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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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seinen Blick unzweideutig über Marias Körper wandern.
    »Dann möchte ich wissen, in welcher Absicht ein Polizist mit der speziellen Datei drohen sollte? Du hast da vielleicht deine eigene Homepage, die du Rosmarie Haag zeigen wolltest? ›Örjans romantisches Plätzchen?‹«
    Kriminalinspektor Arvidsson, der lange versucht hatte, sich auf die Tageszeitung zu konzentrieren, erhob sich in voller Länge. Sah sich um mit einem Blick, der alles sagte, und verließ den Aufenthaltsraum. »Tollhaus!«, hörten sie ihn murmeln, bevor er die Tür hinter sich schloss.
    Musste das Leben so fürchterlich kompliziert sein? Arvidsson sank an seinem Schreibtisch zusammen und stützte den Kopf in seine hohlen Hände. Er seufzte laut. Er hätte etwas zu Marias Verteidigung sagen müssen, aber das war eben unmöglich, ohne dass er rot wurde. Verdammt, wie er seinen Körper hasste, der alles verriet. Das Hemd war unter den Achseln feucht vom Schweiß. Wie konnte er mit Maria tagsüber ganz normal zusammenarbeiten, wenn sie nachts die Frau seiner schlaflosen Träume war? Allein der Gedanke an ihre schlanken Fußgelenke war erregend, ebenso die langen hellen Haare, die manchmal, wenn sie hochgesteckt waren, den unwiderstehlichen Nacken entblößten. Wenn sie lachte, bekam er Gänsehaut, so schön war sie! Wie konnte er neben so einem Geschöpf leben, ohne es berühren zu dürfen?
    Sie hatte zwei kleine Kinder, den fünfjährigen Emil und die zweijährige Linda. Das nahm ihm neben dem EDV-Berater Krister Wern jede Chance. Wenn nicht die Kinder gewesen wären, hätte er wohl allen Mut zusammengenommen und wäre irgendwann in die Offensive gegangen. Jetzt hieß es einfach, sich zusammenzunehmen, auch wenn er dadurch langweilig und steif wirkte. Arvidsson biss sich auf die Innenseite der Backen. Wurde es schlimmer, dann hielt er es hier nicht länger aus. Ihm blieb dann nur die Möglichkeit, sich versetzen zu lassen.
    Bis zur Mittagspause kümmerte sich Maria um die Papierstapel auf ihrem Schreibtisch, beinahe vierzig Vorgänge, von denen statistisch gesehen nur etwa zehn dem Staatsanwalt zur Beurteilung vorgelegt wurden. Etwa drei Viertel der Anzeigen, die erstattet wurden, mussten aus Mangel an Beweisen zu den Akten gelegt werden. Entmutigend und manchmal auch peinlich. Als Ermittler hat man meist nur die Möglichkeit, sich mit dem Anzeigenden nach einem Monat oder noch später in Verbindung zu setzen, sofern nicht jemand physisch verletzt worden ist. Die Spuren sind kalt. Die Zeugen können sich nicht mehr erinnern. Man könnte sich viele Stunden Arbeit ersparen, wenn sofort nach der Anzeige eine gründliche Untersuchung des Tatortes stattfinden würde. Nervöses Warten und viele ungeduldige Anrufe könnten vermieden werden. Eine Zeitersparnis sowohl für den Anzeigenden als auch für die Polizei. Aber um das zu schaffen, durfte man nicht im Rückstand sein. Der Gedanke, vorbeugend zu arbeiten, wenn man nicht mal die laufenden Arbeiten schaffte, war erst recht unrealistisch. Maria nahm die obersten Vorgänge vom Stapel: ein Einbruch in einem Sommerhaus, Trunkenheit und Missbrauch in Videvägen, ein weiterer Einbruch in Bredströms Juweliergeschäft und als Sahnestück obendrein der Versuch, böhmische Wüstenmäuse über das Internet zu verkaufen. Man sollte meinen, dass der Käufer beim Wort Wüste in Zusammenhang mit Böhmen reagiert haben müsste, aber das war nicht der Fall gewesen. Der gutgläubige Käufer hatte seine Lieferung mit Mäusen erhalten, war gebissen worden und hatte ein schweres Nierenleiden, Nephropathia epidemica, bekommen. So stand es im Laborbericht der Infektionsklinik. Dort war zu lesen, dass es sich um den Biss einer gewöhnlichen Wühlmaus handelte. Diese Art von Nierenleiden war andererseits durchaus ungewöhnlich und nicht zu bagatellisieren. Sie konnte neben Fieber auch zu Koagulationsstörungen und Nierenversagen führen, was für den Patienten dann Intensivstation bedeutete. Der Erkrankte forderte Schadenersatz. In diesem Zusammenhang hatte die Mutter des von den Wühlmäusen Gebissenen die Untiere als Beweismaterial mit auf die Polizeiwache in Kronköping gebracht. Ragnarsson hatte schadenfroh entschieden, dass Maria sich der Frau und der Pelztiere annehmen musste. Sicher in der Hoffnung, dass sie Angst vor Mäusen hatte. Maria war von den langen gelben Zähnen der Tiere fasziniert gewesen. Die sahen alle aus wie Kettenraucher. Aber sie schüttelte sich, als sie an die Löcher dachte, die sich an den

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