Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
Vom Netzwerk:
Fernsehers, dumpfes Gestöhne und spitze Schreie wie aus einem Pornofilm. »Ich frühstücke gerade.«
    »So nennt man das also?« Bevor er die Tür zuschlagen konnte, hatte Pina sie mit dem linken Bein blockiert. Sie zog den Wisch mit der Quittung aus dem Spielkasino aus ihrer Jackentasche und hielt ihn dem Hausmeister vor die Nase. »Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie in den letzten Wochen jemanden gesehen haben, der mir wiederholt solche Nachrichten in den Briefkasten geworfen hat.«
    Sie standen dicht beieinander, und Pina konnte den Atem des Mannes riechen. Restalkohol vom Vortag.
    »Ja«, sagte er.
    »Wer?« Pinas Blick flackerte auf.
    »Der Briefträger.« Wieder zog er an der Tür, doch Pina blieb wie angewurzelt stehen. »Der kommt hier nämlich jeden Tag. Nicht wie bei euch im Süden.«
    »Diese Nachrichten kommen nicht per Post. Also wer bringt sie? Ich werde bedroht.«
    »Bedroht?« Der Mann schaute den Zettel genauer an. »Aber das ist doch nur ein Witz.«
    »Könnten Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Gefallen?«
    »Würden Sie bitte den Briefkasten im Auge behalten. Von hier übersehen Sie alles.«
    »Wenn’s nur das ist.«
    »Und wenn möglich, dann bitte ich Sie in den nächsten Tagen auch nachzuschauen, wer hinter mir zur Mülltonne geht!«
    »Soweit kommt’s noch«, brummte der Mann. »Ich bin doch kein Schnüffler.«
    »Es ist wichtig. Wie Sie wissen, verlasse ich das Haus jeden Morgen zur gleichen Zeit.«
    »Und dann? Was soll ich dann tun?«
    »Vielleicht könnten Sie denjenigen, der mich verfolgt, fotografieren.«
    »Ach ja? Und mit welchem Apparat? Ich habe keinen.«
    Pina zog eine Einwegkamera aus der Tasche und drückte sie ihm in die Hand. »Das Ding funktioniert ganz einfach. Durchschauen und draufdrücken. Basta.«
    »Und warum rufen Sie nicht die Polizei, anstatt mich von dringenderen Tätigkeiten abzuhalten?«
    Pina wedelte mit einem Fünfzigeuroschein. »Deswegen. Wenn Sie scharfe Bilder liefern, bekommen Sie noch einen.« Sie stopfte den Schein in die Brusttasche des grauen Mantels und zog ihr Bein zurück. Der Mann schaute ihr nach, bis sie das Haus verlassen hatte, dann schloß er die Tür zu seinem Kabuff.
    Am Zeitungskiosk wurde Pina heute anders begrüßt. »Guten Morgen, Inspektorin«, sagte die Verkäuferin, während sie ihr lächelnd den Piccolo reichte. Woher wußte sie bloß, wer sie war?
    An der Haltestelle gegenüber stand der alte Gerichtsmediziner mit seinem schwarzen Hund an der Leine und wartete auf den Bus. Doch er würdigte sie keines Blicks, dabei mußte er sie gesehen haben. War er noch immer sauer auf sie? Pina winkte ihm mit der Zeitung in der Hand freundlich zu, aber der Alte reagierte nicht. Irgendwann würde er sich beruhigen, dachte Pina, schwang sich auf ihr Rad und fuhr hinüber zur Questura.
    *
    Laurenti war zwei Stunden überfällig, ohne seiner Assistentin Bescheid gegeben zu haben. Das war der erste Kommentar Mariettas, nachdem er abgenommen hatte.
    »Was ist los?« fragte Laurenti unwirsch und befreite sich aus Lauras Umarmung.
    »Wo steckst du bloß?« Marietta haßte es, von ihm nicht über jeden seiner Schritte informiert zu werden. »Machst du etwa schon wieder einen Ausflug über die Grenze?«
    »Ich bin bei meiner Frau, falls du nichts dagegen hast. Was liegt an?«
    »Ich habe den Termin mit den Kollegen von den Carabinieri und der Guardia di Finanza auf elf Uhr gelegt.«
    Laurenti schaute auf seine Armbanduhr. Das war zu schaffen. Er bat Marietta, die Herren zu sich ins Büro zu bitten und auch Pina zu informieren. Dann zog er sich rasch an und verabschiedete sich von Laura mit einem Kuß.
    »Vergiß nicht«, rief sie ihm hinterher, »heute abend ist die Ausstellungseröffnung deines Freundes Serse bei LipanjePuntin. Kommst du direkt vom Büro?«
    Laurenti stellte das Blaulicht aufs Dach und jagte mit heulender Sirene in die Stadt. Er wollte zumindest noch Mariettas Bericht über die Vorfälle vergangener Nacht hören, bevor die Kollegen eintrafen. Den Wagen stellte er vor der Questura in die zweite Reihe, irgendein Schlaumeier hatte wieder einmal seinen Parkplatz belegt. Den Autoschlüssel gab er dem jungen Polizisten, der in der Eingangshalle die Besucher kontrollierte, dann stürmte er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Marietta begrüßte ihn mit ihrem süffisantesten Lächeln.
    »Kein Espresso heute«, sagte Laurenti, als sie schon die Tasse in der Hand hielt. »Ich bin seit fünf Uhr auf den Beinen. Ich brauche den

Weitere Kostenlose Bücher