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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Außenwänden ihres Hauses befanden. Vorher hatte sie sich deswegen keine Gedanken gemacht, aber jetzt ging ihr auf, dass es Wühlmauslöcher sein konnten. Was war, wenn Emil und Linda gebissen wurden?
    Hin und wieder wanderten ihre Gedanken zu Clarence Haag. Aber das Telefon blieb still und es kamen auch keine Mitteilungen über die Haussprechanlage. Auch wenn sie sich immer noch über Himberg ärgerte, musste sie zugeben, dass Ragnarsson in gewisser Weise Recht hatte. Sie hatte aus einem spontanen Gefühl heraus gehandelt. Begründet sicherlich durch die entsetzlichen Stunden damals, als ihre Tochter Linda verschwunden war. Stunden der Ungewissheit. Das normale Verfahren, wenn ein Mann nach einem Restaurantbesuch verschwindet, ist natürlich abwarten und mal sehen, was nach einem Tag daraus geworden ist. Trotzdem spürte Maria ganz deutlich, dass es sich hier um etwas anderes als einen normalen Fehltritt nach einem durchzechten Abend handelte. Das Problem war nur, wie sie diesen Standpunkt Ragnarsson gegenüber erklären sollte.
    »Das sagen sie doch immer: Ja, der Clarence, der passt beim Alkohol sehr auf. Und dann, wenn der Ehemann wieder auftaucht, kommt heraus, dass er alles getan hat, was man ihm nie zugetraut hätte«, meinte der Kommissar. Nein, in diesem Punkt verließ sie sich mehr auf Rosmarie Haag als auf ihren Chef. Rosmarie schien sich irgendwie mehr wegen des Trinkens, das man ihrem Mann unterstellte, Sorgen zu machen, als wegen seines Verschwindens an sich.

    Während der Mittagspause befand sich Maria Wern daher im elegantesten Restaurant der Stadt, in der Goldenen Traube. Sie hatte sich das Tagesmenü bestellt, das billigste, ein Bauernfrühstück für 85 Kronen, und das riss trotzdem ein ordentliches Loch in die schmale Brieftasche. Der Oberkellner höchstpersönlich war zur Stelle und führte sie an den Tisch, an dem Clarence Haag und der Mann mit der Mütze am Abend vorher gesessen hatten. Clarence mit dem Rücken zur Tür und der Mann mit der Mütze ihm gegenüber. Neben dem Tisch standen, um den Platz ein wenig hübsch zu machen und Abstand von den anderen Tischen zu schaffen, ein kleinblättriger Gummibaum in einem großen Topf und daneben zwei Exemplare einer kleineren Palme, deren Namen Maria nicht kannte. Die Töpfe standen in riesigen Terrakottaschalen direkt hinter dem Stuhl des Mützenmannes. Das Blumenwasser des Gummibaums sah eher rot als erdfarben aus. Maria steckte den Finger hinein und roch daran. Sie war verwirrt und probierte die Flüssigkeit. Zweifellos Rotwein! Es musste auch eine größere Menge gewesen sein, wenn die Flüssigkeit durch die ganze Blumenerde gesickert war und trotzdem die Schale füllte. Warum hatten die Herren so teuren Wein bestellt und ihn dann in die Blumenerde geschüttet? Einer armen Kriminalinspektorin gab so etwas zu denken. Warum hatte der Mützenmann Clarence ein Taschentuch vor den Mund gehalten, wenn der sich gar nicht übergeben wollte? Was konnte den Grundstücksmakler Clarence Haag veranlasst haben, eine solche Behandlung zu akzeptieren? War das irgendein Scherz? Was kann man in einem Taschentuch verstecken? Eine Pistole? Eine kleine Browning kann durchaus in der Hand unter einem Taschentuch verborgen werden. Mit einer solchen Theorie zu Kommissar Ragnarsson zu kommen könnte natürlich das Todesurteil bedeuten. Es konnte ja auch so sein, dass den Herren der Jahrgangswein des Oberkellners nicht geschmeckt hatte und sie ihn heimlich weggegossen hatten, um den Mann nicht zu kränken. Maria nahm mit ihrem Dessertlöffel ein wenig von der Blumenerde auf ihren Teller und verteilte sie in kleine spitze Haufen. Hackte die Haufen auseinander und glättete sie. Der Mann am Tisch neben ihr beobachtete interessiert ihre Arbeit.
    »Mit dem Servieren dauert es hier immer ein Weilchen, aber ich kann garantieren, dass sich das Warten lohnt«, lächelte er aufmunternd. Maria lächelte zurück.
    »So was passiert, wenn man in anderen Umständen ist, man sehnt sich nach Mörtel und allem Möglichen.« Eigentlich wusste sie nicht, warum ihr das gerade einfiel. Aber sie hatte nicht geschwindelt. Sie hatte nicht gesagt, dass sie selbst in anderen Umständen war, lediglich dass dann so etwas vorkam.
    »Ich weiß, wie das ist. Als meine Lebensgefährtin ein Kind erwartete, musste ich mitten in der Nacht rausgehen und salzige Lakritze kaufen.«
    Das Bauernfrühstück wurde auf einem angewärmten Teller serviert. Für 85 Kronen hätte die rote Bete mindestens in Scheiben

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