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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Erinnerung hilft mir dabei, den Rosengarten ohne Hyperventilieren durchqueren zu können.
    Gerade als ich denke, dass ich diese Sache wohl hinter mich bringen kann, ohne reden zu müssen, kommen wir zum Minigolfplatz und Hausprinzipal Vaughn sagt: »Wir alten Leute haben da so einen Ausdruck. Man sagt von jemandem, er sei sein Augapfel. Hast du das schon mal gehört?«
    »Nein«, sage ich. Ich frag mich, was das soll. Ich bin furchtlos.
    Du bist eine gute Lügnerin, Rhine. Du schaffst das.

    »Nun, du, meine Liebe, bist Lindens Augapfel.« Er drückt meine Schultern gütig. Ich spüre, wie sich mir Herz und Lunge zusammenziehen. »Du bist sein Liebling, weißt du.«
    Ich bleibe zurückhaltend. »Ich habe nicht gedacht, dass er mich bemerkt«, sage ich. »Er hat Cecily so gern.« Obwohl, es stimmt, Lindens Interesse schwenkt nun eher in meine Richtung. Besonders im Keller, wo er mich fast geküsst hätte. Mir ist noch immer nicht klar, ob es meine Ähnlichkeit mit Rose ist, die ihn interessiert, oder etwas anderes.
    »Er betet Cecily an, so wie ich. Sie ist so erpicht darauf, zu gefallen. Ganz entzückend, wirklich.« Cecily ist ein kleines Mädchen, das nie eine Kindheit hatte. Sie will ihrer Rolle um jeden Preis gerecht werden. Dafür würde sie alles tun, was unser Ehemann verlangt. »Aber sie ist jung. Sie muss noch so viel lernen. Gibst du mir da nicht recht?« Er erwartet keine Antwort von mir. »Und die ältere, Jenna, sie erfüllt ihre Pflichten, aber sie hat nicht ein Quäntchen von deinem Charme. Sie hat was von einem kalten Fisch, nicht wahr? Wenn es nach mir ginge, würden wir sie einfach zurück ins Wasser werfen.« Seine Finger zappeln dramatisch in der Luft herum. »Aber Linden besteht darauf, dass wir sie behalten. Er meint, sie wird sich schon fügen und ein Kind empfangen. Er war schon immer ein wenig zu mitfühlend.«
    Welch Mitgefühl. Er hat ihre Schwestern umgebracht.
    »Sie ist nur ein bisschen schüchtern«, sage ich. »Sie hat ihn gern. Sie hat Angst, etwas Falsches zu sagen. Mir erzählt sie immer wieder, sie bringe den Mut nicht auf, mit ihm zu reden.« Nichts davon ist wahr, aber ich hoffe, es
hält Vaughn davon ab, sie zurück ins Wasser zu werfen. Was auch immer er damit meint, es ist mit Sicherheit nichts, was ich ihr wünschen würde.
    »Und dann gibt es dich«, sagt Vaughn, der mir anscheinend gar nicht zugehört hat. »Intelligent. Und so hübsch.« Wir bleiben stehen und er streicht mit Daumen und Zeigefinger an meinem Kinn entlang. »Ich habe gesehen, wie er strahlt, wenn du in seiner Nähe bist.«
    Ich werde rot, was für diese Vorstellung gar nicht vorgesehen war.
    »Er denkt sogar daran, sich der menschlichen Rasse wieder anzuschließen. Er redet davon, seine Arbeit wieder aufzunehmen.« Hausprinzipal Vaughns Lächeln wirkt beinah aufrichtig. Er hakt sich erneut bei mir ein und wir gehen zwischen den Hindernissen auf dem Minigolfplatz hindurch. Grinsende Clowns, riesige Eiswaffeln, Windmühlen mit surrenden Flügeln und ein großer Leuchtturm mit einem funktionierenden Licht, das in die Bäume hineinblitzt.
    »Ich hatte einen Sohn, vor vielen Jahren … vor Linden. Stark wie ein Ochse – das ist auch so ein Ausdruck, den wir Erstgenerationer immer verwendet haben.«
    »Wirklich?«, frage ich.
    »Gesund, sein ganzes Leben lang. Das war, bevor wir begriffen, dass eine Zeitbombe in unseren Kindern tickt. Er ist ihr erlegen wie die anderen. So wie auch du glaubst, ihr zu erliegen.«
    Wir bleiben stehen, und ich folge seinem Beispiel und setze mich auf das riesige Gummibonbon, aus dem das siebte Loch besteht. »Linden ist nicht der Stärkste, aber er ist alles, was ich habe.« Da ist es wieder, sein gütiges
Greisengesicht. Wenn ich ihn nicht besser kennen würde, hätte ich Mitleid mit ihm. Aber als ich tröstend den Arm um ihn lege, ist mir vollkommen klar, dass ihm nicht zu trauen ist.
    »Vom Tag seiner Geburt an habe ich unermüdlich an einem Gegenmittel gearbeitet. Ich habe einen rund um die Uhr tätigen Stab von Medizinern, die in einem Labor forschen, während wir uns hier unterhalten. Binnen vier Jahren werde ich ein Gegenmittel gefunden haben.«
    Und wenn nicht, was dann? Ich versuche, den Gedanken wegzuschieben, dass Cecilys Baby sein neues Versuchskaninchen werden wird, wenn Linden und seine Frauen nicht mehr sind.
    Er tätschelt meine Hand. »Mein Sohn wird eine gesunde Lebenserwartung haben. Und seine Frauen auch. Du wirst eine reelle Lebenszeit haben. Du holst Linden

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