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Totenwall

Titel: Totenwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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auch auf einem Nachbargrundstück an der Feldbrunnenstraße wuchs. Der Name fiel ihm nicht ein. Tilda hätte ihn parat gehabt. Immer wieder das Namensgedächtnis …
    Die Gartenpforte war durch einen eisernen Schnapphaken gesichert. Ein verräterisches Quietschen ertönte, als Andresen sie öffnete. Sie huschten im Schatten des Hauses über den Rasen und trafen nach wenigen Metern auf den Weg, der zu einem Pavillon am Ende des parkähnlichen Gartens führte. Das hölzerne Rondell besaß für ein Gartenhaus erstaunliche Ausmaße. Als Atelier musste es für einen Maler ideal sein, es umfasste bestimmt zwei bis drei Räume. Zur Seite öffnete sich eine kleine Veranda, die auch den Eingang markierte, ansonsten schien die Fassade allein aus gezackten Sprossenfenstern zu bestehen, unterbrochen von weiß getünchten Läden. Ein Refugium des Lichts, so wie es ein Maler brauchte.
    Hinter einem der Fenster war der flackernde Schein einer Kerze oder einer Petroleumlampe zu erkennen. Sie umrundeten das Rondell, um mögliche Fluchtwege auszukundschaften, aber es gab nur den einen Eingang hinter der hölzernen Balustrade der Veranda. Aus dem sicheren Dunkel spähte Andresen durch eine der Scheiben. Er schüttelte den Kopf und beugte sich zu Holländer: «Wir gehen zu dritt», flüsterte er. «Du behältst den Eingang im Auge. Falls er bewaffnet zur Tür kommt, schießt du …»
    Holländer nickte. Sören war mulmig zumute. Warum war er überhaupt mitgekommen? Als sie das Holzpodest der Veranda betraten, konnte er erkennen, dass August eine Hand unter den Rock geschoben hatte. Man wollte nichts riskieren. Die Bretter knarrten unter ihren Schritten. Andresen klopfte laut und deutlich gegen die Tür.
    Nichts geschah. Er klopfte lauter, die Scheiben schepperten. Die Tür wackelte in den Scharnieren. Sören konnte einen Schatten wahrnehmen. Er ballte die Fäuste in den Hosentaschen. Jemand kam zur Tür.
    Ein Riegel wurde zurückgeschoben. Die Tür öffnete sich einen Spalt. «Ja, bitte?»
    «Herr Lippstedt?», fragte Andresen. Seine Stimme klang unbeteiligt und streng.
    «Ja?»
    «Polizei! Lassen Sie uns rein!»
    «Um diese Uhrzeit? Können Sie sich ausweisen?»
    Andresen machte einen Schritt zur Seite, August schnellte hervor und trat mit voller Wucht gegen den Türflügel. Holz splitterte, die Scheiben zersprangen. Die Reste der Tür baumelten im Rahmen. Dahinter war Lippstedt. Wahrscheinlich. Sören konnte es nicht erkennen. Lippstedt lag am Boden, die Tür hatte ihn getroffen. August zögerte nicht lange. Er saß bereits auf ihm, drehte ihn auf den Bauch und legte ihm blitzschnell Fesseln an. Andresen blieb ganz ruhig. Ein eingespieltes Team, dachte Sören. Holländer stand inzwischen neben ihm, eine Karbidleuchte in der Hand, und leuchtete ins Innere des Pavillons. August packte den am Boden Liegenden und schob ihn auf einen Sessel. Lippstedt blutete an der Stirn, er war benommen. Er trug einen Morgenmantel. Sören erkannte ihn wieder.
    «Was fällt Ihnen ein», keuchte Lippstedt, als er zu sich kam.
    «Andresen. Hauptmann der Criminalpolizei.» Er hielt Lippstedt einen Ausweis hin.
    «Zu dunkel», wisperte Lippstedt, nachdem Andresen das Papier wieder eingesteckt hatte. «Und falsche Reihenfolge …»
    «Werden Sie nicht frech», meinte Andresen barsch, rückte einen zweiten Sessel heran und setzte sich Lippstedt gegenüber. Holländer hatte zwei weitere Leuchten entzündet. Langsam wurde es hell im Raum. «Kennen Sie eine Heidi Sello?»
    «Zuerst mal die Fesseln», sagte Lippstedt. «Was soll das?» Eine Blutspur lief ihm langsam die Wange herab.
    «Reine Vorsichtsmaßnahme», entgegnete Andresen. Und an August gerichtet: «Losbinden.» Der Criminale folgte der Aufforderung, nachdem er Lippstedt auf mögliche Waffen abgetastet hatte.
    Ludwig Lippstedt zog ein Taschentuch aus dem Morgenrock und tupfte sich das Blut von Wange und Stirn. «Verdammt, Sie haben mich verletzt.»
    «Ist nicht so schlimm», sagte Holländer. «Seien Sie froh, dass nichts gebrochen ist.»
    Lippstedt schaute sich um. Sein Blick fiel auf Sören, der immer noch im Türrahmen stand. «Sie? Ich kenne Sie doch …»
    «Beantworten Sie meine Frage», insistierte Andresen. «Heidi Sello!»
    «Ja doch», antwortete Lippstedt. «Sie haben mich aus dem Schlaf geholt. Einen Moment.» Er betrachtete nachdenklich sein blutiges Taschentuch.
    Sören blickte sich im Raum um. Ein Atelier, überall Rahmen, Bilder, eine Staffelei. In der Mitte des Raumes ein Podest. Ein

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