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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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ausdenkt, der schreckt auch nicht davor zurück, einem Menschen eine Eisenstange auf den Kopf zu brezeln», sagt sie. Inzwischen wissen wir zudem, dass Herr Bärt während des Umzugs im Babykostüm auf dem Präsidentenwagen mitgefahren ist und Autogrammkarten ins Volk geworfen hat. Er war also da. Und Drossmann wollte in den Tagen davor irgendetwas von ihm. Nur was? Dies zum Beispiel wollen wir nun in Regensburg erfahren.
    «Ein Baby haut den Tod tot. Das Bild ist so geil, es muss so gewesen sein», meint Miriam, während sie auf der rechten Spur einen «Lahmarsch» überholt. Ich bereue, dass nicht ich gefahren bin, doch Miriam wird beim Beifahren immer schlecht, hat sie gesagt. Endlich furzt Berlusconi. Wurde auch Zeit. Es hatte mir schon etwas gefehlt. Drei Sekunden später höre ich «Papaaa». Laurin. Er musste mit. Alle akzeptablen Möglichkeiten, ihn extern unterzubringen, sind diesmal gescheitert. Andererseits tut es ihm vielleicht ja auch mal gut, etwas Neues zu sehen und zu erleben, dachte ich, als ich mich entschied, ihn mitzunehmen. Wir werden eine Nacht auf Kosten der Steuerzahler in einem Regensburger Dreisternehotel verbringen. Ich stelle Laurin mit einer weiteren Tafel Schokolade ruhig.
    «Ist es o.k., wenn ich frage, was mit deiner Frau los ist?», erkundigt sich Miriam.
    «Och, ja. Burn-out wohl», mümmele ich zurück. Ich habe keine Lust, über das Thema zu reden, freue mich aber trotzdem über Miriams Interesse. Miriam ist so verdammt lässig. Ich bin neidisch. Lässig sein, das wär’s.
    Miriam tut Dinge, die ich niemals tun würde. Sie war einmal ein ganzes Jahr in Nepal unterwegs. Alleine mit Rucksack. Einfach so herumgereist, ohne großen Plan. Ich muss morgens immer wissen, wo ich nachts schlafe, sonst bin ich den ganzen Tag über nervös. Miriam möchte später einmal im Ausland als Polizistin arbeiten. Sie sucht das Abenteuer, die Herausforderung. Miriam Meisler ist eine In-den-Taghinein-Leberin. Sie sagt, was sie denkt, eckt oft an, auch im Präsidium, und fühlt sich dabei auch noch wohl.
    Mit Miriam habe ich in den vergangenen zwei Jahren recht angenehme Stunden verbracht, wenn ich im Präsidium mit ihr gemeinsam an der Ausarbeitung alberner Broschüren saß oder Texte für den Internetauftritt der osthessischen Polizei schrieb. Sie war neben mir die Einzige, die über Kollegen lachen konnte, die sich für die Polizei-Homepage vor dem Polizeiwappen mit aufgedunsenem Stolz in Uniform fotografieren ließen und den Daumen keck nach oben hielten. Immer, wenn Miriam und ich uns auf dem Gang trafen, begrüßten wir uns mit ebendieser Daumen-Hoch-Geste.
    Es ist die berühmte gleiche Wellenlänge.
    Und trotzdem, bei aller Sympathie, ist das noch lange kein Grund, mich, meinen Sohn und meinen Hund zu Tode zu fahren.
    Ich fühle mich gerade sehr alt neben ihr. Während ihr das Leben offensteht mit ihren 25 Jahren, während sie vogelfrei durchs Leben flattert und vermutlich vier sexuell erfüllende offene Beziehungen zur gleichen Zeit mit Männern und Frauen führt, habe ich die komplette Autorückbank, in Form von Kind und Hund, an der Backe. Zu Hause macht mich komplettierend vermutlich in diesem Moment meine halbwüchsige Tochter zum Opa, und auf einer verlassenen Nordseeinsel sabbert meine verrückt gewordene Ehefrau vor sich hin.
    Meine Güte, mit 25 war ich schon Vater einer einjährigen Tochter …
    Miriam entspricht sicher nicht vollends dem klassischen Schönheitsideal, was sie allerdings für mich nicht unattraktiver macht. Sie trägt ihre schwarzen Haare sehr kurz, bis auf ein paar rötlich gefärbte Strähnen, die über ihr Gesicht fallen. Sie ist nicht unbedingt ausufernd mit weiblichen Rundungen ausgestattet und so klein, dass ich überrascht bin, wie problemlos sie doch über das Lenkrad blicken kann. Heute trägt sie zerrissene Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover, der gefühlte vier Nummern zu groß ist.
    Wir hören Radio. Ein Fehler. Ich suche verzweifelt einen Sender, auf dem nicht über das Wetter gesprochen wird. Ich finde keinen.
    «Das ist krass mit Markus, oder?», sagt sie. «Es muss die Hölle sein, wenn dein Kind Krebs hat.»
    Ja, das muss es, denke ich und reiche Laurin ein weiteres Stück Schokolade nach hinten.
    «Ich wusste gar nicht, was ich ihm sagen soll, als ich mit ihm telefoniert habe», gestehe ich. «Was sagt man denn da, in so Situationen? ‹Viel Glück› oder ‹toi toi toi›, oder was?»
    «Ich glaube, dann wird’s schon automatisch

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