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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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dringend sprechen wollte?« Maria hörte, wie hart und grell ihre Stimme wurde.
    »Was?«
    »Ninni Holm!«
    »Ninni Holm, was hat die mit der Sache zu tun?« In Kristers offenen Mund hätten sicher fünf Tischtennisbälle gepasst, wenn er versucht hätte, sie da hineinzudrücken. »Was meinst du eigentlich?«
    »Sie hat hier angerufen!«
    »Ich verstehe nicht. Wir sprechen hier von Operationsrisiken, und dann sagst du einfach Ninni Holm. Wollte sie, dass ich sie anrufe? Nicht schon wieder! Die müsste den Grundkurs wiederholen, ehe sie sich an anspruchsvollere Dinge macht.«
    »Das ist ja gut möglich. An was für anspruchsvollere Dinge denkt sie denn, was meinst du?« Maria blickte Krister scharf an.
    »Unter anderem an Programmieren. Warum willst du gerade jetzt darüber sprechen? Ich verstehe dich einfach nicht. Bist du völlig durchgedreht? Geht es dir nicht gut, Maria? Du glaubst doch nicht etwa …? Das kannst du einfach nicht glauben – nein, Maria, jetzt bist du aber völlig auf dem Holzweg. Niemals würde ich mich auf irgendwas mit Ninni Holm einlassen.« Krister versuchte die Arme um seine Frau zu legen, aber die duckte sich elegant und trat einen Schritt zurück. Er machte einen neuen Versuch, und diesmal fing er sie und nahm sie in die Arme.
    »Was soll man davon halten, wenn du mit ihrer Telefonnummer in der Tasche herumläufst. ›Wir sehen uns!‹ Ebenso gut hätte sie ›Küsschen, Küsschen‹ schreiben können.«
    »Jetzt geht es aber los … hast du meine Taschen kontrolliert?« Krister schob Maria von sich weg, als ob sie eine Portion kalte Grütze wäre.
    »Hast du in Papas Taschen herumgesucht?«, fragte Emil, der dem Gespräch mit wachem Interesse zugehört hatte.
    »Wir sprechen später darüber«, brummte Krister.
    »Wir diskutieren das aus, wenn du dich dazu reif genug fühlst«, entschied Maria mit essigsaurer Stimme und ging in die Küche, um Kaffee aufzusetzen.
    An die Wand neben dem Kühlschrank war etwas rosa Leuchtendes genagelt, etwas Rundes, das sofort Marias Aufmerksamkeit fesselte.
    »Krister, was ist hier passiert?«
    »Ach das, das ist Lindas Schnuller, siehst du doch. Ich fand, sie ist jetzt groß genug, um ohne Schnuller auszukommen, und da ist mir eine gute Möglichkeit eingefallen, ihr den abzugewöhnen. Wenn der an der Wand festsitzt und sie da mit platt gedrücktem Gesicht stehen muss, macht das Nuckeln keinen Spaß mehr, dachte ich. Eine rein pädagogische Maßnahme. Die lass ich mir patentieren.« Linda, der der Konflikt vom Vortag anzusehen war, begann lauthals zu brüllen.
    »Was habe ich getan, um so einen Mann wie dich zu verdienen?«, stöhnte Maria.
    »Sei nicht so bescheiden. Du bist klug und hübsch und zeitweise auch richtig sanft in deinem Wesen.«
    Krister schien sich wieder völlig gefasst zu haben. Maria, die sowohl erleichtert als auch furchtbar wütend war und sich irgendwie um ihre Genugtuung und die ernsthafte Reue, die Kristers Buße hätte sein sollen, betrogen fühlte, begann vor lauter Erregung heftig zu weinen.
    »Es ist nicht leicht, mit Krister zu leben«, flüsterte sie, als er ihr übers Haar strich. In diesem Augenblick hörten sie ein Auto auf dem Hof bremsen.
    »Wenn das Mayonnaise ist, gieße ich vom Balkon aus siedendes Öl über ihn«, sagte Maria mit krächzender Stimme. Emil fand das interessant und merkte es sich: Öl auf Mayonnaise, vielleicht auch auf Biffen.

    Gudrun Werns Kopf mit der frisch gelegten Dauerwelle wurde in der Diele sichtbar, und hinter ihr tauchte Artur auf wie ein Fels in der Brandung. Einen Moment lang sah Krister richtig perplex aus, dann strahlte er.
    »Ist schön, dass ihr kommt. Ganz prima!« Maria starrte ihren Mann an, als ob er ein Verräter sei, ein Überläufer reinsten Wassers. »Wie schön, dass ihr kommt. Die Kinder gehen so gern mit euch runter an den Strand. Nicht wahr, Emil und Linda?! Wir kommen nachher mit dem Kaffeekorb hinterher.«
    Gudrun Wern sah aus, als ob dies wohl nicht ganz das war, was sie sich vorgestellt hatte. Es waren die Nachrichten aus der Zeitung über den Mord mit der Axt, die sie so früh am Morgen hergelockt hatten. Artur schien etwas auf dem Herzen zu haben, aber es dauerte bei ihm wie immer einige Zeit, bis er damit herauskam, wenn ihm nicht jemand sofort das Stichwort zuflüsterte. Da seine Frau sich stets ausführlichst über alles und jedes äußerte und lediglich sekundenlange Unterbrechungen machte, wenn sie Luft holen musste, hatte er sich daran gewöhnt, seine Sprache

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