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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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Kleinen suchen«, entschied Selphyne. »Vielleicht ist sie wirklich nur an irgendeiner Bude hängengeblieben, aber mir kommt das langsam alles ziemlich verdächtig vor.«
    »Ja, teilen wir uns auf«, nickte Falfnin. »Bolgur wartet am besten hier, falls Nenia zurückkommt. In einer halben Stunde treffen wir uns an dieser Stelle wieder.«
    Damit eilten sie in unterschiedliche Richtungen davon.
    Entschlossen bahnte sich Falfnin seinen Weg durch die Straßen von Verderbnis.
    Gelächter ertönte rings um ihn her, fröhlich betrunkene Gruppen von Maskierten kamen ihm entgegen, doch die ernste Miene des Meisterdiebs verriet, dass er keinen Anteil an dem allgemeinen Trubel nahm.
    »Warum so schwermütig?«, lachte ihn eine maskierte Wichteljungfer an. »Lächle, und die ganze Welt lächelt mit dir!«
    »Ja, ja«, murmelte Falfnin. »Danke für den Tipp.«
    Die Suche nach der verschwundenen Nachtelfe war nicht der einzige Grund für seine mangelnde Feierlaune.
    Noch etwas anderes beschäftigte ihn, etwas, das bis vor kurzem in den dunkelsten Tiefen seiner Seele geschlummert hatte und nun durch die Ereignisse des letzten Tages geweckt worden war.
    Man hätte meinen können, dass er nicht zum ersten Mal in diesen Straßen unterwegs war.
    Hallo, Falfnin, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf, bei deren Klang er unwillkürlich zusammenzuckte. Ich bin die Stimme deiner Erinnerung.
    Sei still, antwortete der Meisterdieb grimmig. Ich hab jetzt keine Zeit für so was.
    Die Zeit solltest du dir aber nehmen. Vor deiner Vergangenheit kannst du nicht davonlaufen, sagte die Stimme.
    Ich laufe nicht vor meiner Vergangenheit davon, erwiderte Falfnin, innerlich mit den Zähnen knirschend.
    O doch, das tust du. Und jeder Schritt, den du dabei machst, führt dich nur zu ihr zurück.
    Falfnin blieb stehen.
    Traumwandlerisch hatten ihn seine Schritte an einen ganz bestimmten Ort geführt.
    Es war ein Park, der ruhig in der Abenddämmerung dalag, eine Insel der Stille in der lärmenden Stadt, eine Sandbank der Unveränderlichkeit im Strom der Zeit, denn dieser Ort schien sich nicht gewandelt zu haben, seitdem Falfnin zum letzten Mal hier gewesen war.
    Sein Blick fiel auf eine kleine Pagode, die auf der Kuppe eines Hügels stand und von dem Vollmond, der gerade über der Stadt aufging, in ein romantisches Licht getaucht wurde.
    Falfnins Kehle schnürte sich zu.
    »O nein«, flüsterte er.
    Ich habe es dir gesagt, flüsterte die Stimme. Vor deiner Vergangenheit kannst du nicht davonlaufen.
    Und Falfnins Gedanken kehrten zu einem sonnenwarmen Nachmittag in Verderbnis zurück, zwanzig Jahre zuvor.
    Falfnins Erste Liebe

    Mit federnden Schritten spazierte ein Wichteljüngling an einem der Hauptkanäle von Verderbnis entlang.
    An seiner Seite baumelte ein eleganter Degen, lächelnd strich er über seinen schmalen blonden Schnurrbart, der vielleicht noch etwas spärlich sein mochte, aber dennoch bereits die Männlichkeit seines Trägers betonte.
    Der Jüngling hatte auch allen Grund, zufrieden zu sein, denn erst wenige Minuten zuvor hatte er in den leidenschaftlichen Umarmungen seiner Geliebten gelegen. In seinen Ohren klangen noch ihre atemlosen Liebesschwüre nach, auf seinen Lippen spürte er ihre heißen, unersättlichen Küsse.
    Sie war die Frau eines der reichsten Adligen der Stadt, doch ihr Herz gehörte nur ihrem jungen Geliebten, wie sie niemals müde wurde zu beteuern. Bloß mit Verachtung sprach sie von ihrem betagten Ehemann und verglich seinen plumpen hässlichen Leib spöttisch mit dem schlanken, geschmeidigen Körper ihres Liebhabers, die gepuderten Perücken, unter denen ihr Gatte seinen Kahlkopf verbarg, mit der wallenden Lockenpracht ihres jugendlichen Freundes.
    Immer häufiger sprach das heimliche Paar von Flucht, wenn sie nach Stunden der Liebe glücklich und erschöpft nebeneinander im Bett lagen, und heute endlich hatten sie beschlossen, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.
    Noch vor Ablauf dieser Woche wollten sie unbemerkt aus der Stadt verschwinden, wohin, darüber hatten sie sich noch keine Gedanken gemacht, auch nicht, wovon sie in der Fremde leben wollten. Doch sie waren jung und liebten einander, und waren Liebende nicht Günstlinge der Götter?
    Der Wichteljüngling bog von der Promenade ab und durchquerte ein Netz von verwinkelten Gassen, bis er vor ein heruntergekommenes Gebäude gelangte, an dessen bröckelnder Fassade in verblichenen Buchstaben stand:
    Wai en aus Hof nungssch mmer
    Der Jüngling atmete tief ein.
    Einen

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