde sie sich an seine Fersen heften.
    *
    »Von der Oper sind es nur zwei Schritte«, sagte Petra Piskera, »und trotzdem bin ich völlig durchnäßt. Dieses Jahr wird das nichts mit dem Sommer.«
    »Was wurde aufgeführt?« fragte Pina Cardareto. Sie kannte ihre Wohnungsnachbarin erst seit vier Wochen. Ein Haus mit vielen Miniappartements, in dem jeder seine Ruhe haben wollte. Man grüßte sich höchstens flüchtig, wenn man sich im Fahrstuhl traf. Zu viele Menschen, zu viele Gesichter, kein Ort freundlicher Nachbarschaft. Pina wußte weder, wie lange Petra schon in der Wohnung nebenan lebte, noch, welchem Beruf sie nachging. Und Petra wußte nichts von ihr. Pina hatte ihr an einem Abend geholfen, als sich der Inhalt einer gerissenen Einkaufstüte auf dem Hausflur entladen hatte. Pfirsiche waren über den Boden gekullert und eine Weinflasche zu Bruch gegangen. Pina hatte sich angeboten, eine neue Tragetasche aus ihrer Wohnung zu holen und hatte auch gleich eine Kehrschaufel mitgebracht, um die Scherben zu entfernen. Und anschließend hatte Petra sie zum Dank auf ein Glas Wein eingeladen.
    Ihr Gespräch hatte sich an der Oberfläche gehalten; das Wetter, die Mode. Und beide mußten lachen, als sie sich nach ihren Berufen fragten. Im öffentlichen Dienst, hatten beide gesagt. Und dabei blieb es.
    »Und wo warst du?« fragte Petra.
    »Im Büro. Seit halb sieben heute morgen.«
    Petra sah auf die Uhr. »Fünfzehn Stunden. Alle Achtung.«
    »Die Branche boomt.«

Müllwerk

    Die Ferien waren vorbei, und die Nerven der Sonnenanbeter lagen blank. In diesem Jahr war als einziger der Sommer regelmäßig baden gegangen. Mehr Regen als Sonnenschein, und die Laune der Triestiner war im Keller. Gehörte es doch zu einem der vielen Privilegien der Stadt, daß ein sauberes und warmes Meer direkt vor der Haustür lag und fast jeder seinen eigenen Lieblingsstrand hatte, wo er den lieben Gott einen guten Mann sein ließ. Die Arbeit verdarb schließlich nicht, wenn sie ein bißchen liegenblieb – sofern eben das Wetter mitmachte. In Anbetracht der schweren Wolken hatten sich sogar die Männer wieder beruhigt, die Anfang der Saison lautstark dagegen protestierten, im »Pedocin«, der seit Maria Theresia nach Geschlechtern getrennten Badeanstalt, während der Nation’s Cup-Regatta für eine Woche ihr Abteil aufgeben und bei den Frauen baden zu müssen. In unzähligen Leserbriefen hatten sie sich über diesen anstößigen Vorschlag beschwert und verlangt, auch weiterhin unbelästigt entspannen zu können. Mit Frauen in der Nähe war das ihrer Ansicht nach unmöglich. Doch die meisten Sonnenanbeter hatten ihre Stammplätze am Lungomare von Barcola, und wieder andere richteten sich für Monate fest unterhalb der Steilküste ein, an den Nacktbadestränden, wo sie für die Saison Barbecue-Grills und Matratzen anschleppten, Lebensmittel, beeindruckende Getränkelager, sowie Kleidung zum Wechseln, damit sie morgens von dort direkt zur Arbeit gehen konnten.
    Doch in diesem Jahr stellte der Sommer neue Regeln auf. Selbst passionierte Segler, die für gewöhnlich keine Furcht vor Wind und Wetter kannten, schimpften darüber, daß sie für jeden Törn Pullover und Ölzeug einpacken mußten. Die Rudervereine an den Rive klagten über mangelnde Trainingsmöglichkeiten, dafür war der Weinkonsum in ihren Lokalen mächtig gestiegen, denn anstatt sich fit zu halten, klopften die alten Hasen nun ein Kartenspiel nach dem anderen und klebten an ihren Stühlen, als hätten sie kein Zuhause mehr. Auch Laurenti hatte drei Sonntagvormittage mit ihnen im Clublokal der »STC Cannottieri Adria 1877« verbracht, als er sein Vorhaben, den einzigen Sport wiederaufzunehmen, den er mochte, durch das schlechte Wetter

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