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Totenwall

Titel: Totenwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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Körper glitt schlaff zu Boden. David hielt sich die Hand, machte ein schmerzverzerrtes Gesicht. Das Messer hatte einen tiefen Schnitt in der Handfläche hinterlassen. Sören sah ihm in die Augen und konnte ein Lächeln erkennen.
     
    «Er weiß, dass es vorbei ist, aber er sagt nichts. Kein Wort. Vielleicht liegt es daran, dass er Schmerzen beim Sprechen hat. Ihr Sohn hat ihm den Unterkiefer gebrochen. Wie geht es ihm übrigens?»
    «Vier Stiche und ein dicker Verband. David ist hart im Nehmen», erklärte Sören. «Der Arzt hat ihn gleich wieder nach Hause geschickt, und David meinte nur, zum Fußballspielen brauche er die Hand sowieso nicht.»
    «Eine gelungene Aktion», sagte Andresen. «Aber dennoch sind wir so schlau wie vorher. Solange Kaminsky schweigt, kommen wir nicht weiter. Wir haben das hier in seiner Brieftasche gefunden.» Er reichte Sören zwei Karten. «Vielleicht ein Anhaltspunkt. Ansonsten müssen wir warten, bis das Material aus Berlin eintrifft.»
    «Piet van Seenus – Atelier für künstlerische Photographie»
, las Sören vor. «Die Adresse liegt in Barmbeck. Am besten machen wir uns gleich auf den Weg.»
     
    Das Gelände machte auf den ersten Blick einen verlassenen Eindruck. Die Gebäude zur Straße hin waren aufgegeben, und ein verblichenes Schild verriet, dass hier vormals eine Gerberei gewesen war. Zur Hofseite grenzte das Gelände an eine alte Mühle, deren Betrieb aber auch längst eingestellt worden war. Das Tor zum Hof stand offen, und als das Fuhrwerk über das Pflaster rollte, sprangen ein paar Kinder beiseite, die mit Kreide ein kompliziert aussehendes Hüpfspiel auf den Boden gemalt hatten. Aus sicherem Abstand beobachteten sie die drei Männer, die zögerlich über das Gelände schlichen. Roland Holländer ging auf die Gören zu, die ängstlich beisammenstanden, als hätten sie etwas ausgeheckt.
    «Hier soll ein Photograph wohnen. Könnt ihr mir sagen, wo das ist?»
    «Bissu vonner Polente?», fragte eines der Mädchen neugierig und erhielt sofort einen Knuff von einer Größeren.
    «Polizeischendamerie heißt das!», verbesserte sie.
    «Na, du Naseweis kennst dich aus, was?» Holländer lachte. «Richtig erkannt. Wir kommen aber von der criminalen Polizei», klärte er die Gören auf. «Und wir suchen einen Photographen, der hier arbeiten soll. Kennt den eine von euch?»
    Die Mädels schauten sich an, dann meinte die Größere: «Dahinten inna Butze wohnt einer, der schleppt ma immer so ’n tüddeligen Krams mit sich rum.» Sie deutete auf eine grüne Tür, die den seitlichen Eingang zu einem länglichen Backsteinbau markierte.
    «Haben Sie die Photos von Kaminsky dabei?», fragte Sören Andresen.
    Der zog das Fahndungsbuch aus der Jacke. «Was haben Sie vor?»
    Sören ging zu den Mädchen und zeigte ihnen die Bilder. Sie bestätigten, was er längst vermutet hatte.
    «Wie sind Sie darauf gekommen?»
    «Pjotr, Peter, Piet … Ist doch eigentlich naheliegend. Und Kaminsky hatte zwei von den Karten dabei. Zum Verteilen, und nicht, weil er sie erhalten hat. Ich hatte schon so ein Gefühl, aber ich habe ihn damals in Duvenstedt nur flüchtig gesehen. Keiner kennt ihn, keiner weiß seinen Namen, das passt doch zu unserem Phantom. Und wenn Sie mich nun fragen, was es mit seiner Frau auf sich hat, die ihn angeblich immer begleitet – das wird niemand anderes sein als unsere Gräfin, Isolde Oechslin.»
    Auf den ersten Blick sah das Gebäude wie ein Maschinenhaus oder eine kleine Betriebshalle aus. Das große Doppeltor an der Längsseite war mit einem eisernen Bügel und einem Vorhängeschloss gesichert. Die grüne Tür war abgesperrt. Andresen brauchte mit dem Dietrich nur wenige Versuche, dann hatte er den Mechanismus überlistet.
    Sie betraten einen schlichten Vorraum mit einer Garderobe, dahinter lag ein Zimmer, das sowohl eine Schlafnische als auch eine Kochstelle beherbergte. Ein merkwürdig säuerlicher Geruch zog ihnen entgegen. Neben einem verstaubten Ofen zweigte eine weitere Tür ab. Dahinter lag ein dunkler Flur. Erstaunt nahmen sie zur Kenntnis, dass es elektrische Beleuchtung gab. Von außen hätte man einen solchen Luxus hier nicht vermutet.
    An den Wänden hingen gerahmte Photographien. Sie zeigten mehr oder weniger unbekleidete Modelle, die teils in Phantasiekostümen oder Tuniken posierten. Der Geruch wurde intensiver, je tiefer sie in den Flur hineingingen. Am Ende gab es zwei weitere Türen. Die linke führte in ein Laboratorium, die Dunkelkammer, in der die

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