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Totenwall

Titel: Totenwall
Autoren: Boris Meyn
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flüsterte er im Vorbeigehen.
    «Wir halten die Stellung.»
    «Ist das nicht zu auffällig?»
    «Wir bleiben.» Die Worte des Polizisten klangen wie ein Befehl.
    Nach ein paar Minuten kamen die Ersten zurück. Anscheinend war Roland erfolgreich gewesen. Die Laternen entfernten sich. Das Spiel ging in die zweite Runde. Der Mann mit dem Stock wagte einen zweiten Anlauf. Dann konnte Sören eine Gestalt ausmachen, die sich behutsam an der Mauer des Plateaus entlangschob. Er wurde aufgehalten. Eine schmächtige Type mit einem Pudel an der Leine. Sören vernahm ein Glucksen. Man war sich handelseinig geworden. Die beiden zogen von dannen. Er ließ sich auf einer der Bänke nieder, schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Ein blonder Jüngling lief nah an ihm vorüber. Ein Blick, durchdringend und voller Sehnsucht. Er verlangsamte seinen Schritt, blickte sich um. Als Sören keine Reaktion zeigte, zog er weiter.
    Ein langer Schlagschatten folgte ihm. Der Mond kämpfte sich mühsam durch die Wolken. Ein wenig Licht, das einigen der Männer gerade recht kommen musste. Anderen weniger. Der Platz füllte sich weiter. Sören kauerte auf der Bank und beobachtete das Treiben. Hinter ihm knackste es im Gebüsch. Er zog den Kopf ein. Jemand kämpfte sich durch die Zweige des Unterholzes. Forsch ging die Person auf die Treppe zu. Eine helle Jacke, mehr war nicht zu erkennen. Auf der Treppe nahm er zwei Stufen auf einmal. Andresen hatte seinen Posten aufgegeben und folgte dem Mann. Roland nahm dessen Position ein.
    Sören erhob sich. Nur keine voreiligen Handlungen. Ein paar Schritte Richtung Treppe. Der Mann mit dem Stock war wieder da. Zwei junge Kerle kamen eingehakt auf ihn zu. Sören stellte sich zu Roland, musterte ihn auffällig, bekundete Interesse. Hinter sich hörte er jemand. Während er vornübergebeugt mit Roland sprach, hastete jemand die Stufen empor. Als er sich umdrehte, war die Person bereits auf halber Höhe der Stufen. Sören tat, was nicht verabredet war, und ging dem Mann nach. Hinter sich verspürte er eine Gestalt, die ihm folgte. Plötzlich wimmelte es von Männern, die aus dem Nichts aufzutauchen schienen. Unbeirrt folgte er dem Ersten, die Schritte des anderen im Nacken. Auf dem Plateau konnte er David erkennen. Er hielt auf ihn zu, drehte dann überraschend ab und gesellte sich zu Andresen, der ihm zuzwinkerte. Der Polizeihauptmann musste seinen Hintermann erkannt haben. Er schritt auf Sören zu, packte ihn an den Schultern und zog ihn an sich. Er deutete den Versuch an, ihn zu küssen. «Bleiben Sie ruhig», flüsterte er ihm ins Ohr. «Das ist nicht unser Mann. Wie es aussieht, soll er die Lage peilen.»
    Sören hörte, wie David angesprochen wurde. Andresen hielt ihn fest umklammert und hinderte Sören daran, sich umzuschauen.
    «Was haben Sie für mich?» Er hörte Davids Stimme. «Eine gute Gelegenheit.» Wortfetzen drangen zu ihnen herüber. «Zehn?» – «Kennen wir uns?» – «Wie heißt du?» – «Matthias.» – «Ich warte hier auf Adolf.» Der Junge wendete sich ab und lief schnell die Treppe herunter. Niemand rührte sich.
    «Er wird kommen», flüsterte Andresen. Sören zog der Duft seines Eau de Cologne in die Nase. «Ein alter Trick, um zu sehen, ob die Luft rein ist.» Andresens Nähe war ihm unangenehm.
    Wenige Minuten später kam er. Zuerst nur ein Schatten, der sich langsam näherte. Wie David trug der Mann eine Schiebermütze. Andresen schob Sören vor sich her. Bis zu David mochte es eine Strecke von fünf Metern sein. Das Gesicht des Kerls blieb im Dunkeln, aber David hatte die Photographien gesehen. Er wusste, wie der Mann aussah.
    Vorsichtige Kontaktaufnahme. Ein schüchternes «’n Abend» war zu hören.
    «Sind wir verabredet?»
    «Ich denke schon.»
    «Bleiben wir hier?»
    «Was hast du für mich?»
    Sören merkte, wie Andresens Hand unter den Rock glitt. Dann ging alles schnell. Urplötzlich riss er sich von Sören los, stürzte dem Mann entgegen. Sören drehte sich ruckartig um. Er sah eine Klinge aufblitzen, dann folgte ein Schrei. Die Szene glich einem großen Durcheinander. Andresen stürzte auf den Mann bei David und versuchte, ihm den rechten Arm auf den Rücken zu drehen, aber David hatte dessen Hand gepackt und hielt sie fest. Er stand wie ein Berg und ließ nicht los. Andresens Bemühungen waren angesichts der Kräfte wirkungslos. Davids Linke schnellte vor. Ein dumpfer Schlag, und der Kerl sackte zusammen. Langsam senkte David den rechten Arm, der daran hängende
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