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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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sowieso viel härter durchgreifen. Eine echte Plage ist das. Einfach ausrotten, sag ich, wie die Ratten, dann …«
    »Pass auf, was du sagst!«, zischte Falfnin, der ihn plötzlich am Kragen gepackt hatte und einen Dolch in die Theke rammte, millimetergenau zwischen Mittel- und Zeigefinger des Orks.
    Als er die überraschten Blicke der anderen bemerkte, ließ der Meisterdieb den Ork los und räusperte sich. »Ich meine … es ist schließlich nicht ihre Schuld, nicht wahr? Ohne Familie, einsam, sich selbst überlassen … wie sollen sie da lernen, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden?«
    Der Barkeeper saugte an seinem blutenden Zeigefinger.
    »Wie auch immer«, brummte er. »Ich kann euch jedenfalls nicht weiterhelfen. Waren wenigstens die Zimmer zu eurer Zufriedenheit?«
    »Du meinst, abgesehen von den mörderischen Kindern und dem Ungeziefer?«, entgegnete Selphyne. »Den Umständen entsprechend. Bei der Gelegenheit: Ich hab ganz vergessen, der Zimmerfrau ein Trinkgeld zu zahlen. Würdest du ihr das geben?«
    Sie legte einige Kupfermünzen auf die Theke.
    »Zimmerfrau?«, fragte der Barkeeper. »Meinst du eins von unseren Mädchen? Orga!«, rief er einer spärlich bekleideten Stadtfee zu, die gerade ihren Seidenstrumpf am Bein hochzog, während ihr eine Zigarette an der Unterlippe klebte. »Haben die Dschentelmähn hier eure Dienste in Anspruch genommen?«
    »Nee«, krächzte die Fee zurück. »Die sind von der spröden Sorte, wie’s scheint.«
    »Gewollt hätte Bolgur schon«, behauptete Brom, »er war bloß zu schüchtern zu fragen.«
    »Stimmt ja gar nicht!«, grollte der Barbarenoger und wurde rot.
    »Nein, ich meine die Zimmerfrau «, sagte Selphyne. »Eine ältere, etwas rundliche Nachtelfendame. Sie hat frische Bettwäsche aufgezogen.«
    »Fri-sche Bett-wä-sche?«, wiederholte der Ork ratlos. »Keine Ahnung, wovon du sprichst. Bei uns arbeitet keine ältere Nachtelfendame.«
    »Aber sie war doch bei uns im Zimmer …«, beharrte Selphyne.
    »Wer immer das war, sie arbeitet jedenfalls nicht in der Purpurschnecke«, erwiderte der Ork. »Übrigens hab ich jetzt auch mal eine Frage an euch: Was soll ich mit dem da machen?« Sie folgten seinem ausgestreckten Finger mit den Blicken. »Wir haben versucht, ihn in die Rumpelkammer zu stellen, aber er wiegt ja mindestens eine Tonne. Wär nett, wenn ihr ihn wieder zurückverwandeln oder wenigstens wegschaffen könntet. Das hier ist schließlich ein Amüsierbetrieb und kein verdammtes Museum. Außerdem war er immer ein guter Kunde. Hat ohne zu meckern bezahlt und nie irgendwelchen Stress gemacht.«
    »Genau«, pflichtete Orga, die paffende Stadtfee, ihm bei. »Und seine Extrawünsche waren auch halbwegs zivilisiert. Ich mein, relativ gesehen.«
    Selphyne trat näher an das statueske, in Frage stehende Objekt heran.
    »Mir gefällt er so ganz gut«, fand sie und sah dem Standbild in die erstarrten Augen. »Da er Frauen ja anscheinend gerne wie Objekte behandelt, ist es sicher mal eine interessante Erfahrung für ihn, eine Zeitlang selbst ein Objekt zu sein.«
    Wie bereits erwähnt, hatten die Bildhauer der Fernen Länder zu allen Zeiten eine Vorliebe für die Darstellung tragischer Gestalten.
    Doch selten war es ihnen gelungen, in ihren Werken so viel Furcht und Schaudern zum Ausdruck zu bringen, wie die, nicht bloß bildlich gesprochen, versteinerte Miene des unglücklichen Wichtels erkennen ließ.
    Zweifellos dachte er noch immer über die letzte von ihm überlieferte Äußerung und ihre verheerenden Folgen nach: »Entschuldigung, Frollein, wären Sie frei, und falls ja, was würde eine Stunde bei Ihnen kosten, mit allem Drum und Dran?«
    Nicht unbedingt hoher Tragödienstil, aber dennoch in gewisser Weise tragisch.
    »Also, fassen wir zusammen«, sagte Selphyne, während sie über eine der großen Promenaden von Verderbnis schlenderten. Sie hatten den Tag mit der weiterhin vergeblichen Suche nach der Schwarzen Viper verbracht, nun war die Dämmerung hereingebrochen, und das Fest der Masken nahm langsam seinen Anfang. Horden Maskierter machten bereits die Straßen unsicher.
    »Wir sind gerade erst in der Stadt angekommen, da überfällt uns auch schon eine mörderische Kinderbande. Dann gibt es da diese mysteriöse Zimmerfrau, die einfach mal kurz auftaucht und unsere Betten bezieht, wieso auch immer.«
    »Reichlich undurchsichtig«, kommentierte Brom, eine besonders üppig gestaltete Statue von Uhh, der Göttin der Schamlosen Lust, interessiert

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